Im 12. Jahrhundert brannte die Burg Dischingen im Wald oberhalb des Lindentäles ab. Knapp 900 Jahre später häufen sich in Weilimdorf mutwillige Beschädigungen an den denkmalgeschützten Grundmauern.

Weilimdorf - Jeden Tag fährt Gerhard Pfeifer von Wolfbusch aus durch den Wald in den Stuttgarter Westen zur Arbeit und kommt dabei regelmäßig auch an der Burg Dischingen vorbei. Und so sind ihm die zuletzt vermehrt auftretenden Beschädigungen an den denkmalgeschützten Ruinenresten der Räuberburg ins Auge gestochen. „Einige der wertvollen Naturquadersteine sind aus dem Gemäuer gerissen worden und liegen nun verstreut herum“, berichtet Pfeifer.

 

Dabei geht es nicht nur um die Beschädigungen an sich, sondern auch um Zerstörung des Lebensraums von schützenswerten Tieren und Pflanzen. Pfeifer ist Geschäftsführer des Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) und damit vom Fach. „Der Stinkende Nieswurz zum Beispiel ist ein Frühjahrsblüher und war rund um die Burg immer zu finden. Jetzt ist alles niedergetrampelt“, sagt Pfeifer. Auch hat er Fotos von plattgewalzten Feuersalamandern oder Ringelnattern in seinem Bestand.

Seit Jahren schon sind ihm rücksichtslose Downhill-Fahrer ein Dorn im Auge, die in der Zwischenzeit mit Elektromotoren verstärkt, ihre Strecken öfters absolvieren können, weil die Anstiege dadurch einfacher zu bezwingen sind, und zudem auch in den Dämmerungs- und Nachtstunden unterwegs sind. Gerade in dieser Zeit sind eben auch die dort lebenden Amphibien aktiv. „Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust, denn ich bin selbst eingefleischter Radfahrer.“

Und aktuell bei der herrschenden Vorsommer-Wetterlage bei gleichzeitigen Ausgangsbeschränkungen aufgrund der Virussituation wird der Wald als Naherholungsgebiet eben noch intensiver genutzt. „Viele nutzen die offiziellen Abschnitte der Wanderwege vom Schwäbischen Albverein, die wunderschön auf Naturboden verlaufen, überhaupt nicht mehr, weil sie Angst haben, von E-Bikes oder Downhillern über den Haufen gefahren zu werden. Und das kann es nicht sein.“

Die derzeit besonders intensive Nutzung des Stadtwalds, immerhin mit rund 5000 Hektar Stuttgarts größte Naherholungsfläche, mit all den Begleitproblemen wie zum Beispiel noch höherem Müllaufkommen, ist natürlich auch dem zuständigen Garten-, Friedhofs- und Forstamt längst bekannt. „Die Dischinger Burg ist dabei ein knackiges Thema“, sagt Forstwirt Fabian Schulmeyer von der Abteilung Stadtwald und untere Forstbehörde. Gemeinsam mit dem Denkmalamt und Vertretern des Staatswalds (ForstBW) ist demnächst ein Ortstermin geplant, um Vorgehensweisen und notwendige Reparaturarbeiten zu beschließen. „Wir sind dort regelmäßig vor Ort und kümmern uns auch um das Rückbauen von Hindernissen und Schanzen, die immer wieder von den Downhill-Fahrern errichtet werden.“ Auch der im vergangenen Jahr gegründete Beirat für den Stuttgarter Stadtwald hat das Thema Burg Dischingen sowie die Koexistenz von Spaziergängern und Downhill-Fahrern auf dem Schirm. Für den 12. Mai ist eine Begehung geplant, so dies die Corona-Verordnung zulässt.

Doch sämtliche Vorschriften und Gesetze werden nichts ändern, wenn es nicht zur Einsicht bei den unterschiedlichen Nutzern kommt. „Es funktioniert nur mit gegenseitigem Respekt und Rücksichtnahme auf alle Nutzer des Waldes“, betont Forstwirt Schulmeyer.

Auf diese Erkenntnis hofft auch BUND-Geschäftsführer Gerhard Pfeifer. „Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf, sich auszutoben. Da muss man vielleicht den Naturschutz vorübergehend ein wenig hinten anstellen, aber der Wald darf nicht ausschließlich als Sportgelände angesehen werden. Da leben schließlich auch Pflanzen und Tiere, viele davon derzeit in der Brutperiode.“