Die palästinensisch-israelische Hip-Hop-Band DAM prangert in einem neuen Song Morde an Frauen unter dem Deckmantel der Ehre an. Und rührt damit Mädchen zu Tränen.

Ramallah - Die Frauenbewegung hat ihr Herz für Rapper entdeckt, man könnte auch sagen: der Hip Hop seine feministische Ader. Ungewöhnliche Begegnungen haben jedenfalls kreatives Potenzial – wie sehr, war am Dienstag im Kassaba-Theater in Ramallah zu erleben. Dort wurde der neue Videoclip der bekanntesten Rap-Gruppe der palästinensischen Szene uraufgeführt: „If I could go back in Time“ („Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte“). Neben den Journalisten saßen eine Menge junger Kopftuchfrauen in den Zuschauerreihen und manche haben geweint. Dabei hat dieser Song der Band DAM nichts mit Romantik zu tun. Im Gegenteil. Er handelt von hausgemachter Gewalt in seiner brutalsten Form, einem Phänomen, das nicht nur aber vor allem in der arabischen Welt verbreitet ist und beschönigend „Ehrenmord“ genannt wird.

 

Die Rap-Ballade erzählt von einem Mädchen, das schon „bevor es ermordet wurde, nicht leben durfte“. Seine Geschichte wird von dem Todestag an zurückgespult. Im Refrain übernimmt die palästinensische Sängerin Amal Murkus den Part des Opfers. Es geht um „keinen bestimmten Fall“, sagt der DAM-Rapper Tamer Nafer. Aber alles, was im Video vorkommt, ist so oder ähnlich passiert: Das Verschleppen der Frau im Kofferraum, der Clan der Männer, die finsteren Blickes über ihre Beseitigung beraten, um die „Familienehre“ zu retten, die Schüsse ins Gesicht.

„Der DAM-Clip ist unsere stärkste Waffe“

2010 gab es vier solcher Morde in der arabisch-israelischen Stadt Lod, aus der die drei DAM-Mitglieder stammen. Keiner wagte, Fragen zu stellen. Nur Gerüchte kursierten, das Opfer habe heimlich Sex gehabt oder den Heiratsantrag des Cousins ausgeschlagen. Das DAM-Trio, das schon früher in einem Song „Freedom for my Sister“ patriarchalische Verhältnisse angeprangert hatte, beschloss, nachzulegen. Das Frauenprogramm der Vereinten Nationen, UN-Women, zog mit. „In unserem Kampf für soziale Veränderung ist der DAM-Clip unsere mächtigste Waffe“, bekannte Soraida Hussein.

Allein im Westjordanland wurden in diesem Jahr elf Frauen unter dem Deckmantel der Ehre getötet. 5000 Frauen sind es laut UN-Zahlen jährlich weltweit. Dagegen hat sich jetzt eine Allianz aus kahl geschorenen Rappern und Frauen in braven Blusen verschworen. Fürchten sie böse Reaktionen? „Die sollen ruhig kommen“, meint die DAM-Crew grinsend. „Das gehört dazu, wenn man eine gesellschaftliche Revolution will.“