In vielen Studiengängen wird mit den Matheklausuren gesiebt. Viele brechen deswegen ihr Studium ab. In Baden-Württemberg wollen Lehrer und Dozenten die Schüler besser vorbereiten. An der Hochschule Esslingen haben sie ihre Empfehlungen vorgestellt.

Esslingen - Mathematik hat hierzulande keinen guten Ruf – es gilt bei vielen Menschen als „Killerfach“. Dabei sind in vielen wirtschaftswissenschaftlichen, technischen und naturwissenschaftlichen Studiengängen fundierte mathematische Kenntnisse unabdingbar. Umso bedauerlicher ist, dass viele Studenten hier keinen Abschluss schaffen, wobei sie meist an Mathe scheitern. Daher gab es auch über viele Jahre hinweg gegenseitige Vorwürfe: Die Schulen klagten über die hohen Anforderungen, welche die Hochschulen stellen; und die Hochschulen beschwerten sich, dass die Schulen vor allem in Mathe die künftigen Studenten nur unzureichend ausbilden würden.

 

Dies will die Arbeitsgruppe Cosh (Cooperation Schule-Hochschule) ändern. Sie hat nach mehr als zwölfjähriger Arbeit einen Mindestanforderungskatalog Mathematik vorgelegt und diesen jetzt an der Hochschule Esslingen mit Lehrern, Hochschullehrern, Ministeriumsvertretern und Politikern diskutiert. Erklärtes Ziel dieser auf privatem Engagement aufgebauten Initiative ist, dass Schulen und Hochschulen nicht mehr übereinander, sondern miteinander reden – und die Ergebnisse dieser Gespräche dann auch umgesetzt werden und in konkrete Verbesserungen münden.

Diese sind auch dringend erforderlich, wenn die teilweise hohen Abbrecherquoten gesenkt werden sollen. Bei den Bauingenieuren etwa lagen sie zuletzt an den Universitäten bei rund 50 Prozent und bei den Hochschulen für angewandte Wissenschaften bei einem Drittel, wie Klaus Dürrschnabel von der Hochschule Karlsruhe berichtete. Und 44 Prozent der Studienabbrecher fühlten sich schlecht auf ihr Studium vorbereitet. „Erschreckende Ergebnisse“, wie der Mathematikprofessor und Mitinitiator von Cosh findet. (Weitere Zahlen in diesem PDF des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung)

Studienanfänger sollen besser beraten werden

Rita Wurth vom Beruflichen Gymnasium Mettnau-Schule in Radolfzell erläuterte, wie der von Cosh erarbeitete Anforderungskatalog die Situation verbessern soll. In diesem Katalog sind die erforderlichen mathematischen Kompetenzen festgehalten – von der Prozentrechnung bis zu linearen Gleichungssystemen. Dazu sollen Beispielaufgaben anschaulich den Leistungsumfang aufzeigen. Nach Vorstellungen von Cosh sollen die Hochschulen den Katalog – „und nicht mehr“ – als Basis für die Studienanfänger akzeptieren. Die Anfänger wiederum sollen dafür sorgen, dass sie die Anforderungen erfüllen. Dabei wiederum müssen ihnen sowohl die Schulen als auch die Hochschulen helfen.

Dies allerdings ist gar nicht so einfach. Insbesondere wenn bei verschiedenen beruflichen Zugangsmöglichkeiten zum Hochschulstudium schlicht Mathestunden fehlen, müssen diese nachgeholt sowie mehr Übungsstunden abgehalten werden. Auch an den Hochschulen können Übungs- und Vertiefungskurse helfen.

Das alles aber kostet Geld – und da wird es bekanntlich schwierig. Das wurde auch auf der abschließenden Podiumsdiskussion mit Bildungspolitikern von Grünen, SPD, CDU und FDP sowie Vertretern aus Wirtschaft und Hochschulen deutlich. Dabei wurde immer wieder für eine bessere Beratung geworben wie auch für die duale Berufsausbildung. Zudem wurde gemahnt, doch mit Note „Vier“ in Mathe kein Fach zu studieren, wofür mathematische Kenntnisse nötig seien. Hier erinnerte indes Bastian Kaiser, der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz der Hochschulen für angewandte Wissenschaften, daran, dass auch Technikbegeisterung und Kreativität wichtig seien und man deshalb begeisterten Studenten bei Matheproblemen helfen müsse.

Konkrete Hilfen boten die Politiker und Ministeriumsvertreter an diesem Abend nicht an. Aber die Erkenntnis, wie groß dieses Problem ist und dass man es ernsthaft angehen muss, wurde immer wieder deutlich. „So weit wie heute Abend war Cosh noch nie“, stellte dann auch Bastian Kaiser am Ende der Veranstaltung fest.