Er ist Straßenkünstler, auf der ganzen Welt zuhause und ein Freund der Stars. Dem Wasenhocker hat er aus seinem Leben erzählt: Vom Ausreißer zum Erfinder des Breakdance.

Stuttgart - Die Kippe hängt im Mundwinkel. Gilbert fragt: „Hast du mal Feuer?“ Der Wasenhocker verneint. „Macht nichts“, sagt Gilbert, holt seinen Geldbeutel aus der Tasche, öffnet ihn, eine Stichflamme schießt heraus, er zündet seine Zigarette an und fragt: „Was willst du wissen?“ Wie der Trick geht, natürlich. Das verrät er nicht. Dafür erzählt er gerne aus seinem Leben. Gilbert (66) tritt mit der Gauklertruppe des Feuerbachers Dr. Marrax beim Historischen Vollksfest auf dem Schlossplatz auf. Angefangen hat er vor zig Jahren. Geboren ist er in Brüssel, aufgewachsen in einem Kinderheim. „Viermal bin ich abgehauen, das fünfte Mal haben sie mich nicht mehr gefunden.“ Da war er 13 Jahre alt und fand sich in Paris wieder. Der Straßenkünstler Joe nahm ihn unter seine Fittiche. Dem half er bei seiner Nummer als Kraftmeier. Der Schlaks Gilbert taugte nicht als starker Mann, aber er jonglierte, schluckte und spuckte Feuer. Und wurde schließlich zum Automatenmann. „Michael Jackson hat Breakdance von mir geklaut“, sagt er und lacht. Als menschlicher Roboter wurde er weltberühmt. Audrey Hepburn, Eddie Constantine, Charles Aznavour, Pete Doherty, Georges Moustaki suchten seine Nähe, mit Anthony Perkins drehte er einen Film. Die Nummer bleibt im Gedächtnis. Wie aufs Stichwort kommt eine Frau vorbei, holt Gilberts Buch heraus, das er vor Jahren geschrieben hat, und sagt: „Können Sie mir bitte Ihr Buch signieren? Ich habe Sie 1978 vor dem Centre Pompidou gesehen.“

 

So lange die Füße tragen

In Paris leitete er eine Artistentruppe, lange Jahre traten sie vor dem Centre Pompidou auf. „Doch ich muss auf die Straße“, sagt er. Er reiste nach Niger, trat dort auf einem Kamelmarkt auf. Stand in China als Roboter in einem Reisfeld. In Maastricht ging er mit zwei Gulden in eine Kneipe, gerade genug für ein Gläschen Rotwein. Dann quatschte und zauberte er, am Ende stand der Tresen voll mit Gläsern. Ein Mann habe ihm einen Schlafplatz angeboten, ein anderer das Frühstück. „Ich komme immer zurecht, auch wenn ich nichts habe“, sagt er, „überall auf der Welt.“ Aber leider sterbe seine Zunft aus. Klar, Musiker, die El Condor Pasa spielen, die gibt es genug. Aber Straßenkünstler, echte Gaukler, „da gibt es nur noch so ein paar Alte wie mich“. Nun gehe auch noch Dr. Marrax am Jahresende in Ruhestand. Gilbert will weitermachen. So lange die Füße tragen. Erst mal hat er aber anderes vor. Am 11. Oktober heiratet er. Seine Zukünftige kann er gerade jeden Tag bei der Arbeit beobachten, es ist Jasmine Weisheit von der Truppe der Seiltänzer. Alles Gute, wünscht der Wasenhocker.