Diese Bank aus Stahl ist nicht nur zum Sitzen da. Auf der Gänsheide kann man sie auch digital nutzen. Über ein QR-Code gelangt man auf die eigene Facebook-Seite des gespendeten Ruheplatzes. Wer schafft es, sein Handy dort stecken zu lassen und sich der Aussicht hinzugeben? Unser Kolumnist hat es versucht.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Sich auf eine Bank zu setzen kann gemütlicher sein, als einer Bank seine Ersparnisse anzuvertrauen. In der Hektik der Großstadt tun Ruheplätze gut, mit Aussicht noch viel besser. Trotz Haushaltsüberschuss reichen in Stuttgart die Ersparnisse wohl nicht, um Geld an Banken abzuführen, halt, nein, an Bänke. Im Plural wird der Unterschied zwischen einem Geldinstitut und einer Sitzbank rasch klar. Weil die öffentliche Hand zu wenig für Plätze zum Verschnaufen tut, springen immer mehr private Spender ein.

 

Die Initiative „Die Sitzbank – Denkmal der Erinnerungen“ – von ihr stammen über 70 Bänke in Stuttgart und der Region – hat ein modernes Exemplar zum Verweilen auf der Gänsheide unterhalb der Bosch-Villa aufgestellt, bei der Straußstaffel – nicht nur mit Superblick aufs Neckartal, sondern auch zur digitalen Verwendung. Es ist die Bank mit der Nummer #69. Willkommen in der Neuzeit! Diese Stahlbank verfügt über eine eigene Facebook-Seite. „Rumsitzen, das können die Pressefritzen“, postet ein Kollege.

Die neue Stahlbank ist härter, aber rostfrei und langlebig

Kürzlich hat er die Moosbank im Bohnenviertel getestet. Unsereins hockt nun nicht auf Moos, sondern auf Stahl. Holzbänke werden nach und nach ausgetauscht, weil sie oft zerstört sind. Die Spender kaufen verzinkten Edelstahl, der etwas härter ist, vielleicht ein bisschen kalt, aber formschön, diebstahlsicher, rostfrei und langlebig.

Über den QR-Code, der samt Sponsorenname auf dem Werbeschild der Bank abgebildet ist, kommt man mit dem Smartphone zu Facebook, kann Postings anschauen, neue hinzufügen, seine Gedanken aufschreiben beim Blick in die Ferne – ganz ohne Bankgeheimnis. Mein Eintrag lautet: „Super Aussicht, die Stadt liegt dir zu Füßen, kein Mensch in der Nähe, nur der Geist von Bosch schwebt über dir.“

Robert Bosch hat wenige Meter dahinter vor über 100 Jahren sein Wohnhaus bauen lassen. Der Park ist von Mauern umgeben, für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Heute arbeitet die Bosch-Stiftung an diesem tollen Platz und vermeidet die Bezeichnung „Bosch-Villa“ tunlichst. Immer nur vom „Bosch-Wohnhaus“ ist die Rede, das dennoch ein im italienischen Stil erbauter Palazzo ist.

Eine Stahlbank kostet 1290 Euro

Gründer Bosch war bekannt für sein soziales Engagement. Bestimmt würde ihm die Charity-Bank unweit seines Hauses gefallen.

Auf die Idee zum Bänkespenden kamen die Brüder Michael und Holger Eckert, bekannt durch Benefizprojekte beim Schäferlauf in Markgröningen. Sie lieben’s hochwertig. 200 von Hand verschweißte Nähte und edler Stahl sollen dafür sorgen, dass die Bank zur bleibenden Erinnerung wird. Laut Webseite www.diesitzbank.de kostet so eine Bank 1290 Euro. Wer eine spendet, tut noch mehr: 100 Euro davon gegen an wohltätige Zwecke. Markus Stammberger, Optiker aus Ludwigsburg, hat die Bank auf der Gänsheide bezahlt. „Dieser Aussichtsort ist wenig bekannt“, sagt er. Beim Spaziergang mit Frau und Tochter hat er ihn entdeckt. Man kann direkt auf Bad Cannstatt schauen, wo der Vater des Spenders geboren ist.

Hinterm Bosch-Haus sitzt man meist allein. Es scheint, als sei man fern der Welt – und ist via Facebook doch vernetzt in ihr. Wer hier hockt, ist selber schuld, wenn er nur aufs Display starrt und schreibt.

Man kann es als Meditation sehen: Bist du stark genug, dein Smartphone stecken zu lassen und dich der einzigartigen Aussicht hinzugeben?