Der VfB Stuttgart II trat zuletzt auswärts mit einem Rumpfteam an – das nährte mal wieder die Zweifel an der Zukunft der U 21 des Bundesligisten. Nachwuchschef Thomas Hitzlsperger bezieht Stellung.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - Dreieich ist nicht der Nabel der Fußball-Welt. Bundesland Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Offenbach, 41 500 Einwohner – aber immerhin ein Club, der es einerseits zum Aufstieg in die Regionalliga gebracht hat, andererseits in Rudi Bommer einen recht namhaften Trainer beschäftigt. Trotzdem: Wenn der VfB Stuttgart vorbeischaut, ist das schon noch etwas Besonderes.

 

Gut, es war lediglich die zweite Mannschaft der Weiß-Roten, die am vergangenen Samstag im Hahn Air Sportpark zu Gast war. Und etwas überrascht waren sie beim Aufsteiger dann auch beim Anblick der Ersatzbank der Stuttgarter. Zwei Feldspieler und ein Torhüter saßen da nur, viele der schwarz-weißen Sportsitze waren freigeblieben. Der VfB verlor am Ende auch noch 1:2 – und die Frage nach dem Stellenwert dieser zweiten Mannschaft war plötzlich wieder brandaktuell.

VfB II als U 21 und letzte Ausbildungsstufe

Schon im Laufe der vergangenen Saison war ja lange unklar, wie es mit dem Nachwuchs weitergeht. Wird der VfB II vom Spielbetrieb abgemeldet? Wird das Team gestärkt, um in die dritte Liga zurückzukehren? Es entwickelte sich eine emotionale Diskussion – am Ende stand eine Art Kompromiss. Die Mannschaft geht als U-21-Team an den Start, gehört zum Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) und gilt nun als letzte Stufe der Ausbildung, „nicht als eigenständige Profimannschaft“, wie Thomas Hitzlsperger betont.

Der Ex-Nationalspieler ist seit einigen Monaten Chef des Stuttgarter NLZ, ist als solcher zwar nicht glücklich über die Situation am vergangenen Wochenende, meint aber auch: „Es war klar, dass es solche Situationen geben kann.“ Die Kader der Nachwuchsteams seien schließlich ganz bewusst klein gehalten, um die Förderung des Einzelnen vorantreiben zu können. Ergebnisse stehen längst nicht mehr im Vordergrund. „Ich freue mich über jeden Sieg und jeden Titel“, sagt Hitzlsperger, „viel wichtiger ist aber, ob ein Spieler am Ende der Saison besser ist als zu Beginn der Spielzeit.“ Das sei, so der Meisterspieler von 2007, eine „neue Herangehensweise“. Denn bisher galt auch der Leitsatz: Je höher die Liga, desto besser die Ausbildung. Hatte der VfB II personelle Probleme, wurde von unten her aufgefüllt. Nun sagen viele: Wer mit einer Rumpftruppe zum Auswärtsspiel reist, riskiert womöglich sogar den Klassenverbleib in der Regionalliga. Und Anhänger einer starken zweiten Mannschaft fürchten gar, so lasse man das Team bewusst ausbluten, um am Ende doch eine Abmeldung rechtfertigen zu können. Dieser Sichtweise widerspricht Hitzlsperger klar und deutlich.

Zahlreiche verletzte Spieler – auch im Bundesligateam

Zum einen sei der Personalengpass am Wochenende eine Sondersituation gewesen. „Das war das erste Mal“, sagt Hitzlsperger und verweist auf die Verletzungssorgen, auch im Bundesligateam. Dort fehlten Daniel Didavi, Dennis Aogo, Anastasios Donis, Marc Oliver Kempf, Borna Sosa und Alexander Meyer. Also wurde auch David Kopacz gebraucht. Der junge Pole war zuletzt im Einsatz für die zweite Mannschaft gewesen, die nun ihrerseits fünf Ausfälle zu verkraften hatte. Eine solche Extremsituation könne sich, soll sich aber nicht wiederholen, sagt Hitzlsperger, der auch betont: „Die zweite Mannschaft ist alles andere als unwichtig.“ Und der Klassenverbleib in der Regionalliga das ausgemachte Ziel. „Das Niveau in der Regionalliga ist gut“, sagt der Nachwuchschef des VfB, „wir müssen uns strecken, aber wir bekommen das hin. Wir sind konkurrenzfähig, das haben die Jungs auch schon bewiesen. Drin bleiben ist natürlich das beste für die Ausbildung der Spieler.“

Mit 17 Punkten steht das Team von Trainer Marc Kienle („Wir sind konkurrenzfähig, aber der Aderlass geht an die Substanz“) derzeit auf Platz zwölf. 22 Spieler umfasst der Kader nach Angaben des Vereins, wobei darunter einige Spieler sind, die auch in der U 19 eingesetzt werden dürfen. Einige bisherige Stützen wurden vor der Saison abgegeben, etwa Nicolas Sessa oder Alexander Groiß. Drei Spieler, unter anderem Daniele Collinge, stehen zwar noch beim VfB unter Vertrag, Kienle plant aber nicht mehr mit dem Trio, das im Sommer keinen neuen Club gefunden hat. Die Spieler trainieren nun separat.

Andere Clubs gehen die Talentförderung anders an

Der Rest müht sich um Ergebnisse, vor allem aber um Entwicklung – wobei Hitzlsperger festgestellt hat, dass beides zusammen funktionieren kann, aber ein schwieriges Unterfangen ist. Weil viele Gegner in der Jugend eine andere Herangehensweise haben. „Es ist erstaunlich, wie viele Mannschaften im Nachwuchsbereich Ergebnisfußballspielen“, sagt er und betont noch einmal: „Das ist keine Ausbildung in unserem Sinne.“ Ob Spieler in anderen Mannschaften aushelfen, sollen nach Möglichkeit die Trainer direkt miteinander klären – und im Sinne der Talente entscheiden. Nur, wenn es auf diesem Wege keine Einigung gibt, will sich Thomas Hitzlsperger einmischen. Mit Blick auf die Situation in der U 21 versichert er: „Es gibt keinen Grund, unruhig zu werden.“

Trotz vieler leerer Sitze in Dreieich.