Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Kein Hartlieb-Biograf habe aber festgeklopft, um welches Meglingen es sich handele, sagt Rolf Reichert – um das Möglingen bei Stuttgart, das Mögglingen bei Aalen oder vielleicht das Möglingen bei Öhringen. Reichert forschte in allerlei Archiven weiter. „Es ist gesichert, dass Hartliebs Geburtsort in der Diözese Konstanz lag. Und dort gab es nur ein Möglingen: unseres“, erklärt er. Der Ort markierte die nördliche Grenze zum Bistum Speyer, zu dem bereits das benachbarte Markgröningen zählte.

 

Zu der Erkenntnis passten mosaiksteinartig die genealogoischen Untersuchungen von Rolf Reicherts Vereinskollegen Walter Reichert. Der Hobby-Ahnenforscher dokumentierte, dass die Hartliebs mehr als drei Jahrhunderte das Leben des Dorfes mitprägten, unter anderem als Schultheißen oder Verwalter. Anhand von sogenannten Urbaren – sie verzeichneten die Rechte, voraussichtliche Einkünfte und Dienste weltlicher oder geistlicher Grundherrschaften – lässt sich zudem ablesen, dass die Hartliebs gut betucht waren. Und auch wenn die männliche Linie nach dem Dreißigjährigen Krieg ausstarb, lebten sie in der weiblichen Linie weiter: Sage und schreibe 13 469 Möglinger, errechneten die beiden Reicherts, stammten in fünf Jahrhunderten von den Hartliebs ab.

Im württenbergischen Dichter- und Denker-Überfluss unter die Räder gekommen

Ob Johannes Hartlieb selbst jemals wieder den Weg nach Möglingen fand, ist unbekannt. Der Heimatverein findet es jedenfalls bedauerlich, dass der Gelehrte nicht mit Möglingen in Verbindung gebracht, stattdessen in Bayern verortet wird – verschenktes Profilierungspotenzial für die Kommune sozusagen. „Vielleicht“, meint Walter Reichert, „weil wir in Württemberg Dichter und Denker im Überfluss haben, da ist man nicht mehr so achtsam.“

Der Verein sieht sich als Impulsgeber – dafür, dass sich eine wissenschaftliche Arbeit mit Hartliebs Frühzeit beschäftigt oder die Geschichtsblätter des Historischen Vereins für Stadt und Kreis Ludwigsburg sich mit ihm befassen. „Er hat zwar vielleicht nicht den Rang eines Kepler, aber unter den frühen Humanisten zählt er zu den herausragenden Geistesgrößen seiner Zeit“, sagt Rolf Reichert. „Es wird höchste Zeit, dass seine Heimat mal Notiz von ihm nimmt.“ Zumal sich sein Todestag nun zum 550. Mal jährt: Er starb am 18. Mai 1468.