Das Treffen zwischen Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un und Südkoreas Präsident Moon Jae-in lässt auf einen Wandel in Nordkorea hoffen.

Peking - China hatte in den vergangenen 30 Jahren vor allem eine Botschaft für Nordkorea: Öffnung und Reformen sind das richtige Rezept, um seine Herrschaftsform zu sichern und weltweiten Einfluss zu erlangen. Ein armes, abgeschottetes Land nimmt letztlich keiner ernst – selbst wenn es noch so laut mit seinen Bomben droht.   Bei Diktator Kim Jong-un schien die Botschaft zunächst nur zum Teil angekommen zu sein. Nachdem er 2012 die Macht übernommen hat, war zwar von Wirtschaftsreformen zu hören. Das hat bereits zahlreiche Versorgungsengpässe beseitigt. Doch bei der Öffnung des Landes zur Außenwelt tat sich nichts – Nordkorea blieb abgeschottet. Es riskierte durch seine Atomtests sogar immer strengere Handelssanktionen.   Das galt bis zu diesem Freitag.

 

Das Treffen mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in hat so konkrete Ergebnisse gebracht, dass sich die Pessimisten unter den Beobachtern die Augen reiben. Ein konkretes Versprechen zur atomaren Abrüstung, vorgetragen vor der Weltpresse, war nur der Anfang. Der echte Knaller war der Entschluss, einen Friedensvertrag zu verhandeln. Auch die häufige Betonung des Ziels einer Wiedervereinigung war bemerkenswert.   Das alles ist neu. Beobachter verweisen zwar darauf, dass es seit Anfang der 90er Jahre drei Runden der Annäherung mit wohlklingenden Absichtserklärungen gab, nach denen Nordkorea immer wieder in alte Muster zurückgefallen ist. Doch Kims Vater Kim Jong-il wäre nie so weit gegangen, den Status quo anzutasten.

Möglicherweise will Kim den chinesischen Weg gehen

Sein Sohn geht nun Verpflichtungen ein, die viel schwerer wieder zurückzunehmen sind, ohne das Gesicht zu verlieren.   Möglicherweise will er nun tatsächlich den chinesischen Weg gehen. Das Modell, das der Reformer Deng Xiaoping für das kommunistische China entworfen hat, ist für ihn hoch attraktiv. Deng hat zunächst in isolierten Kammern der Volkswirtschaft mit Marktkräften und Außenhandel experimentiert, dabei aber den Personenverkehr mit dem Ausland nur langsam freigegeben.

So weit kann auch Kim diesem Vorbild folgen, ohne Macht abzugeben.   Es kann zwar als ausgeschlossen gelten, dass Kim echte politische Reformen verfolgt und seine Macht freiwillig mit jemandem teilt. Er will sie umgekehrt durch das aktuelle Manöver vergrößern. Wenn er nun aber abrüstet und die Wirtschaftsreformen vorantreibt, dann kann er nach Aufhebung der Sanktionen sofort mit hohen Investitionen rechnen. Er wäre dann alsbald der Herrscher über ein deutlich reicheres Land mit wesentlich größeren Mitteln.  

Die beiden Koreas haben sich geistig und materiell weit auseinandergelebt

Eine echte Wiedervereinigung ist dagegen praktisch undenkbar. „Wir sind ein Volk“, sagt Kim, aber das stimmt nicht. Die beiden Koreas haben sich geistig und materiell viel weiter auseinandergelebt als Ost- und Westdeutschland. Eine Vereinigung unter der Führung Südkoreas wird Kim niemals akzeptieren – und umgekehrt. Dieser Teil der Erklärungen auf dem Gipfel bleibt deshalb schöne Fantasie.