Hilfsorganisationen Wie hilfreich ist das Engagement von Prinz Harry für Afrika?

Prinz Harry 2016 mit der Band Coldplay bei einem Benefizkonzert in London für Sentebale, einer Organisation, die sich in Botswana und Lesotho um Aids-Waisen kümmert. Foto: imago

Der Tschad bricht mit einer von Prinz Harry mitgeleiteten Naturschutzorganisation. Dies ist nicht der erste Fall, der westliche Hilfe für Afrika in Frage stellt.

Die Trennung wurde von deutlichen Worten flankiert. Am Montag entzog der Tschad der Naturschutzorganisation African Parks, zu deren Führung Prinz Harry als Vorstandsmitglied und ehemaliger Präsident gehört, das Mandat für zwei Naturschutzgebiete mit einer Fläche so groß wie Österreich. Als Gründe nannte das Umweltministerium unzureichenden Einsatz gegen die Wilderei und einen „respektlosen“ Umgang mit den Behörden.

 

Es ist ein weiterer Rückschlag für die Nichtregierungsorganisation (NGO), die sich, unterstützt von Harrys Strahlkraft, als Blaupause für Natur- und Tierschutz in strukturschwachen Staaten darstellt. African Parks kooperiert mit zwölf Ländern in Afrika: Die Regierungen bleiben Eigentümer über die Gebiete, die NGO übernimmt aber operative Verantwortung – über Finanzierung, Personal, Schutz und Tourismus.

Der Eklat im Tschad fällt in eine Phase, in der African Parks ohnehin unter Beobachtung steht. Nach jahrelangen Vorwürfen bestätigte die Organisation im Mai, dass in Odzala-Kokoua (Republik Kongo) Menschenrechtsverletzungen durch Parkpersonal begangen wurden.

Der niederländische Journalist Olivier van Beemen zählt zu den schärfsten Kritikern von African Parks. In seinem Buch „Im Namen der Tiere“ beschreibt er eine Organisation, die Macht über riesige Regionen ausübt – mit Methoden, die ehemalige Mitarbeiter als neokolonial bezeichnen. „Die Entscheidung der tschadischen Regierung zeigt, dass African Parks zu weit gegangen ist“, sagte van Beemen. Die Strukturen erinnerten an „einen Staat im Staat“ – mit Befugnissen, die eigentlich staatlichen Institutionen vorbehalten sind. Vom Gewaltmonopol bis zum Recht auf Festnahme.

Länder wie Kenia und Tansania hätten sich deshalb geweigert, mit African Parks zusammenzuarbeiten. „Die tschadische Regierung reiht sich nun ein“, so van Beemen. Besonders verärgert sei das Ministerium über gebrochene Zusagen gewesen: „In 15 Jahren geschah bei Entwicklungsprogrammen so gut wie nichts.“ Es habe den Anschein, als würden die Tiere für African Parks mehr zählen als die Menschen in der Region, so der Autor.

Die Debatte schwelt seit Bob Geldofs „Do They Know It’s Christmas?“

Auch in Malawi geriet ein von Prinz Harry unterstütztes Projekt in die Kritik: die Verlegung von mehr als 250 Elefanten in den Kasungu-Nationalpark im Jahr 2022, eine der größten Tierumsiedlungen Afrikas. Bilder von Elefanten, die an Kränen durch die Luft gehoben wurden, gingen um die Welt. Doch nach der Umsiedlung kam es zu mehreren Todesfällen von Menschen, verursacht durch ausgebrochene Tiere, die auf lückenhafte Zäune um Dörfer zurückgeführt wurden.

Für Prinz Harry ist die Entwicklung im Tschad nicht zuletzt deshalb heikel, weil sein Engagement bereits durch seinen Rücktritt als Schirmherr von Sentebale, einer von ihm mitgegründeten HIV-Hilfsorganisation in Lesotho und Botswana, überschattet wurde. Vorangegangen waren Anschuldigungen der damaligen Sentebale-Vorsitzenden über „Machtmissbrauch und Mobbing“. Die britische Charity-Aufsicht bestätigte die Vorwürfe zwar nicht, rügte aber „alle Seiten“ für die öffentlich ausgetragene Führungskrise.

Generell stellt sich nicht nur bei Prinz Harry die Frage, wie sinnvoll das Engagement in Afrika ist. Die Debatte schwelt seit 1984, als Bob Geldof mit „Do They Know It’s Christmas?“ zum großen Spendensammler gegen die Hungersnot in Äthiopien wurde. Die Kampagne brachte Rekordsummen, begründete aber auch das Bild des „weißen Retters“. Im vergangenen Jahr kritisierte Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed in der britischen „The Times“, der populäre Song könnte „mehr schaden als nützen“.

Die britische Hilfsorganisation Comic Relief hat dies längst begriffen. Sie schickt seit 2020 keine Stars mehr auf den Kontinent. „Afrikaner brauchen keine westlichen Gesichter, um ihre Geschichten zu erzählen“, erklärte Mitgründer Lenny Henry. Stattdessen sollen künftig afrikanische Filmemacher ihre Perspektiven zeigen.

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