Die Evangelische Hochschule Ludwigsburg hat eine Navi-App für den Campus vorgestellt. Sie soll vor allem behinderten Menschen helfen. Wie funktioniert das?

Ludwigsburg - Für den Campus der Evangelischen Hochschule (FH) Ludwigsburg gibt es eine eigene Navi-App. Eine Google Maps im Kleinen. Den digitalen Wegweiser kann sich jeder auf das Smartphone laden. Die Applikation hilft, sich auf dem Areal am südlichen Rand der Stadt und in den Gebäuden zu orientieren. Der Rektor Professor Norbert Collmar und die Professorin Simone Danz haben das Wegeleit-System nun vorgestellt. Die Behinderten-Beauftragte des Landkreises war bei der Feierstunde anwesend. Claudia Lychacz hat in der Aula eine Rede gehalten und das verweist darauf, dass es sich um ein Inklusionsprojekt handelt. Lychacz hat selbst eine Sehbeeinträchtigung und hat bei dem Projekt mitgearbeitet. „Inklusion ist ein Menschenrecht“, betonte sie. Das habe die Konvention der UN für die Belange behinderter Menschen ein für alle Mal festgestellt.

 

Hochschule hat eine „Enthinderungsordnung“

Die Hochschulleitung hat den 14. Oktober für ihre Präsentation bewusst gewählt, denn das Datum war der Welttag des Sehens. Mit dem offiziellen Charakter der Veranstaltung wollte die FH auf „die Bedeutung des Sehvermögens sowie auf die Situation blinder und sehbehinderter Menschen aufmerksam machen“. An der FH kann man unter anderem Inklusive Pädagogik und Heilpädagogik studieren. Simone Danz ist neben ihrer Professur „Enthinderungsbeauftragte der FH“, wie sie es nennt. Die Hochschule hat folgerichtig eine „Enthinderungsordnung“. Danz betont: „Inklusion beginnt in den Köpfen der Nichtbetroffenen, die die Bedürfnisse behinderter Mitmenschen im Voraus im Blick haben.“ Die Hochschule sieht das neue Inklusive Wegeleitsystem als „einen Beitrag zur Menschenrechtsbildung“. Das Wege-Leitsystem solle zeigen, dass „Teilhabe-Ermöglichung immer allen zugutekommt“ – behinderten und nichtbehinderten Menschen.

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Mit der Smartphone-App sollen sich Menschen mit und ohne Augenlicht in und zwischen den Gebäuden am Campus Ludwigsburg ohne fremde Hilfe zurechtfinden. Das System nützt ebenso denen, die sich am Campus nicht auskennen, oder allen, die mit Geh-Hilfen, Rollstuhl oder mit dem Rad stufenfrei am Campus unterwegs sein wollen. Das System bietet Kartenmaterial für Gebäude, für Stockwerke und für Räume. Es weist Büroräume der Hochschulmitglieder aus und zeigt das Routennetz aus gangbaren Pfaden zu gewählten Zielpunkten. Zudem liefert die App standortbasierte Hinweise, wenn Nutzer einen bestimmten Gebäudebereich oder ein Stockwerk betreten. Alle Hinweise können per Sprachausgabe abgerufen werden. Die Stimme aus dem Smartphone führt nicht nur in die Hörsäle, Mensa, zu den Toiletten, sondern auf Wunsch auch zu einer Kaffeemaschine. Ein wichtiger Menüpunkt sind die Hinweise zu den barrierefreien und nicht barrierefreien Ausgängen.

Bürgerstiftung Ludwigsburg beteiligt

An der Finanzierung dieses Projekts ist die Bürgerstiftung Ludwigsburg beteiligt. Die App selbst hat nach Angaben von Simone Danz 7500 Euro gekostet. Die technische Basis lieferte die Firma contagt in Mannheim. Ihr Geschäftsführer Johannes Britsch hat in einem Videobeitrag eine Einführung in die Nutzung der App gegeben. Das Unternehmen hat Erfahrung mit Barrierefreiheit. Es hat für das Projekt „Stadtführung für Alle“ mit der Stadt Reutlingen den zweiten Platz beim Bundesteilhabepreis 2020 erzielt. Aber eine gelungene Programmierung ist nicht alles. Denn jede Topografie und Bebauung hat ihre versteckten Tücken. Daher müssen viele Vor-Ort-Kenntnisse in das Programm eingearbeitet werden. Viel ehrenamtliche Zeit haben Studierende der Hochschule in die Entwicklung investiert. Eine Absolventin, die Rollstuhlfahrerin ist, hat geholfen herausfinden, ob die App Barrieren erkennt und Alternativen vorschlägt.