Beim Auftakt des Historischen Volksfests präsentieren sich die Einheimischen stolz im vollen Ornat. Der Oberbürgermeister Fritz Kuhn absolviert den Fassanstich. Weiter geht es Schlag auf Schlag.

Stuttgart - Manchmal geschehen Wunder. Es gibt diese seltenen Momente, in denen der Schwabe Württemberger Prägung seine Zurückhaltung ablegt und auch einmal angibt. Ein bissle zumindest. Am Mittwoch durfte man einen dieser seltenen emotionalen Ausbrüche erleben. Bei der Eröffnung des Historischen Volksfests (bis 3. Oktober) auf dem Schlossplatz zeigte man stolz seine Geschichte und feierte sich selbst. Denn eine Rückschau auf 200 Jahre Cannstatter Volksfest, das ist auch eine Rückschau auf die Geschichte des Landes. Der Aufstieg von einem bettelarmen Flecken Erde zu einer der reichsten Regionen weltweit hatte seinen Ursprung im Jahr 1818. In jenen Reformen König Wilhelms I., der nicht nur das Volksfest gründete, sondern auch das Land modernisierte.

 

Bauern- und Schäfertänze erinnern an die Anfänge

Das Volksfest, es war das Fest der Bauern. So tanzten bei der Eröffnung das Jugendensemble des Schwäbischen Albvereins und das Ensemble Wacholderklang Bauern- und Schäfertänze. Übrigens die einzige Gelegenheit, bei der Männlein und Weiblein der strengen Aufsicht des Pfarrers entwischen und sich anfassen durften, erzählte Moderator Wulf Wager. Und man lernte, je höher man sprang beim Tanz, desto höher wuchsen die Garben.

Ob man das für Stadträte und Bürgermeister auch einführen sollte, damit die Stadtgesellschaft reiche Ernte einfährt? Auch ohne große Sprünge hatte OB Fritz Kuhn keine Mühe mit Zapfhahn und Schlegel. Nach vier Schlägen floss das erste Bier, das als Halbe ausgeschenkt wird. Weiter geht’s Schlag auf Schlag. An diesem Freitag muss Kuhn wieder ran, dann eröffnet er das Cannstatter Volksfest, das bis 14. Oktober einlädt. Und am Samstag, 29. September, beginnt das 100. Landwirtschaftliche Hauptfest, das bis zum 7. Oktober dauert.

Genug Gelegenheit zu feiern und sich selbst zu feiern. Wie macht man das angemessen? Einen Bürgermeister, der stolz darauf wäre, „arm, aber sexy zu sein“, würde man umgehend in die Psychiatrie befördern. Ministerialdirektor Jörg Krauss als Vertreter des Hausherrn, des Landes, wählte ein wahrhaft schwäbisches Lob: „Diese Stadt ist quietschfidel.“