Am Montag wird Helmut von Eiff in Göppingen verabschiedet. Der Mechatronik-Professor der Hochschule Esslingen hat das Bildungshaus für Naturwissenschaft und Technik in Göppingen mitbegründet. Es ist wohl das erste dieser Art im Land.

Göppingen - Von seinem Abschied hatte Helmut von Eiff eine ganz klare Vorstellung. An seinem letzten Tag an der Göppinger Dependance der Esslinger Hochschule wollte der Professor an der Fakultät für Mechatronik und Elektrotechnik eigentlich „mit jedem, der mich besucht, ein Glas Wein und einen Schnaps trinken“. Dafür hätte es auf alle Fälle eine – auf gut Schwäbisch – Saukuttel gebraucht. Die hat der Süßener von Eiff zwar. Das hat der Mitinitiator des NwT-Bildungshauses in 42,21 Jahren im öffentlichen Dienst, aber auch bei sieben Marathonläufen und einigen Radmarathons bewiesen. Die Hochschulleitung fand die Idee trotzdem nicht so berauschend.

 

Fast genau einen Monat vor seinem 68. Geburtstag wird am Montag also Helmut Eiff von seiner Hochschule in Göppingen offiziell verabschiedet. Es wird eine Laudatio geben und eine Dankesrede. Dabei wird man zurückbleiben auf die Leistungen eines Ingenieurs und Hochschullehrers, der mit warmen Worten über seinen Beruf spricht und dabei leuchtende Augen kriegt. „Jungen Menschen etwas beizubringen, das ist eine sehr schöne Sache“, sagt er. „Ich fühle mich wohl im Hörsaal.“ Vor seiner Professur hat er mehr als 17 Jahre an der Universität Stuttgart vor allem geforscht – und dann gemerkt: „Es ist die Lehre, die mich antreibt.“ Das hat sich herum gesprochen, 2003 ist von Eiff mit dem Landeslehrpreis ausgezeichnet worden.

Die Göppinger Schüler-Akademie ist die größte im Land

Dabei sind seine Schüler immer jünger geworden, er arbeitet längst nicht mehr nur mit Studenten. Vor 15 Jahren ging in Göppingen die Schüler-Ingenieur-Akademie an den Start. Damals war sie zweite, heute ist sie die größte im Land. Seitdem tüfteln jeden Freitagnachmittag 60 Elftklässler in Gruppen an technischen Lösungen – und zwar selbstständig, das ist von Eiff wichtig. Vor zwei Jahren sollten die Jugendlichen ein Bobbycar zum Elektroflitzer umbauen. Als nächstes soll das elektrische Bobbycar autonom werden: es soll alleine einparken, Hindernisse erkennen und anderen Fahrzeugen folgen können.

„Die erste Frage ist immer: Wie soll das gehen? Dann sage ich, das weiß ich doch nicht, das ist deine Aufgabe“, erzählt von Eiff und schmunzelt. Es gibt Lastenhefte, Gruppenleiter, Chefbesprechungen, finanzielle Vorgaben – ansonsten dürfen die Jugendlichen selber alles machen, was technisch zum Ziel führt. „Das ist direkte Werbung für den Ingenieur-Beruf und für unseren Hochschulstandort“, sagt von Eiff.

Schon im Kindergarten Kinder für Technik gewinnen

Dann war mal wieder Stadtfest in Süßen. Das organisiert von Eiff mit, und er kam mit der Leiterin des Kindergartens in der Kuntzestraße ins Gespräch. „Auf der Bierbank haben wir ausgemacht: Wir machen was Technisches mit den Kindern.“ Zusammen mit einigen Studenten kam Helmut von Eiff also in den Kindergarten – zum Spielen, wie der Professor es formuliert. Zur Technikvermittlung, wie es weitaus unschöner ansonsten genannt wird.

Auch die Bierbank-Idee vom Technolino hat sich herum gesprochen. Am Ende besuchten er und sein Team alle sechs Süßener Kindergärten, dann kamen noch mal sechs in der Umgebung dazu. 2014/2025 kamen schon 500 Kindergarten-Kinder zum Technolino-Studium an die Hochschule. Und schon wieder gab es neue Ideen. Man müsste Erzieherinnen technisch schulen! Man könnte eine Pfiffikus-Akademie für hochbegabte Kinder gründen. Die baden-württembergischen Lehrer, die das neue Unterrichtsfach Naturwissenschaft und Technik (NwT) unterrichten sollen, haben selber technische Nachhilfe nötig! Der technische Part für das Lehrerstudienfach NwT könnte in Göppingen gelehrt werden!

Die Projektarbeit endet, die Begeisterung nicht

Das alles ist bereits Realität. Und diese Projekte waren die Basis für das NwT-Bildungshaus, das Helmut von Eiff zusammen mit seinem Kollegen Wolfgang Coenning initiiert hat und seit der Eröffnung im Oktober 2015 betreibt. „Ich bin kein Überflieger“, sagt der 67-Jährige, der in Süßen geboren und aufgewachsen ist. „Aber ich bin fleißig und zielstrebig. Und ich kann gut organisieren.“ Also hat er organisiert, Kontakte geknüpft, Förderanträge geschrieben, Stiftungsgeld aufgetrieben.

Das wird er künftig nicht mehr tun. „Keine Sachzwänge mehr zu haben wird mein Leben verändern“, sagt Helmut von Eiff. Er hat seiner Frau Renate, mit der er seit bald 42 Jahren verheiratet ist, versprochen, keine eigenen Projekte mehr zu übernehmen. Aber im Bildungshaus will er noch eine Weile mitarbeiten: Da kann man nämlich wirklich gut spielen.

Das Bildungshaus soll für Technik begeistern

Das Bildungshaus für Naturwissenschaft und Technik (NwT) ist im Oktober 2015 auf die Initiative von Wolfgang Coenning und Helmut von Eiff hin eröffnet worden. In der Vorderen Karlstraße 74 in Göppingen werden seitdem Kleinkinder, Schüler, Studenten, angehende Erzieher und Lehrer auf 750 Quadratmetern für Technik begeistert. Es ist das erste seiner Art im Land und soll helfen, den Nachwuchsmangel bei technischen Berufen zu beheben.

Das Bildungshaus wird gefördert von der Stadt Göppingen, dem Industrieverband Südwestmetall sowie der Vector-, der Gips-Schüle-, der Karl-Schlecht- und der Jugendstiftung der Kreissparkasse Göppingen. Zusammen haben sie 250 000 Euro bereit gestellt, die den Betrieb drei Jahre sichern. Von März an werden drei Halbtageskräfte die Einrichtung verwalten und mit Kindern arbeiten. Zudem wird überlegt, einen Förderverein zu gründen.