Die chinesische HNA Group hat seine Beteiligung an dem Geldhaus weiter zurückgefahren. Der Mischkonzern steht nach einem rasanten Expansionskurs vor finanziellen Problemen. Einen Teil seiner ausländischen Besitztümer musste er bereits verkaufen.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Der Chef der chinesischen HNA Group, Chen Feng, schmückt sich gern mit internationalen Kontakten. Auf der Website seines Konzerns, des größten Einzelaktionärs der Deutschen Bank, wurden gerade Fotos von einem Auftritt Chens an der Harvard Business School in Boston veröffentlicht. Dazu ein Zeitungsartikel mit wohlwollenden Zitaten des Harvard-Professors William Kirby über die Unternehmenskultur. Dass HNA mit hohen Schulden kämpft, wird in dem Artikel nur in einem Nebensatz erwähnt.

 

Für die Deutsche Bank haben die Probleme des Großaktionäres bereits Folgen: Am Freitag wurde bekannt, dass die Chinesen ihre Beteiligung an dem Geldhaus weiter zurückgefahren haben. Nach einer ersten Reduzierung von 9,9 auf 9,2 Prozent zu Monatsbeginn ist ihr Stimmrechtsanteil jetzt auf 8,8 Prozent gesunken.

Von anderen Besitztümern muss sich der Konzern ganz trennen: In Hongkong verkaufte HNA diese Woche zwei wertvolle Baugrundstücke, wie die Zeitung „South China Morning“ Post in ihrer internationalen Ausgabe berichtete. Vor einigen Wochen war bereits bekannt geworden, dass die Chinesen ein Bürogebäudes in Sidney veräußern. Überdies sucht HNA nach einem Käufer für seinen 30-Prozent-Anteil an der spanischen Hotelkette NH.

Hilfe in der Not

Unterstützung erhielt der Konzern zuletzt von einem wichtigen Gläubiger: Die chinesische Citic-Bank griff HNA mit 20 Milliarden Yuan (rund 2,5 Milliarden Euro) unter die Arme, hieß es letzte Woche. Der Konzern soll seinen Gläubigern im Januar mitgeteilt haben, ihm fehlten für das erste Quartal mindestens 15 Milliarden Yuan – diese Lücke wäre durch den Citic-Kredit wohl gestopft.

Nicht ausgeräumt sind damit aber grundsätzliche Bedenken, die HNA Group könnte sich mit ihrem rasanten Wachstumskurs in den vergangenen Jahren übernommen haben. Der aus einer regionalen Fluggesellschaft entstandene Reise- und Logistikkonzern ging ab 2010 im Ausland auf Einkaufstour. HNA übernahm unter anderem die Container-Vermieter Seaco und Cronos und verschmolz sie zur weltweiten Nummer eins. Außer bei der spanischen NH-Gruppe stieg der Konzern auch bei den US-Hotelketten Red Lion und Hilton ein. Hinzu kamen Beteiligungen an ausländischen Fluggesellschaften, Flughäfen und Flughafendienstleistern. So gehört zum Portfolio auch der Regionalflughafen Hahn in Rheinland-Pfalz.

Der Deutschen Bank kamen die Chinesen 2017 gerade recht

Der Einstieg bei der Deutschen Bank Anfang 2017 erfolgte zu einer Zeit, als das Institut dringend Geld brauchte. Denn das US-Justizministerium hatte der Bank kurz zuvor rund sieben Milliarden Dollar Bußgeld- und Entschädigungszahlungen für windige Geschäfte vor der Finanzkrise aufgebrummt. Die HNA Group zog auch bei einer Kapitalerhöhung der Deutschen Bank im vergangenen Frühjahr mit und erhöhte ihren Anteil im Mai schließlich auf 9,9 Prozent.

Wenig später wurde allerdings bekannt, dass die Chinesen das milliardenschwere Aktienpaket hauptsächlich über Kredite der Schweizer Großbank UBS finanzierten. Gleichzeitig sicherten sie sich über weitere Geschäfte mit der UBS gegen größere Kurseinbrüche ab. Tatsächlich ist der Kurs der Deutsche-Bank-Aktie seit Mai 2017, als der HNA-Anteil rund 3,4 Milliarden Euro wert war, um gut 20 Prozent gesunken.

Obendrein prüft die Europäische Zentralbank die Einleitung eines so genannten Inhaberkontrollverfahrens gegen die HNA Group. Ein solches Verfahren wird bei Bank-Aktionären mit Stimmrechtsanteilen über zehn Prozent automatisch eingeleitet, ist aber auch unterhalb dieser Schwelle möglich, wenn der Anteilseigner über einen bedeutenden Einfluss verfügt. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin wiederum geht dem Verdacht nach, die HNA Group könnte falsche Angaben zu ihrer eigenen Eigentümerstruktur gemacht haben. Zu diesem Schluss war die Übernahmekommission der Schweiz in einem anderen Fall gekommen, beim Kauf der Catering-Firma Gategroup durch eine HNA-Tochter. Die Chinesen mussten deshalb ein Bußgeld von 50 000 Franken zahlen.