In Spanien regnet’s nicht – jedenfalls viel zu wenig. Außerdem ist es so heiß wie noch nie. Das trifft vor allem die Landwirtschaft. In einigen Dörfern ist das Trinkwasser knapp geworden.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Francisco Luna, der in Pozoblanco im Norden der andalusischen Provinz Córdoba ein Restaurant betreibt, kann es nicht fassen: „Vor vielen Jahren hatten wir schon mal Wasserbeschränkungen. Aber kein Trinkwasser zu haben, das ist das erste Mal.“ 50 Kilometer westlich liegt der Stausee der Sierra Boyera, und aus dem bezieht Pozoblanco gewöhnlich sein Trinkwasser.

 

Normalerweise ist er um diese Jahreszeit mit 28 Millionen Kubikmetern zu 73 Prozent gefüllt. Vergangenes Jahr waren es noch acht Millionen Kubikmeter. Jetzt sind es null. Der Stausee ist seit ein paar Wochen leer. Ihr Trinkwasser bekommen die Menschen in Pozoblanco und 42 anderen umliegenden Dörfern zurzeit aus Tanklastern. 72 000 Menschen sind betroffen.

Ein leerer Stausee im Frühjahr ist ein Katastrophensignal

Spanien ist, was das Wasser angeht, Kummer gewohnt. Alle paar Jahre ächzt das Land unter großer Hitze und Trockenheit. Aber ein leerer Stausee im Frühjahr ist ein Katastrophensignal. Spaniens staatlicher meteorologischer Dienst hat gerade die Daten für den vergangenen Monat veröffentlicht: Der April 2023 war der heißeste April, seitdem in Spanien darüber Buch geführt wird, seit 1961.

Der Spitzenwert wurde am 27. April in Córdoba gemessen: 38,8 Grad. Das sind Augusttemperaturen. Und geregnet hat es weniger als ein Viertel eines gewöhnlichen Aprils. Seit Februar fällt in ganz Spanien kaum noch Wasser vom Himmel, mit einigen wenigen Ausnahmen wie Galicien und den östlichen Kanarischen Inseln.

Dieses Mal trifft es auch Barcelona

„Wenn es nur ein trockenes Frühjahr gewesen wäre“, sagt Carlo Buontempo, der Direktor des Copernicus Climate Change Service, das sich mit dem Klimawandel befasst. „Das Problem ist, dass es auf ein Jahr mit sehr wenig Regen und hohen Temperaturen folgt.“ Wie meistens trifft die Trockenheit vor allem den Süden. Man kann fast mit dem Lineal eine Linie von West nach Ost ziehen: Nördlich davon sind die Stauseen ganz ordentlich gefüllt, südlich davon nicht.

Der größte Stausee Spaniens, La Serena im Süden der westspanischen Extremadura, ist zu 17 Prozent gefüllt, der zweitgrößte, Alcántara im Norden derselben Region, zu 77 Prozent. Madrid ist von der schlimmsten Trockenheit bislang verschont, Barcelona – obwohl etwas nördlicher, aber am Mittelmeer gelegen – nicht.

Auf Mallorca ist das Getreide viel zu früh reif

Die Folgen der Trockenheit hat zuerst die Landwirtschaft zu tragen. Sie braucht – die Angaben sind unterschiedlich – zwei Drittel bis vier Fünftel des Wassers in Spanien. Eben deshalb, weil auf den Regen kein Verlass ist, wird etwa ein Viertel der landwirtschaftlichen Fläche des Landes künstlich bewässert. Die ersten, die unter der Dürre leiden, sind die unbewässerten Flächen, auf denen vor allem Getreide und Oliven angebaut werden.

Die Lokalzeitung „Diario de Mallorca“ berichtet, dass das Korn auf der Mittelmeerinsel unter der diesjährigen Sonne schon einen Monat früher reif geworden ist und deutlich weniger Ertrag bringt. Schon im vergangenen Jahr ging die Getreideernte in Spanien von 20 auf 18 Millionen Tonnen zurück. Noch ist ungewiss, was dieses Jahr bringen wird. Was die Olivenernte angeht, rechnet BBVA Research dieses Jahr für Andalusien (wo drei Viertel der spanischen Oliven angebaut werden) nur mit der halben Ernte des vergangenen Jahres.

Einheimische und Touristen werden gebeten, Wasser zu sparen

Sollte die Trockenheit noch über den Herbst hinaus andauern – was möglich, aber nicht wahrscheinlich ist –, müssen auch die Bauern, die ihr Land bewässern, mit Einschränkungen rechnen. Rings um den Nationalpark Doñana, wo fast alle spanischen Erdbeeren und Heidelbeeren angebaut werden, leidet der Anbau jetzt schon unter dem fehlenden Wasser.

Dass auch den Privathaushalten das Wasser abgedreht wird, so wie dieser Tage in den Dörfern rings um den Stausee der Sierra Boyera, wäre die letzte Stufe des Dürredramas. Dann würde es auch die Touristen treffen, die bis jetzt nur, so wie die Spanier selbst, um sorgsamen Umgang mit dem Wasser gebeten werden.

Der Wasserkonsum geht seit einigen Jahren langsam zurück

Für die Costa del Sol hat der andalusische Tourismusminister Arturo Bernal schon vor ein paar Wochen versprochen: „Die Versorgung mit Wasser während der Sommersaison ist gesichert.“ Auch die spanische Umweltministerin Teresa Ribera sieht keine Gefahr, dass in den kommenden Monaten großflächig die Wasserleitungen trocken bleiben.

Die Herausforderung, Spaniens Landwirtschaft, die Industrie, den Tourismus und die Haushalte mit Wasser zu versorgen, ist eine langfristige. Die Tendenz der vergangenen Jahrzehnte ist nämlich eindeutig: steigende Hitze, weniger Regen.

Das Land ist nicht tatenlos. Der Wasserkonsum geht seit einigen Jahren langsam zurück. Doch ohne den Ausbau der Meerwasserentsalzung, vermehrte Nutzung von geklärtem Brauchwasser und weiter steigende Effizienz der Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen wird Spanien noch öfter der heiße Schrecken in die Glieder fahren.