Vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos: Die Hilfsorganisation Oxfam beklagt, dass wenige Superreiche nicht nach Spielregeln spielen und so die weltweite Armut verschlimmern.

Davos - Die reichsten 62 Menschen der Welt besitzen nach einer Oxfam-Studie genauso viel Vermögen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung zusammen. Die Kluft zwischen Arm und Reich nehme dramatische Ausmaße an, kritisierte die internationale Hilfsorganisation am Montag. Noch vor fünf Jahren lag die Vergleichszahl der Superreichen bei 388. Vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos appellierte Oxfam an die Eliten, das Problem endlich anzugehen.

 

Nach Angaben der Hilfsorganisation ging das Vermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung - also mehr als 3,6 Milliarden Menschen - seit 2010 um eine Billion Dollar oder 41 Prozent zurück. Der Reichtum der Elite sei hingegen um rund eine halbe Billion Dollar angewachsen. „Es ist schlicht inakzeptabel, dass die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung nicht mehr besitzt als ein paar Dutzend superreiche Menschen, die in einen Bus passen würden“, sagte Oxfam-Exekutivdirektorin Winnie Byanyima.

Soziale Ungleichheit

Sie prangerte unter anderem Steueroasen an, mit denen große Unternehmen und reiche Einzelpersonen ihren fairen Anteil an Abgaben umgehen könnten. Dies fördere die soziale Ungleichheit und hindere Hunderte Millionen Menschen daran, der Armut zu entkommen, sagte Byanyima. „Multinationale Konzerne und reiche Eliten spielen nach anderen Regeln als alle anderen und weigern sich die Steuern zu zahlen, die die Gesellschaft zum Funktionieren braucht.“

Oxfam schätzt, dass rund 7,6 Billionen Dollar individueller Vermögen in Steueroasen geparkt sind, rund zwölf Prozent des globalen Gesamtvermögens. Würden sie besteuert, brächte dies 190 Milliarden Dollar zur Bekämpfung der Armut ein. Auch neun von zehn der Sponsorenfirmen des Weltwirtschaftsforums nutzten die Steuerschlupflöcher, moniert die Organisation. Würden die Steuern konsequent erhoben, trüge dies dazu bei, das Ziel zu erreichen, dass bis 2030 extreme Armut weltweit ausgemerzt wird.

Die soziale Ungleichheit wird inzwischen von immer mehr Institutionen thematisiert, auch auf dem Weltwirtschaftsforum. Der Internationale Währungsfonds warnte zuletzt davor, dass die Kluft ein Risiko für das Wachstum sein könnte.

In die gleiche Richtung weist eine neue Studie der Beratungsfirma Edelman. Sie legt zudem dar, dass die ungleiche Verteilung des Einkommens auch das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen beeinflusst.

Vertrauen in die Regierung

So fand Edelman in einer jährlichen Erhebung heraus, dass 60 Prozent der Bürger mit Hochschulbildung Vertrauen in Regierung, Wirtschaft, Medien und Nichtregierungsorganisationen haben. Der Wert legte im vergangenen Jahr um vier Prozentpunkte zu und erreichte den höchsten Stand in der 16-jährigen Geschichte der Erhebung. Bei der übrigen Bevölkerung stieg er indes nur um zwei Punkte auf 48 Prozent.

„Wir sehen jetzt die Ungleichheit des Vertrauens in aller Welt“, sagte Unternehmenspräsident Richard Edelman. „Das bringt eine Reihe möglicher Folgen mit sich, darunter der Aufstieg populistischer Politiker, die Blockade gegen Innovation und der Beginn von Protektionismus und Nativismus.“