An Elbe und Oder dürften die Pegelstände weiter steigen. In den Nachbarländern beginnen die Menschen mit Aufräumarbeiten nach der Flut. Doch die Gefahr ist noch nicht überall gebannt.
Breslau/Dresden/Prag - Die Elbe in Sachsen steigt leicht, vorsichtige Entwarnung gibt es dagegen entlang anderer Flüsse im Osten und Süden Deutschlands. In Dresden ist die Elbe am Mittwoch über die Marke von sechs Metern gestiegen. Weiter nördlich blickt Brandenburg sorgenvoll auf die Oder, die in den nächsten Tagen mehr Wasser bringen dürfte. In den Hochwassergebieten von Polen über Tschechien bis nach Österreich entspannt sich die Lage nur langsam. An einigen Orten steigt das Wasser der Flüsse noch.
In Sachsen meldeten die Behörden zumindest für die kleineren Flüsse wie Spree, Lausitzer Neiße und Schwarze Elster im Osten des Landes sinkende Pegelstände. Für die Elbe prognostizieren die Hydrologen für die nächsten Tage: "die Richtwerte der Alarmstufe 4 werden an keinem sächsischen Elbe-Pegel erreicht". Für den Donnerstagvormittag rechnen sie mit der Ankunft "eines sehr langgestreckten Hochwasserscheitels".
Stufe 3 bedeutet zum Beispiel, dass bebaute Flächen und Straßen überschwemmt werden können. Am Nachmittag bewegte sich der Pegelstand Dresden bei 6,06 Meter (15.45 Uhr), der Normalwert liegt bei unter zwei Metern.
In Alarmbereitschaft sind auch die Behörden in Brandenburg. Nach der Prognose des Landesamtes für Umwelt wird bei dem Ort Ratzdorf, wo die Oder zuerst brandenburgisches Gebiet erreicht, in den nächsten Tagen die höchste Alarmstufe 4 mit einem Wasserstand von um die sechs Meter erreicht.
Anders die Lage in Bayern. Der Hochwassernachrichtendienst teilte mit, dank des erwarteten trockenen Wetters ende die Hochwasserlage. Nur an einzelnen Pegeln, zum Beispiel bei der Mündung der Isar in die Donau nahe Deggendorf, seien zwischenzeitlich noch leichte Anstiege der Stände zu erwarten. Danach sei damit zu rechnen, dass das Wasser zurückgehe - auch weil die Schneeschmelze in den Alpen "moderat" ausfallen soll.
In Mittel- und Osteuropa zwei Millionen Betroffene
Deutlich dramatischer ist die Lage in den Hochwassergebieten in Mittel- und Osteuropa. Nach Angaben von EU-Kommissar Janez Lenarcic waren zwei Millionen Menschen von den Überschwemmungen betroffen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will am Donnerstag in ein Hochwassergebiet in Polen reisen und dort mit Spitzenpolitikern der von den Überschwemmungen betroffenen Ländern sprechen. Dabei dürfte es nicht zuletzt auch darum gehen, wie viel Geld die EU bei der Beseitigung der Schäden beisteuern wird. Noch ist das ganze Ausmaß unklar. Insgesamt kamen bislang mehr als 20 Menschen ums Leben.
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen wies darauf hin, dass weltweit 21 Länder unter Wasser stünden, darunter in Westafrika, Ostafrika, und Südostasien. "Die Experten sind sich einig, der Klimawandel bringt den Wasserkreislauf weltweit durcheinander", sagte der Leiter des Berliner Büros, Martin Frick.
Österreich
In Österreich sind noch Zehntausende Einsatzkräfte mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Im besonders betroffenen Bundesland Niederösterreich sind 18 Orte noch immer nicht oder nur schwer zu erreichen. Die Polizei berichtete von Dieben und von Betrügern, die Hochwasser-Betroffenen Dienstleistungen zu überhöhten Preisen angeboten hätten. "Unglaublich, wie schnell Kriminelle die Notlage von Geschädigten ausnutzen", sagte ein Polizeisprecher.
Im öffentlichen Verkehr entspannt sich die Lage: Die wichtige Bahnstrecke von Wien Richtung München ist wieder eingeschränkt zu befahren und in Wien sind die U-Bahnen wieder in Betrieb. Die Regierung kündigte Hochwasser-Hilfsgelder von mehr als einer Milliarde Euro für Kommunen, Privatpersonen und Unternehmen an.
Tschechien
Im tschechischen Nordböhmen unweit der Grenze zu Sachsen blickten die Menschen noch mit Sorge auf die Elbe. In Usti (Aussig) sollen Barrieren und Sandsäcke das Stadtgebiet schützen. Im Osten des Landes begannen die Aufräumarbeiten.
Vielerorts bot sich den Helfern ein Bild der Zerstörung. Schlammmassen drangen in Geschäfte, Wohnungen und Schulen ein. Die Armee kam zum Einsatz. Trinkwasser und Stromgeneratoren wurden verteilt. Es gab Berichte über erste Plünderungen - es wurde mit hohen Strafen gedroht. Präsident Petr Pavel besuchte das Katastrophengebiet.
Polen
In Polen hat die Hochwasserwelle nun die Region nahe Breslau (Wroclaw) im Westen erreicht. In der Kleinstadt Olawa 26 Kilometer südöstlich der niederschlesischen Metropole betrage der Wasserstand derzeit 7,39 Meter und könne noch um fünf Zentimeter steigen, sagte Grzegorz Walijewski vom Meteorologischen Institut der Nachrichtenagentur PAP. Normal sind rund zwei Meter. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag werde die Flutwelle, die gegenwärtig Olawa bedrohe, Breslau erreichen.
Da in die Oder zwischen Olawa und Breslau noch mehrere Nebenflüsse münden, die ebenfalls viel Wasser führen, sei nicht ausgeschlossen, dass es in Breslau zu Hochwasser kommen werde, so der Experte. Der Pegelstand dort werde zwar nicht das Niveau von 1997 erreichen, doch die Flutwelle werde mindestens für anderthalb Tage anhalten. 1997 wurde die Stadt mit 630.000 Einwohnern zu einem Drittel überschwemmt.
Slowakei
In der Slowakei entspannt sich die Hochwassersituation langsamer als zunächst erhofft. In der Hauptstadt Bratislava stieg der Wasserstand am Mittwochnachmittag leicht auf 9,85 Meter an. Der normale Wasserstand liegt im Durchschnitt bei drei Metern.
Vor allem aus Richtung Österreich floss weiteres Regen- und Schmelzwasser heran. Eine akute Gefahr für das Stadtzentrum bestehe trotzdem nicht mehr, versicherten die Behörden.
Flussabwärts entlang der Grenze zu Ungarn steigt die Donau weiter. Dazu tragen auch die aus dem Norden der Slowakei kommenden Nebenflüsse bei.
Italien
Nach den Prognosen der Wetterdienste wird in weiten Teilen Italiens durch den Sturm "Boris" zumindest bis Freitag heftiger Regen bis hin zu Wolkenbrüchen erwartet. Der Meteorologe Lorenzo Tedici sagte am Mittwoch: "Wir werden mindestens 48 Stunden lang ein Unwetter erleben, das voll und ganz dem Herbst entspricht. Dieses Jahr sind die sintflutartigen Regenfälle ein wenig zu früh gekommen."