Gegen Angst vor Klausuren kann man etwas tun. Entpannungsübungen helfen. Doch was macht man bei Aufschieberitis? Eine Psychologin aus der Beratungsstelle weiß Rat.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart/Heidelberg - Julia Günter kann nachts vor Nervosität kaum schlafen. Wenn sie an ihre anstehenden Prüfungen denkt, bekommt die Lehramtsstudentin Panikattacken. Während einer Abiprüfung hatte sie einen Blackout und konnte sich damals plötzlich nicht mehr an den gelernten Stoff erinnern. Was, wenn ihr das nun während der Prüfung wieder passiert?

 

Auch Maximilian Schwer hat Schlafstörungen, aber aus einem anderen Grund. Ihn plagen nachts Gewissensbisse. Er muss eigentlich lernen, kann sich aber nicht motivieren. „Ich schaffe es einfach nicht, mich hinzusetzen“, erzählt der Student aus dem dritten Semester. Eigentlich müsste er sich dringend aufraffen, weil er gleich zwei Prüfungen wiederholen muss.

Sport hilft, um Stress abzubauen

Julia Günter und Maximilian Schwer sind zwei Studierende, die in ihrer Not die psychologische Beratungsstelle des Studierendenwerks Stuttgart aufgesucht haben. Beide Fälle sind anonymisiert. Es seien typische Beispiele von Studierenden, die zu ihr kommen, sagt die Psychologin Petra Kucher-Sturm, die gemeinsam mit ihrem Mann Studierende von zwölf Hochschulen betreut. Bei ihr nehmen die Besucher in bequemen, tiefen Sesseln Platz. Die Wohlfühlatmosphäre ist gewollt. Schließlich sollen die Studierenden loslassen.

Doch was rät sie bei Prüfungsangst? „Man kann etwas tun, aber das braucht Zeit“, sagt die Psychologin. Wenn die Prüfung schon in zwei Wochen sei, sei es natürlich schwerer. Sich körperlich abzureagieren, helfe. „Stresshormone werden durch Bewegung abgebaut“, erklärt sie. Außerdem empfiehlt sie, Entspannungstechniken zu erlernen und diese auch zu üben. Entsprechende Kurse gebe es zum Beispiel an der Volkshochschule (siehe Infokasten), oder man besorgt sich eine CD für zuhause.

Mit Kommilitonen zum Lernen verabreden

Im Fall von Erledigungsblockaden müsse man Anreize schaffen, um früher anzufangen, sagt Petra Kucher-Sturm. Sie nennt zuallererst kleinere Lerneinheiten, damit der Berg nicht so hoch wirkt. Außerdem sollte man sich jeweils kleine Belohnungen überlegen. „Vielen hilft auch, sich zu verabreden“, sagt die Psychologin. „Das hat eine größere Verbindlichkeit.“ Man müsse dafür nicht das gleiche Thema bearbeiten.

Zu Petra Kucher-Sturm kommen Studierende aus allen Fachsemestern. Studienanfänger belaste oft, sich ins Unileben einzufinden oder damit zurecht zu kommen, alleine zu leben. Wer noch zu Hause wohnt, habe zum Teil Schwierigkeiten, soziale Kontakte zu knüpfen. Andere Ratsuchende haben Zweifel, ob sie das richtige studieren, meinen aber, sie müssten es unbedingt durchziehen. Hier könne das Ergebnis einer Beratung auch der Abbruch beziehungsweise Fachwechsel sein. Studenten, die vor dem Examen stehen, hätten wiederum zum Teil Schwierigkeiten, die Abschlussarbeit zu schreiben oder machten sich Sorgen, was nach dem Studium kommt. Dass Studierende auf leistungssteigernde Mittel zurückgreifen und dies auch offen ansprechen, hat die Psychologin nur ein Mal erlebt. Ein Student, der im Austausch in den USA war, wollte von ihr wissen, wie er nun an Ritalin kommt.

Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten

Prüfungen sind das eine, Hausarbeiten das andere. Auch sie bereiten vielen Studierenden Probleme. Das wissenschaftliche Arbeiten sei den Studenten früher – vor der Umstellung auf Bachelor und Master – intensiver vermittelt worden, ist der Eindruck von Benno Homann, der die „Lange Nacht der (aufgeschobenen) Hausarbeiten“ an der Unibibliothek Heidelberg organisiert. Dieses Event findet zeitgleich an vielen Universitäten in Deutschland statt. Die Lange Nacht soll für Studierende ein Anreiz sein, endlich loszulegen.

Wer will, kann tatsächlich vor Ort schreiben. Es gibt auch Tipps von Experten für Fragen wie: Wie finde ich gezielt Literatur zum Thema? Wie komme ich in den Schreibfluss? Viele dächten, sie seien Einzelkämpfer, diese Mentalität habe sich noch verstärkt, meint Homann, der auch Fachreferent für Pädagogik und Psychologie ist. Wie Petra Kucher-Sturm empfiehlt er, sich mit Kommilitonen zu verabreden. In der Uni-Bibliothek in Heidelberg kann man auch Gruppenarbeitsräume reservieren, um gemeinsam zu arbeiten.

Entspannungstechniken

PME
Bei der progressiven Muskelentspannung nach Edmung Jacobson (PME) soll durch das bewusste An- und Entspannen bestimmter Muskelgruppen ein Zustand tiefer Entspannung erreicht werden. Es wird in bestimmter Reihenfolge vorgegangen, um eine bessere Körperwahrnehmung zu erreichen.

AT
Mithilfe des Autogenen Trainings, das vom Psychiater Johannes Heinrich Schultz aufbauend auf der Hypnose entwickelt wurde, soll durch Autosuggestion ein ruhiger Körperzustand erreicht werden. Die Grundstufe besteht aus sechs Übungen, darunter die Schwereübung („Der rechte Arm ist ganz schwer.“)

MBSR
Hinter dieser Abkürzung verbirgt sich die Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (Mindfulness-Based Stress Reduction), ein Programm, das oft in der Verhaltenstherapie eingesetzt wird. Yogastellungen gehören dazu, aber auch Meditation. Für alle Techniken gilt gleichermaßen: möglichst täglich üben