Mehrere Anrainer des Fischbachs in Sulzbach wehren sich gegen die Planungen des Wasserverbands Murr. Der genaue Standort für das Hochwasserrückhaltebecken soll im Herbst festgelegt werden. Doch der Widerstand firmiert sich bereits.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Sulzbach - Idylle pur direkt am Fischbach. Ungezählte Stunden Arbeit haben Brunhilde und Joao Freitas investiert, das Gartengrundstück am Ortsrand von Sulzbach ist der Rückzugsort der beiden Rentner aus aus Backnang. Vor gut 25 Jahren hatten sie nach einem Stückchen Natur gesucht. Die Tochter hat damals gesagt: „Der Garten soll aber an einem Bach oder Fluss.“ Keine einfache Aufgabe. Mit ein bisschen Glück hat die Familie tatsächlich ein Stückle am Ufer kaufen können, zwei Ortschaften weiter am Fischbach. Doch dieser Fischbach könnte nun zum Verhängnis werden. Die Gemeinde Sulzbach hat auf der Suche nach einem Standort für das vom Wasserverband Murrtal geplante Hochwasserrückhalte nämlich auch das Areal im Blick, auf dem das Gärtle der Familie Freitas liegt.

 

Noch sei nichts entschieden, mit diesen Worten versucht der Bürgermeister Dieter Zahn abzuwiegeln. Es seien mehrere Standorte in der Diskussion. In der engeren Wahl sind das besagte Gelände am Unterlauf des Fischbachs und ein Grundstück weiter oben am Fischbach. Der Gemeinderat werde sich frühestens im Herbst dieses Jahres festlegen, so Zahn. Anschließend sei der Wasserverband, dem auch Sulzbach angehört, am Zug. Erst danach könne das sogenannte Planfeststellungsverfahren eingeleitete werden.

Neun Meter hoher Damm am Ortsrand

Sollte das Becken mit einem bis zu neun Meter hohen Damm unten am Ortsrand gebaut werden, dann, sagt Frau Freitas, stehe ihr Grundstück bei Hochwasser, wenn das Becken geflutet wird, komplett unter Wasser. Alles wäre kaputt, die vielen liebevoll gesetzten Pflanzen, die Hütte, der Einstieg in den Bach. Auch die direkten Nachbarn sind stinksauer. Sie hätten erst kürzlich mit Genehmigung der Kommune eine nagelneue Hütte gebaut, schimpft Hilde Faas.

In Sichtweite zu den Gärten liegt der Bauernhof von Ralf Hübner. Auch der Landwirt wehrt sich gegen das geplante Rückhaltebecken. Sollte das Becken vor seiner Haustüre gebaut werden, dann wäre die geplante Erweiterung seines Fischbachhofs nicht mehr möglich. Bei Hochwasser könnte er seinen Stall nicht mal mehr erreichen. Er sei von der Kommune nie schriftlich informiert worden, geplant würde aber auf seinem Grundstück, kritisiert Hübner. Aus seiner Sicht sollte das Becken weiter oben am Flusslauf im Wald realisiert werden. Dort seien weniger Grundstückseigentümer betroffen. Sollte die Gemeinde für die Variante am Ortsrand stimmen, dann werde er über eine Klage nachdenken, sagt Hübner. Und Brunhilde Freitas erklärt: „Dann klagen wir auch.“

Landwirt Hübner sieht seine Existenz bedroht

Hübner sagt, für ihn gebe es auf lange Sicht nur zwei Möglichkeiten: den Hof, den seine Familie bereits in der vierten Generation führe, erweitern oder weichen. Bürgermeister Zahn hab ihm sinngemäß erklärt, dass er, Hübner, schuld sei, wenn die Gebäude in der Ortsmitte beim nächsten Hochwasser absaufen – weil er das Rückhaltebecken verhindere. Hübner sagt indes: Er sei doch gar nicht generell dagegen, nur gegen den Standort. Das Becken vor der Haustüre sei für ihn „existenzbedrohend“. Er rechne damit, dass sich 30 bis 40 Sulzbacher gegen den Standort wehren werden.

Bürgermeister Zahn erklärt auf Anfrage, dass es bei der Auswahl des Standorts für das Rückhaltebecken nicht nur um die Belange der Bürger und Grundstückseigentümer gehe, auch die Umweltschutzverbände müssten gehört werden. Es handele sich um einen Abwägungsprozess, und „der Wasserverband entscheidet“. Er persönlich habe allerdings „Sympathie für den oberen Standort“, jenen im Wald.

Die Kritik am neun Meter hohen Damm könne er nicht nachvollziehen, das Bauwerk werde sich gut in die Landschaft einfügen. Sollte indes unten gebaut werden, sagt Zahn, wären tatsächlich „ein paar Kleingärten betroffen“ – auch das Stückle, das die Besitzer auf einem handbemalten Schild das „Paradiesle Freitas“ nennen.