Die Hitze fordert ihren Tribut: Die Stuttgarter brauchen mehr Wasser als 2017. Doch es gibt keine Verbote, den Garten zu gießen. Anderswo in Deutschland ist das schon der Fall.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die gute Nachricht gleich vorweg: Wer Urlaub auf Balkonien oder im eigenen Garten macht, muss sich nicht um Geranie, Kürbis und weitere Gewächse sorgen. Denn in Stuttgart wird das Wasser nicht so knapp werden, dass das Gießen verboten werden könnte. „Wir haben genug“, sagt Pressesprecher Ulrich Stark vom Wasserversorger Energie Baden-Württemberg (EnBW).

 

Das sieht in anderen Teilen Deutschlands angesichts der anhaltenden Hitze anders aus. So wurde im Landkreis Cochem-Zell (Rheinland-Pfalz) verboten, den Rasen zu sprengen. „Das wird es bei uns sicher nicht geben. Die Wasserquellen der Bodenseewasserversorgung und der Landeswasserversorgung sowie die Infrastruktur sind auch in der derzeit herrschenden Wetterlage absolut ausreichend“, sagt Stark.

Der Wasserverbrauch in den zurückliegenden Sommermonaten Juni und Juli betrug in diesem Jahr 8,43 Millionen Kubikmeter, davon 3,95 Millionen im Juni und 4,47 Millionen im Juli. Das ist mehr als im vergangenen Jahr: 2017 brauchten die Stuttgarter im Juni und im Juli zusammengenommen 8,03 Millionen Kubikmeter, davon 4,12 Millionen im Juni und 3,91 im Juli. Insgesamt nehmen die Stuttgarter Haushalte pro Jahr etwa 43 Millionen Kubikmeter Wasser von der EnBW ab. Zahlen aus dem sogenannten Jahrhundertsommer 2003 liegen bei der EnBW nicht mehr vor, sagt deren Sprecher. Doch 2015 sei von den Temperaturen her vergleichbar gewesen – und „unauffällig“: Im Juni brauchten die Stuttgarter 4,06 Millionen Kubikmeter Wasser, etwas mehr als in diesem Jahr. Im Juli waren es mit 4,46 Millionen 10 000 Kubikmeter weniger als 2018.

Die Pflanzen haben wohl den größten Durst

Der Tag mit dem höchsten Wasserverbrauch ist in diesem Jahr der 19. Juli gewesen, ein Donnerstag. Da zapften die Stuttgarter knapp 170 000 Kubikmeter aus den Leitungen. Da wenige Tage später, an einem der seltenen Regentage dieses Sommers, der Verbrauch auf nur 110 000 Kubikmeter fiel, haben die Fachleute bei der EnBW eine Theorie: „Das meiste Wasser geht wohl fürs Gießen drauf“, sagt Stark. Das vermehrte Duschen und der Durst, der mit Leitungswasser gestillt wird, schlage nicht so stark zu Buche wie das Gießen.

Der Spitzenwert von rund 170 000 Kubikmetern wurde am 25. Juli, einem Mittwoch, erneut erreicht. Die Werte des zurückliegenden, extrem heißen Wochenendes liegen noch nicht vor. Im vergangenen Jahr verzeichnete die EnBW am 21. Juni, kurz nach dem Ende der Pfingstferien, in einer ebenfalls sehr regenarmen Periode einen Spitzenwert von 176 000 Kuhbikmetern. Ein klarer Zusammenhang mit dem Anstieg der Temperatur sei zu erkennen. Sobald es etwas kühler werde, sinke der Verbrauch. Auch an den Wochenenden gehe er deutlich zurück, was wohl mit den Ruhetagen des Gewerbes und der Industrie zusammenhänge. Der Tag mit dem geringsten Verbrauch in diesem Sommer war der Sonntag, 23. Juli, nachdem es am Samstag gewittert hatte. Etwa 115 000 Kubikmeter wurden in der Landeshauptstadt benötigt.

Die Ferien bemerkt man kaum beim Wasserverbrauch

Normalerweise seien neben den Wochenenden auch die Ferien Zeiten, in denen weniger Wasser verbraucht werde. Doch wenn wie jetzt die Daheimgebliebenen in den Ferien mehr duschen und mehr Wasser zum Bewässern von Rasen und Beeten entnehmen, sei der Spareffekt nicht mehr zu erkennen. Die Tagesmenge liege normalerweise zwischen 100 000 und 160 000 Kubikmetern, so Ulrich Stark.

Das Stuttgarter Wasser kommt aus dem Bodensee und von der Landeswasserversorgung, die es aus dem Donaugebiet und aus Grundwasservorkommen entnimmt. Im Bodensee sei noch genug Wasser. „Maximal können pro Tag 670 000 Kubikmeter entnommen werden. Davon sind wir weit entfernt“, sagt Maria Quignon, die Pressesprecherin der Bodenseewasserversorgung. Aktuell liege man deutlich über dem Jahresdurchschnitt von 360 000 Kubikmetern Wasser. Auf den Pegel habe das keinen messbaren Einfluss. Denn deutlich mehr Wasser verdunste täglich aus dem See: „Für die Trinkwasserversorgung entnehmen wir vier bis viereinhalb Kubikmeter pro Sekunde, im Durchschnitt verdunsten neun Kubikmeter pro Sekunde“, erläutert Maria Quignon. Den höchsten Wert aller Zeiten habe die Bodenseewasserversorgung im Jahrhundertsommer 2003 an einem Julitag gemessen: Da flossen 531 000 Kubikmeter Seewasser in die Leitungen. In diesem Jahr war die höchste Menge 489 000 Kubikmeter am 27. Juli.

Wer bei den hohen Temperaturen nicht dauernd Kisten schleppen möchte, um genügend Trinkwasser im Haus zu haben, könne getrost auch auf Leitungswasser umsteigen, sagen die Sprecher der EnBW und der Bodenseewasserversorgung. „Wenn es Probleme mit dem Trinkwasser gibt, dann erst nach dem Zähler, also in den Leitungen des Hauses, wenn diese schlecht sind“, sagt Ulrich Stark. Wer wissen will, ob in seinem Haus alles in Ordnung sei, könne eine Probe beim Gesundheitsamt oder beim Versorgungsunternehmen untersuchen lassen, sagt ein Sprecher der Stadt Stuttgart.