Sie gehen mit Schwert, Rapier, Speer und anderen Waffen aufeinander los – und bleiben am Ende trotzdem Freunde. Wir haben die Fechtschule Sieben Schwerter beim Training in Ludwigsburg besucht und das historische Fechten ausprobiert.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Ludwigsburg - Die Klingen stecken zusammen zum Fechtergruß. Sieben Schwertkämpfer, darunter zwei Frauen, recken die Klingen in die Höhe, Plastikschwerter für die Anfänger, Stahlschwerter für die Fortgeschrittenen. Es kracht, es kracht noch mal und wieder und wieder und wieder: Okay. Das waren nur die Lockerungsübungen und die Schulter ist nun richtig gut durchbewegt.

 

Bei Michael Schüle, 35, kracht es nicht in den Gelenken, wenn er die Hiebe vorführt. Der Fechtlehrer bewegt sich geschmeidig und flüssig über die Cannstatter Turnhalle, seine Füße tänzeln, seine Hände scheinen mit dem Griff des Zweihandschwertes verschmolzen. Es ist eine Klinge, wie sie im ausgehenden Mittelalter üblich war, mit einer waagrechten Parierstange. „Das Fechten liegt uns im Blut“, sagt Michael Schüle, kein Wunder, denn Blut ist schließlich eisenhaltig.

Der Fechtlehrer hat das historische Fechten anhand alter Fechtbücher gelernt

Seine Waffe wiegt etwas über ein Kilo und war einst dazu gedacht, gepanzerte Ritter zu besiegen. Sie fühlt sich leicht und gut an. Ihre Klinge ist elastisch, um Stoßverletzungen zu vermeiden, hat eine Hohlkehle zur Stabilität und ist durch den Schwertknauf ausbalanciert.

Michael Schüle hat vor 15 Jahren die Fechtschule „Sieben Schwerter“ in Ludwigsburg gegründet und damit einen Traum wahr gemacht, den er schon als Jugendlicher träumte, als er sich mit 16 Jahren sein erstes Schwert in einer Schwertfegerei in Tschechien kaufte. Aber wo und bei wem sollte er Unterricht nehmen? Er begann, das mittelalterliche Fechtbuch von Hans Talhoffer zu studieren. Er versuchte, die dort dargestellten Bewegungen umzusetzen und die Begriffe zu verstehen, herausfinden, was ein „Oberhau“, ein „Mittelhau“, ein „Twerhau“ oder ein „Zornhau“ ist.

Historisches Fechten bedeutet Harmonie von Körper, Geist und Kampfgeist

„Als Physiotherapeut kann ich Abbildungen in Bewegungen umsetzen“, sagt Schüle, und in langen Stunden des Trainings fand er die Bewegungsabläufe heraus. Heute hat er rund 100 Fechtbücher in seinem Rechner. Er fand viele Lebensweisheiten in den Büchern. Über den guten Mut, über den Ernst bei der Sache, über Disziplin und Fröhlichkeit des Herzens. Schließlich hängte er seinen Beruf an den Nagel.

Noch einmal ein Fechtergruß. Jetzt stehen sich die Gegner Aug’ in Aug’ gegenüber. Wer schon einmal asiatischen Kampfsport gemacht hat, dem kommt das bekannt vor, Drehungen, Schwerpunkt verlagern, festen Stand finden, Harmonie von Körper und Geist und Kampfgeist zeigen.

Die Gemeinschaft ist den Fechtern von Sieben Schwerter wichtig

Schüle ist ein gut gelaunter, freundlicher Motor des Trainings, verteilt leichtfüßig Lob, muntert auf, zeigt, wie es richtig geht. Die Paare treiben sich gegenseitig mit Schlägen und Paraden durch den Raum. Achtsam sein mit dem Gegner, das fordert Schüle. Genau wissen, was man tut. Für ihn ist gerade deswegen der Fechtsport sicherer als Handball oder Fußball. Selbst wenn man nicht Neymar heißt, kommt es dort oft zu unkontrollierten Stürzen oder Bewegungen, bei denen man sich verletzen kann.

Pause. Michael Schüle spricht über Aggressionen im Alltag, über Gefechte und Wortgefechte. Die Schwerter liegen in einem Stern vor den Teilnehmern, die Spitzen zeigen zueinander und symbolisieren Gemeinschaft. Das Fechttraining klingt langsam aus mit Musik und freien Bewegungen. Michael Schüle weiß, dass er mit der Fechtkunst für sich den richtigen Sport gefunden hat, und so mancher Neuling weiß das jetzt auch.