Nach mehr als zwölf Jahren Gerangel um Entwürfe und um Finanzierung eröffnet in wenigen Wochen offiziell das neue World Trade Center Nummer 1. Der Bauherr des 2001 wieder aufgebauten Gebäudes gerät vor der Eröffnung des höchsten Turms in die Kritik.
New York - In New York ist in diesen Tagen viel von Wiedergeburt die Rede. Die Narben, die der 11. September im Antlitz der Stadt hinterlassen hat, schließen sich endgültig. Nach mehr als zwölf Jahren Gerangel um Entwürfe und um Finanzierung eröffnet in wenigen Wochen offiziell das neue World Trade Center Nummer 1, der höchste Turm der USA, der stolz am Südende von Manhattan in der Sonne glitzert. Mitte Mai wird die Gedenkstätte samt Museum auf dem Areal ihrer Bestimmung übergeben. Für viele New Yorker ist das eine Genugtuung. Doch die Freude ist getrübt.
In der Kritik steht wieder einmal Bauherr Larry Silverstein, der Immobilienhändler, der nach dem 11. September die Wiederbebauung von Ground Zero an sich gerissen hatte, weil, wie er damals immer wieder betonte, kein anderer so gut geeignet dafür sei wie er. Doch der 80-Jährige hat sich eher als der Fluch von Ground Zero herausgestellt. Nachdem er zwei Türme auf dem Gelände fertig gestellt hat, die Nummer 7 und die Nummer 4 World Trade Center, möchte er nun mit dem Bau der Nummer 3 beginnen. Damit, sagt Silverstein, wäre Ground Zero dann wieder komplett. Aber es fehlt ihm dazu das nötige Kleingeld. Deshalb fordert Silverstein vom Eigner des Geländes, der Port Authority – der Hafenbehörde der Staaten New York und New Jersey – eine Garantie für Kredite über 1,2 Milliarden Dollar. Einige Verantwortliche der Port Authority unterstützen den Antrag. Andere, unter ihnen Vorstandsmitglied Kenneth Lipper, sind außer sich angesichts Silversteins Unverschämtheit: „Seit wann ist es die Aufgabe des Staates, die Spekulationen eines Privatunternehmers zu finanzieren?“
Der Grad der Entrüstung wird verständlich, wenn man auf die Geschichte von Silversteins Wirken am Ground Zero zurückblickt. Silverstein war der Pächter des alten World Trade Center, für das er kurz vor den Anschlägen einen Vertrag über 3,2 Milliarden und 99 Jahre unterschrieben hatte. Nach den Anschlägen wollte er das Areal so schnell wie möglich profitabel machen.
Druck zur Neubebauung war groß
Doch die Gegebenheiten hatten sich geändert. New York brauchte im Finanzdistrikt keinen Büroraum. Und so musste Silverstein 2006 beim Bau des World Trade Center Nummer 1 passen, weil er keine Investoren finden konnte. Mittlerweile war der Druck zur Neubebauung von Ground Zero jedoch derartig gestiegen, dass die öffentliche Hand Silverstein das Projekt für viel Geld aus der Hand nahm.
Das gleiche Schauspiel vollzog sich 2010, als Silverstein die Port Authority um eine weitere Milliarde an Subventionen und Steuererleichterungen anpumpte, um den Turm Nummer vier zu bauen. Sowohl im World Trade Center Nummer 1 als auch in der Nummer 4 sind noch immer Zehntausende von Quadratmetern frei.
Silverstein appelliert stets an den Patriotismus seiner Geldgeber. Mittlerweile will das kaum mehr jemand hören. Bei der Eröffnung des World Trade Center 1 und der Gedenkstätte werden wohl dennoch reichlich Fahnen geschwenkt werden. Darüber, dass in den Türmen viele Stockwerke leer stehen, wird an diesem Tag kaum jemand sprechen. Denn dann müsste man darüber nachdenken, ob man das Areal nicht sinnvoller hätte nutzen können.