Hitzestress Wenn es der Kuh zu heiß wird

Hitzeperioden setzen auch Nutztieren zu. Foto: //Ana Fernandez

Der Klimawandel macht vor dem Kuhstall nicht halt. Bei feuchter Hitze sinkt die Milchleistung. Schlachtvieh frisst weniger. Auch Schweine und Hühner sind betroffen.

Nutztiere sind auch nur Menschen. Das gilt jedenfalls, wenn es um die Reaktion auf große Hitze und längere Trockenheit geht, versichert Rosemarie Oberschätzl-Kopp. „Kühe und Schweine fressen dann weniger und suchen Schatten“, sagt die Tierwohlexpertin des Münchner Agrarhandelskonzerns Baywa. Wenn Mastvieh weniger frisst, dauert es länger bis zur Schlachtreife. Aber das sei nur ein Teil des Problems. Kühe geben in Hitzeperioden, die der Klimawandel verstärkt und intensiver mit sich bringt, auch weniger Milch. „Das kann zwei bis drei Liter pro Tag ausmachen“, sagt die Agrarwissenschaftlerin. Bei üblicher Milchleistung von rund 30 Litern pro Tag ist das für Bauern ökonomisch spürbar. Zu heiß wird es Milchkühen schneller, als man denkt.

 

Lieber faul im schattigen Stall

„Die Wohlfühltemperatur von Kühen liegt bei vier bis 16 Grad Celsius“, erklärt Oberschätzl-Kopp. Ab wann dann die Milchproduktion sinkt, sei auch von der Luftfeuchtigkeit abhängig, je feuchter, desto eher. Mit steigender Hitze und Feuchtigkeit würden die Tiere zudem anfälliger für verschiedene Krankheiten, weil dann das Keimniveau im Stall steigt. „Das ist ein ganzer Rattenschwanz von Nachteilen“, sagt die Expertin mit Blick auf den Klimawandel und das Nutzvieh im Stall.

Dagegen kann man etwas tun. „Bei uns gibt es die Möglichkeit der Nachtweide“, heißt es beim Ökoverband Naturland. Wenn es im Sommer heiß wird, bleibe das Vieh oft lieber untätig im schattigen Stall, erklärt eine Naturlandexpertin. Gerne wieder fressen würden sie dann aber nachts, wenn es kühler ist. Ökoregularien unterworfene Biobauern lassen hitzegeplagtes Vieh auch zur später Stunde lieber auf ihren Weiden.

Susanne Kiebler vom Bioverband Demeter verweist darauf, dass die Milchleistung von Kühen im Biolandbau meistens niedriger sei. Auf Hochleistung getrimmte Tiere, wie sie oft in konventioneller Haltung stehen, würden sensibler auf Hitzestress reagieren. Deshalb sei die nachlassende Milchleistung dann dort gravierender. Biolandbau setze vielfach auch auf robustere Kuhrassen, die grundsätzlich hitzeresistenter seien. Kuhduschen oder Ventilatoren im Kuhstall bieten heute alle Nutztierhalter, wenn oft nicht in ausreichendem Maß. „Acht von zehn Viehbauern haben Nachholbedarf bei der Vorbeugung gegen Hitzestress“, warnt Oberschätzl-Kopp. Das beobachtet die Tierwohlexpertin immer wieder bei ihren beruflichen Besuchen auf Bauernhöfen. Mal sei die Belüftung im Stall nicht so, wie sie sein sollte, mal die Befütterung nicht der Hitze angepasst.

Bis zu 200 Liter Wasser für eine Kuh

Wenn Mastvieh hitzebedingt weniger frisst, muss die Nahrung energiereicher sein, um den Bedarf der Tiere zu decken. Falsch konzipierte Tierduschen können unnötig die Luftfeuchtigkeit erhöhen und damit kontraproduktiv wirken. Übermäßig teuer sei es nicht, das Nötige zu tun, findet die Baywa-Expertin. Es gehe um Ausgaben im vierstelligen Bereich, die sich ein normaler Bauer leisten könne. Schon ein paar Wassertränken mehr aufzustellen könne viel helfen. Bis zu 200 Liter Wasser täglich brauche eine Kuh, wenn es heiß wird. Auch Ventilatoren seien nicht besonders teuer.

Nicht nur bei Ökoverbänden auch beim Deutschen Bauernverband hat man das Problem durchaus erkannt. „Ab 24 Grad Celsius ist mit Leistungseinbußen zu rechnen“, heißt es dort mit Verweis auf Erhebungen der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft für Milchvieh. Bauern würden durchaus mit Vernebelung von Wasser und Ventilatoren im Kuhstall oder künstlicher Beschattung auf der Weide darauf reagieren.

Noch mehr als Kühe leiden andere Nutztiere wie Hühner oder Schweine. „Sie können nicht durch Schwitzen abkühlen“, erklärt Susanne Kiebler. Beim Federvieh führe das zu signifikant niedrigerer Legeleistung. Die Eierschalen können dünner werden. Schweine wiederum ferkeln weniger, wenn es heiß wird, und sie fressen wie Kühe weniger, was die Gewichtszunahme bremst.

Wenn es dem Vieh zu heiß wird, könne man das am Verhalten erkennen, sagt Oberschätzl-Kopp. Milchkühe stünden vermehrt, statt zu liegen, und ihre Atemfrequenz steigt. Oder man vertraue auf moderne Sensortechnik, die Hitzestress meldet. „Der Klimawandel macht etwas mit unseren Nutztieren“, betont die Tierwohlexpertin. Dem müsse noch mehr Rechnung getragen werden.

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