Die Nachfrage nach Studienplätzen für Pflegekräfte ist an den Hochschulen unterschiedlich. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer macht sich für einen Ausbau stark, doch noch fehlt die Finanzierung.

Stuttgart - Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) hält mehr Studienplätze für Gesundheitsberufe für notwendig. Allerdings fehlt es an der weiteren Finanzierung. „Wir sehen die Verstetigung der eingerichteten Studiengänge sowie den weiteren Ausbau der Studienkapazitäten aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung als wichtig an“, antwortet Bauer auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Petra Häffner.

 

In der Antwort, die unserer Zeitung vorliegt, erklärt Bauer weiter, „Baden-Württemberg sollte seine Vorreiterrolle im Bereich der Akademisierung der Gesundheitsberufe behalten“. Jedoch sei für den weiteren Ausbau ein Beschluss der Landesregierung sowie die Sicherstellung der Finanzierung erforderlich. Mehr Studienplätze für Pflegefachkräfte, Hebammen oder Physiotherapeuten sind vor allem den Grünen ein Anliegen. Der Koalitionspartner CDU ist im Vergleich eher zurückhaltend.

Programm läuft seit 2015

Gegenwärtig läuft im Südwesten ein Programm „Akademisierung der Gesundheitsfachberufe“. 775 Studienanfängerplätze werden damit gefördert. Dafür stellt die Landesregierung von 2015 bis 2020 jährlich rund zehn Millionen Euro zur Verfügung. Die Mittel für die erste Förderrunde sind Bauer zufolge vollständig verplant.

Besonders gefragt sind Studienplätze für Physiotherapie. Die Bachelorplätze an der SRH Hochschule Heidelberg und an der Hochschule Furtwangen waren im Wintersemester 2017/18 voll ausgelastet. Für die angewandten Hebammenwissenschaften meldet die Duale Hochschule (DHBW) Stuttgart eine Auslastung von 113 Prozent. Stark gefragt sind auch Studiengänge in Pflegewissenschaften zum Beispiel an der Uni Freiburg oder der DHBW Stuttgart.

Schwankende Nachfrage

Allerdings schwankt die Nachfrage erheblich, wie aus der Auflistung des Ministeriums hervorgeht. An der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd sind demnach erst 20 Prozent der Pflegestudienplätze belegt, an der evangelischen Hochschule Ludwigsburg sind es 31 Prozent.

Die Ministerin erklärt, die Auslastung liege „insgesamt im Rahmen des Üblichen“. Bei neuen Studiengängen könne es durchaus einige Semester dauern, bis diese bekannt seien und angenommen würden. Bleibe die Auslastung gering, analysiere das Ministerium zusammen mit den Hochschulen die Gründe und versuche, gegenzusteuern

Es sei „gelungen, die Akademisierung der Gesundheitsberufe einen großen Schritt voranzubringen“, betont Theresia Bauer. Für den Ausbau bedürfe es weiterer Fördermittel. „Seien Sie versichert, dass wir uns für dieses wichtige Thema mit großer Vehemenz einsetzen“, verspricht Bauer der Antragstellerin Häffner.

Gebührenfreie Qualifikation

Auch diese lobt das Programm. „Es bietet den angehenden Gesundheitsexperten eine zusätzliche akademische Qualifikation ohne zusätzliche Gebühren“, betont Häffner. Bisher sei ein entsprechendes Studium nur über gebührenpflichtige private Hochschulen möglich gewesen. „Die Bevölkerung wird älter und pflegebedürftiger, die Aufgaben der Fachkräfte werden komplexer“, sagt die ausgebildete Physiotherapeutin.

Zehn bis 20 Prozent der Auszubildenden in den Therapie- und Pflegeberufen sollten studieren und einen Bachelorabschluss machen. Das entspreche den Empfehlungen des Wissenschaftsrats. Die Grünen regen an, auch Studienplätze für Ergotherapie und Logopädie einzurichten. Die Einbeziehung dieser Bereiche will Ministerin Bauer „bei einer zweiten Ausschreibungsrunde in jeden Fall“ prüfen.

Fachkräfte fehlen

Schon heute mehren sich die Klagen über den Pflegenotstand im Land. Die IHK legt Zahlen vor, nach denen bereits 10 000 Fachkräfte in der Pflege fehlen. Bis 2027 könnten es sogar 63 000 sein. Nach einer Modellrechnung des Statistischen Landesamts könnte die Zahl pflegebedürftiger Menschen in Baden-Württemberg von jetzt 328 000 bis zum Jahr 2030 auf 402 000 Menschen steigen.

Thaddäus Kunzmann, der Demografiebeauftragte in Baden-Württemberg hat in unserer Zeitung bereits davor gewarnt, der Anspruch von heute sei in der Pflege in 30 Jahren nicht mehr einzuhalten.