Die Müllersfrau Heike Zinßer lädt zum Kochen ein und entführt in fremde Genusswelten. Der Schauplatz für die Kochkursabende ist die bald 500-jährige Hochdorfer Mühle, die mittlerweile in der 13. Generation betrieben wird.

Region: Corinna Meinke (com)

Hochdorf - Man nehme ein paar Gläser feuriger Gewürze und einige exotische Rezeptideen – schon steht ein Menüplan nach Heike Zinßers Geschmack. Die Frau des Hochdorfer Müllermeisters Jürgen Zinßer möchte ihre Gäste zum schwäbisch-ayurvedischen Kochen verführen und hat sich einen Speiseplan ausgedacht, der durch das Jahr führt, und den sie in Kochkursen präsentiert. Der Schauplatz ist die bald 500-jährige Hochdorfer Mühle, die die Zinßers in der 13. Generation betreiben und zu der auch ein Mühlenladen gehört.

 

Schon vor einigen Jahren haben die Müllersleute in einem Anbau eine moderne Werkstatt eingerichtet, in der meist gebacken, manchmal gefeiert und neuerdings eben auch gekocht wird. Für das neue Konzept wandelt sich die Backstube zur Genusswerkstatt unter der Überschrift „Müllerin und Mahl“.

Diesmal geht es ums Thema Winterküche. Gleich zum Auftakt heizt Heike Zinßer ihren Gästen bei der Vorspeise gehörig mit dem in der ayurvedischen Küche beliebten Garam Masala ein. Und schon nach wenigen Löffeln der mit dieser indischen Gewürzmischung marinierten Granatapfelkerne ist die wärmende Wirkung zu spüren – kein Wunder Garam Masala bedeutet auf Hindi „heißes Gewürz“. Dazu passen auch die klein geschnittene Sternfrucht samt Minzblättern, Kokosflocken und der cremige Ziegenkäse.

Spätestens jetzt ist klar, dass dieser Kochabend ungewöhnliche Geschmackserlebnisse bieten wird. Und passend zur Jahreszeit sollen Gewürze wie Zimt, Ingwer, Kardamon und Kurkuma nicht nur wärmen, sondern auch noch ihre ausgleichenden Eigenschaften entfalten.

Ein ungewöhnliches Geschmackserlebnis

„Ich will euch gar nicht viel über die ayurvedische Typenlehre erzählen oder gesundheitliche Empfehlungen aussprechen“, sagt Heike Zinßer auf entwaffnende Art bescheiden. Dafür fehle ihr der tiefere fachliche Hintergrund. Ob die Betriebswirtin, die im Hauptberuf beim Produzenten für Naturkosmetik und anthroposophische Arzneimittel, Weleda, das Arzneimittelmarketing verantwortet, extra tief stapelt, lässt sich an diesem Abend nicht klären. Dafür wird deutlich, dass Zinßer als Ernährungs- und Ayuverda-Coach gerne neue Impulse gibt und dafür gewissenhaft Rezepte ausprobiert hat. Ihre Anregungen habe sie auch von Volker Mehl erhalten, der als ayurvedischer Gastronom und Kochbuchautor bekannt geworden ist.

Voller Neugierde verteilen sich die Gäste in Hochdorf um die beiden Kochinseln und lassen sich ihre Aufgaben erklären. Eine Gruppe kümmert sich um die Currysuppe mit Reisnudeln als ersten Gang, während einen Tisch weiter Rosenkohl blanchiert wird, um anschließend mit süßen Birnen und einer ganzen Menge ausgewählter Gewürze von Kreuzkümmel bis Kurkuma im vorgeheizten Backofen eine aromatische Liaison einzugehen.

Zum ayurvedisch-schwäbischen Kochevent gibt es einen einheimischen Tropfen

„Hoppla, jetzt habe ich die Reihenfolge verwechselt“, bekennt eine Kursteilnehmerin und greift erneut zum Rezeptblatt. Dort steht, der Kreuzkümmelsamen müsse erst geröstet und dann im Mörser zerstoßen werden. „Es ist gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten bei so vielen Zutaten“, pflichtet ein weiterer Gast bei, denn allein das Tomatenchutney wird mit neun verschiedenen Gewürzen abgeschmeckt.

Als echte Entdeckung entpuppen sich dabei die ganzen Kardamonschoten, die nach gut 30 Minuten Köchelzeit dem würzigen Chutney einen feinen süßen Hauch verpassen. Und das funktioniert besonders gut, wenn die Schoten auch zum Verzehr im Chutney bleiben dürfen. Als völlig unkompliziert stellen sich die Brokkoliröschen mit gerösteten Mandeln und die Currykartoffeln mit Rahmsoße heraus.

Natürlich darf auch ein Linsengericht nicht fehlen: Karottendahl, einer der Klassiker der ayurvedischen Küche rundet das Menü ab. Während Heike Zinßer von Gruppe zu Gruppe geht, hier probiert und dort über mögliche Rezeptvariationen diskutiert, nimmt sich der Müller Jürgen Zinßer dem Backwerk an.

Für den besten Schokoladenkuchen nach Art des Hauses muss er zunächst die Rote Beete fein reiben. Aber warum ausgerechnet Rote Beete? Die Antwort liefert eine Stunde später das fertige Produkt: Ein Kuchen, der nicht nur mit seiner tief dunklen Farbe besticht, sondern auch noch so saftig schokoladig daher kommt, dass kein Krümel übrig bleibt. Und auch die Gewürzbrötchen indische Art sind beim gemeinsamen Abschlussessen schnell vergriffen. Länger als gedacht wird an der langen Mühlentafel an diesem Abend noch gefachsimpelt und das ayurvedisch-schwäbische Kochevent mit einem einheimischen Tropfen begossen.

Die Back- und Kochkurse finden statt in der Zinßermühle, Roßwälder Straße 4, in 73269 Hochdorf.