An den kreativen Hochschulen wie der Pop-, Film- oder Theaterakademie kommt es mehr auf echtes Können und Praxiserfahrungen an. Gute Schulnoten sind zweitrangig.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Stuttgart - Jura oder Popmusikdesign – für Johannes Stahnecker gab es nur diese beiden Extreme. Vier Semester studierte der 22-Jährige in Bonn Jura, dann kam die Zusage aus Mannheim und der gebürtige Stuttgarter warf die Gesetzesbücher über Bord. „Schon im Vorjahr hatte ich mich an der Popakademie beworben, aber eine Absage kassiert“, berichtet Johannes Stahnecker. Die Absage überraschte ihn wenig: „Die Bewerbung war halbherzig, und ich habe sie am letztmöglichen Tag abgegeben.“ Nach einem weiteren Jahr Jura festigte sich sein Plan, Popmusikdesign mit dem Schwerpunkt Singer/Songwriter in Mannheim zu studieren. „Ich habe mich tagelang in meinem Bonner Neun-Quadratmeter-Zimmer verkrochen und alles selbst aufgenommen“, berichtet Stahnecker. Für eine Bewerbung an der Popakademie muss man neben einem Lebenslauf auch praktische Arbeiten abgeben.

 

Ein paar Wochen später hatte Stahnecker die Einladung zum persönlichen Bewerbungsgespräch an der Popakademie im Briefkasten – wobei der Begriff Gespräch nicht ganz passend ist. „Am Morgen hatten wir eine theoretische Prüfung“, berichtet er. Vom Nachmittag an bis in den späten Abend hätten dann die Liveprüfungen stattgefunden. Als er an der Reihe war, musste er zunächst drei Lieder vorsingen, auf die er vorbereitet war. „Danach kam dann die Improvisation: Die Gesangsdozentin Annette Marquard rief mir verschiedene Genres zu, zu denen ich einen Text in verschiedenen Stimmungen singen sollte.“

Publikum ist bei der Aufnahmeprüfung dabei

Bei all dem hatte er ein Publikum. „Vor einem sitzen zwar nur etwa fünf Leute von der Popakademie, aber alle Liveprüfungen sind öffentlich.“ Stören tut das die meisten potenziellen Studienanfänger aber wenig: Die meisten hätten eine Band, sagt Stahnecker. „Auch ich war froh über jede weitere Person“, erinnert sich Johannes Stahnecker. So habe es sich weniger wie eine Prüfung, sondern mehr wie ein Konzert angefühlt. Pro Jahr werden etwa 30 Bewerber für Popmusikdesign zugelassen – er war einer von zehn, die für den Bereich Singer/ Songwriter eine Zusage erhielten.

Auch bei einer Bewerbung für die Filmakademie in Ludwigsburg sind gute praktische Arbeiten nötig für einen Studienplatz. „Wenn man sich für den Studiengang Regie Szenischer Film bewirbt, muss man eine zehnminütige Arbeitsprobe zusätzlich zur klassischen Bewerbung abgeben“, sagt Beate Pfennigwerth vom Prüfungsamt der Filmakademie. Wenn die Bewerbung überzeugt und man mindestens zwölf Monate Praktika mitbringt, wird man zu einem Einzelgespräch mit einem Dozenten eingeladen. „Die Bewerber werden rund 15 Minuten zu ihrer Motivation und praktischen Erfahrung befragt“, sagt Pfennigwerth.

Wer auch hier brillieren kann, kommt in die finale Runde: „Die Bewerber bekommen ein Thema, zu dem sie einen Film realisieren sollen – innerhalb von 72 Stunden.“ Im vergangenen Jahr war die Aufgabe, eine Familiensituation filmisch darzustellen, die erhebliche Auswirkung auf das weitere Leben hatte. Danach werden die Bewerber von insgesamt zehn Dozenten bewertet. Daraus ergibt sich ein Ranking, und maximal acht Bewerber erhalten eine Zusage. Pro Jahr erhält die Filmakademie etwa 800 Bewerbungen auf 90 Plätze.

Theaterakademie nimmt nur wenige Studenten auf

Deutlich weniger Plätze gibt es an der Akademie für Darstellende Kunst in Ludwigsburg: rund 20 sind es. In dem größten Studiengang Schauspiel würden pro Jahr zehn Erstsemester aufgenommen, so Claudia Valet vom Studentensekretariat. „Wir bekommen aber etwa 500 Bewerbungen – nur für diesen Studiengang“, berichtet sie.

Bereits im März findet das erste Vorsprechen statt, danach wird ausgesiebt. Wer es in die zweite Runde schafft, muss im Mai zum zweiten Vorsprechen. In den Studiengängen Regie und Dramaturgie variiert die Zahl der Neulinge: Maximal sind es jeweils vier pro Studiengang. Wer sich für Regie bewirbt, muss an einem zweitägigen Workshop teilnehmen, in dem die Bewerber Inszenierungsarbeiten präsentieren müssen. Dramaturgiestudenten müssen ein geisteswissenschaftliches Erststudium vorweisen können und sich in einem Prüfungsgespräch behaupten.