Die Kinderhäuser im Stadtpark und in Warmbronn heizen sich so stark auf, dass es für die Kinder und die Erzieher gefährlich werden kann.

Leonberg - Das Team ist hart im Nehmen, sonst wäre wohl die eine oder andere schon weggelaufen und hätte sich nach einem anderen Arbeitsplatz umgeschaut.“ Verdutzt und auf den ersten Moment sprachlos sind die Mitglieder des Sozial- und Kultusausschusses, nachdem Martina Hartmann, die Leiterin des Kinderhauses im Leonberger Stadtpark, ihre Stellungnahme abgegeben hat.

 

Das Fazit ihrer eindringlichen Rede vor dem Gremium: Das Kinderhaus Stadtpark heizt sich an warmen Tagen so stark auf, dass es für die Kinder und die Erzieherinnen gefährlich werden kann. Dasselbe gilt beim baugleichen Kinderhaus in Warmbronn.

„Wir reden da nicht von den richtigen Hitzetagen, sondern von Tagen, an denen die Temperatur auf mehr als 25 Grad ansteigt“, erläutert die Kita-Leiterin. Bereits morgens um 6.30 Uhr, wenn die ersten Mitarbeiterinnen ins Haus kommen, hätten diese Temperaturen von 29 Grad Celsius vorgefunden. „Mit der Hitze plagen wir uns seit der Eröffnung der Kita herum – von Mai bis Oktober ist es im Haus immer heiß“, sagt Martina Hartmann.

Lüftung ist unzuverlässig

Eigentlich sollte die Kita nachts durch das große Oberlicht und durch offene Fenstern durchlüften und abgekühlt werden. „Die automatische Lüftung ist so unzuverlässig und anfällig, dass wir bei jedem Regen Gefahr laufen, dass die Kita am Morgen überschwemmt ist – da lassen wir sie lieber zu“, beschreibt Martina Hartmann die Probleme.

An den richtigen Hitzetagen, für die eigentlich die Empfehlung gilt, im Haus zu bleiben, müssen sich die Erzieherinnen immer was einfallen lassen, damit sich die Kleinen draußen problemlos aufhalten können. „Im Haus ist es nicht auszuhalten – es geht da nicht um mehr Komfort, sondern um Gefährdung der Kinder und der Mitarbeiter“, macht die Kita-Leiterin den Zustand deutlich. Das habe sie in der vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung vermerkt, schildert sie den Stadträten.

Ein Luxusproblem?

Bis zu diesem Hilferuf hatte man im Ausschuss den Eindruck, dass die Stadträte eher von einem „Luxusproblem“ ausgingen. Das ließ sich schon aus der Herangehensweise an das Thema vermuten. Auf der Tagesordnung stand nämlich: „Einbau von Klimageräten in den Kinderhäusern Stadtpark und Warmbronn – Aufhebung der Sperrvermerke.“ Solche Vermerke verhängen die Stadträte in der Regel über Gelder für Vorhaben, die sie nicht als dringend betrachten. Das scheint auf den ersten Blick auch nicht der Fall zu sein, wenn man bedenkt, dass für die beiden großen Kindertagesstätten mit jeweils acht Gruppen seinerzeit viel Geld ausgegeben wurde: Das Kinderhaus am Stadtpark wurde für 3,45 Millionen Euro errichtet, das Kinderhaus Warmbronn für 3,7 Millionen Euro.

Doch was als architektonisch ansprechend gilt, ist in der Praxis nicht immer tauglich. „Damit es offen und schön nach viel Glas aussieht, werden irgendwelche Alibi-Jalousien eingeplant“, formuliert es Susanne Kogel (CDU). „Richtige Beschattung kostet richtig Geld“, weiß die Pragmatikerin aus Erfahrung. Das ist hier nicht der Fall: „Bedingt durch das nicht mit außen liegendem Sonnenschutz ausgestattete, verglaste Foyerdach in den beiden baugleichen Kitas heizen sich die beiden Häuser an heißen Sommertagen auf über 30 Grad Celsius auf“, heißt es in der Darstellung der Verwaltung. In beiden Kitas halten sich gerade in der heißesten Phase des Tages bis in den Nachmittag hinein 155 Kinder und 40 Beschäftigte auf. „Im Sommer 2018 traten mehrfach gesundheitliche Probleme bei Kindern und Beschäftigten auf“, heißt es weiter.

Viele Kinder auf engem Raum

Die Situation spitze sich durch die enge Belegung der Räumlichkeiten (in den fünf Gruppenräumen im Obergeschoss halten sich 115 Kinder auf) und die Bewegungswärme der Kinder zu. In der Arbeitsstättenverordnung heißt es klar, dass geeignete Maßnahmen zu treffen sind, wenn in einer gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung Temperaturen über 26 Grad Celsius verzeichnet sind.

„Das ist eine Missplanung, ein grober Schnitzer“, wetterte Sebastian Werbke (Grüne). Er schlug vor, die Architekten zur Schadensbehebung rechtlich heranzuziehen. Auch warf er der Stadt vor, sie komme wohl ihrer Fürsorgepflicht nicht nach und der Stadtrat höre zum ersten Mal von den Zuständen. Das ließ Erster Bürgermeister Ulrich Vonderheid so nicht stehen: „Der Rat hat den Sperrvermerk beschlossen, also sich damit beschäftigt.“

Klimaanlagen kommen nicht

Axel Röckle, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, machte deutlich, dass seine Fraktion nicht für den Einbau von energiefressenden Klimaanlagen stimmen werde. Vor dem Hintergrund, dass es mit Klimageräten wohl nicht getan ist, sondern dies ein viel komplexeres Problem ist, hat der Ausschuss die Verwaltung beauftragt, bis im Oktober brauchbare und effiziente Lösungen zu erarbeiten.

Auf eine Anfrage der Redaktion am Tag nach der Sitzung bei der Stadtverwaltung, ob die Leiterin des Kinderhauses Stadtpark den Sachverhalt noch detaillierter darstellen dürfte, gab es als Antwort aus der Pressestelle der Stadt: „Alle Informationen sind in der Drucksache enthalten, zudem wurde das Thema im Ausschuss detailliert behandelt, sodass wir darüber hinaus keine weiteren Auskünfte geben.“