Seit 2016 werden die Hilfsfristen im Rettungsdienst im Rems-Murr-Kreis nicht mehr eingehalten. Die Verantwortlichen wollen nun mit verschiedenen Maßnahmen gegensteuern. Doch der Fachkräftemangel ist ein Problem.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Waiblingen - Mehr Personal, mehr Fahrzeuge – die Notfallrettung im Rems-Murr-Kreis wird ausgebaut. Das hat der Bereichsaussschuss für den Rettungsdienst am Mittwoch beschlossen. Konkret soll es langfristig 55 zusätzliche Vollzeitkräfte sowie rein rechnerisch 5,5 neue Fahrzeuge für den Rettungsdienst geben. Die Dienstzeiten werden ausgeweitet – so wird etwa in Sulzbach der Rettungswagen 24 statt bisher zwölf Stunden zur Verfügung stehen, wie die Verantwortlichen am Mittwoch in einer Pressekonferenz mitteilten.

 

Zudem wird der Standort des Notarzt-Einsatzfahrzeugs (NEF) von Althütte nach Murrhardt verlegt, ein zusätzliches NEF wird in Welzheim stationiert. „Dadurch erhalten wir eine bessere Erreichbarkeit in der Fläche“, erklärte Eberhard Kraut, der Vorsitzende des Bereichsausschusses. Auch das Personal der Integrierten Leitstelle wird aufgestockt. Die Budgeterhöhung liege bei etwas mehr als vier Millionen Euro pro Jahr. „Wir brauchen mehr Umkleiden, mehr Ruheräume, mehr Garagen – auch die Infrastruktur muss geschaffen werden“, sagte Sven Knödler, der Geschäftsführer des Roten Kreuzes im Kreis.

Die Zahl der Einsätze ist gestiegen

Die Maßnahmen sind Eberhard Kraut zufolge notwendig, weil die gesetzlich vorgeschriebene Hilfsfrist im Rems-Murr-Kreis seit 2016 nicht mehr eingehalten wird. Demnach sollen vom Absetzen eines Notrufs bis zum Eintreffen der Rettungskräfte am Einsatzort nicht mehr als zehn, höchstens 15 Minuten vergehen.

Dass diese Vorgabe nicht immer erfüllt wird, liege in erster Linie daran, dass die Zahl der Einsätze in den vergangenen Jahren um rund 40 Prozent gestiegen ist, berichtete Sven Knödler. Mehr alte Menschen, eine veränderte Anspruchshaltung der Bevölkerung, die den Rettungsdienst immer öfter wegen Bagatellfällen rufe, sowie eine abnehmende Versorgung durch die Hausärzte sind laut Knödler Ursachen dieser Entwicklung. Auch weil Kliniken zusammengelegt wurden und der Verkehr auf den Straßen dichter werde, seien Rettungswagen länger unterwegs.

Erste Hilfe vor Ort ist wichtig

Trotzdem: „Man kann sich hier im Rems-Murr-Kreis sicher fühlen“, betonte Sven Knödler. Denn die Hilfsfrist sei zwar eine sinnvolle und wichtige Planungsgröße, aber kein alleiniger Qualitätsindikator. Knödler erläuterte das am Beispiel eines Herzinfarkt-Patienten, dessen Überlebenschance maßgeblich von schnellen Erste-Hilfe-Maßnahmen abhänge. „Als Bereichsausschuss haben wir die gesamte Rettungskette im Blick; das heißt, von der Notrufannahme bis zur Versorgung in einer Klinik“, so Kraut. In dieser Hinsicht verfüge der Rems-Murr-Kreis über eine „hervorragende Versorgung“, so Knödler: Unter anderem das Helfer-vor-Ort-System, die Aktion „Gemeinsam gegen Herzinfarkt“, eine Datenbank öffentlich zugänglicher Defibrillatoren und die telefonische Unterstützung der Leitstelle bei Erste-Hilfe-Maßnahmen verbesserten nachweislich die Überlebenschancen.

„Das gemeinsame Ziel einer guten Patientenversorgung verbindet alle Akteure“, sagte der Landrat Richard Sigel. Er lobte die schnelle Einigung zwischen den in Konkurrenz stehenden Anbietern, die künftig die Notfallrettung im Kreis gewährleisten: DRK, Malteser, Johanniter und der ASB. Aufgrund des Fachkräftemangels werde es jedoch noch einige Zeit dauern, bis alle neuen Stellen besetzt werden könnten.