Luftballons, Einweggeschirr und lange Anfahrtswege: Große Feiern sind oft nicht gerade umweltfreundlich. Wie plant man Hochzeiten und andere Feste so, dass am Ende auch die Klimabilanz stimmt? Und was wird in Zeiten der Corona-Krise aus der Feier?

Stuttgart - Als Nora Müssig im Internet nach Ideen für eine nachhaltige Hochzeit suchte, stieß sie vor allem auf einen Tipp: Am besten gar nicht feiern. „Auf das Fest verzichten wollten wir nicht, aber wir dachten uns: Das muss doch auch anders gehen.“ Seit mehreren Jahren schon versuchen Nora Müssig, 26, und ihr Mann Marius, 27, so wenig Müll wie möglich zu produzieren und den ökologischen Fußabdruck klein zu halten. „Es wäre nicht stimmig gewesen, eine Hochzeit mit vielen Wegwerfartikeln zu feiern“, sagt Nora Müssig. Also wählten sie für das Fest im vergangenen März ein Gewächshaus in Stuttgart, buchten ein veganes Menü und füllten Glasfläschchen für Seifenblasen. „Die Stimmung war total schön.“

 

Für immer mehr Paare spielen Nachhaltigkeit und Klimaschutz beim Heiraten eine Rolle, heißt es vom Bund deutscher Hochzeitsplanerinnen – auch wenn das Thema nach wie vor eher noch eine Nische einnehme. „Viele berücksichtigen nachhaltige Aspekte zumindest in einzelnen Bereichen der Planung“, sagt Jacqueline Deininger, Hochzeitsplanerin aus Lichtenstein bei Reutlingen; zum Beispiel bei einer Dekoration ohne Plastik oder bei vegetarischem Catering aus der Region. Für Jacqueline Deininger ist das Thema ein persönliches Anliegen: „Beim Aufräumen nach der Feier sehe ich oft viel Plastikmüll. Das ist vielen gar nicht so bewusst.“

Wer Nachhaltigkeit und Klimaschutz bei der Hochzeit, Familienfeier oder Geburtstagsparty berücksichtigen will, kann also an vielen einzelnen Punkten ansetzen. So wird das Fest ganz leicht ein bisschen grüner.

1. Location und Papeterie

„Es beginnt schon bei der Wahl des Veranstaltungsortes“, sagt Jacqueline Deininger. Wichtig sei da vor allem der Aspekt der Anfahrt. Liegt die Location so, dass für alle Gäste eine weite Anreise nötig ist? Oder klappt es vielleicht, den Ort mit öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Fuß zu erreichen – zumindest von Gästezimmern und Hotels aus? Um die Gäste zu informieren, können Einladungskarten auf Recyclingpapier gedruckt werden. Einige Druckereien setzen auch auf klimaneutralen Druck – etwa die Grasdruckerei in Stuttgart oder die Umweltdruckerei in Hannover.

2. Essen und Party-Geschirr

Ein guter Tipp sei es, beim Catering für die Feier auf einen biozertifizierten Anbieter zu achten und darauf, dass das Essen regional und saisonal ist, empfiehlt Jacqueline Deininger. Schon bei ihrer eigenen Hochzeit vor sieben Jahren gab es wahlweise ein veganes Menü: Ein Essen völlig ohne tierische Produkte habe nun mal die beste Klimabilanz. Auch bei der Feier von Nora und Marius Müssig war das Buffet vegan, es gab zum Beispiel ein indisch gewürztes Linsengericht mit Reis. „Sogar unsere Großeltern, die sich das erst gar nicht vorstellen konnten, waren begeistert“, sagt Nora Müssig. Statt einem Mitternachtssnack gab es nachts die Reste vom Büfett.

Soll die Geburtstags- oder Familienfeier draußen stattfinden, stellt sich auch die Frage nach dem Geschirr. „Pappteller und Plastikbesteck erscheinen zwar praktisch, aber als Einwegprodukte füllen sie Säcke von Müll“, heißt es vom Bund für Umwelt und Naturschutz Baden-Württemberg. Empfehlenswert sei deshalb wiederverwendbares Geschirr und Besteck. Wer selbst nicht so viel zu Hause hat, kann bei Freunden und Nachbarn etwas leihen oder es bei speziellen Anbietern mieten. Trinkhalme gibt es aus langlebigem Edelstahl oder Glas, und Servietten oder Tischdecken aus Leinen, Hanf oder Baumwolle können immer wieder verwendet werden, rät der BUND.

3. Hochzeitskleid und andere Kleidung

Vor allem bei Hochzeiten ist die Frage nach der Kleidung meist ein großes Thema. Klassische Brautkleider kosten häufig zwischen 1000 und 3000 Euro, produziert werden sie oft in asiatischen Ländern nach kaum nachvollziehbaren Kriterien. Doch es gibt gute Alternativen: Einmal getragene Brautkleider werden im Internet auf Plattformen wie Kleiderkreisel oder Kleinanzeigen günstig angeboten, aber auch in speziellen Secondhand-Brautläden.

Lesen Sie hier die Reportage: Ein Hochzeitskleid aus zweiter Hand

Einige junge Labels entwerfen Kleider aus fair gehandelten, ökologisch produzierten Stoffen. Wer im Netz nach den Schlagwörtern sucht, wird hier fündig. „Zweiteiler sind auch eine gute Möglichkeit für die Braut“, sagt Hochzeitsplanerin Jacqueline Deininger: So können Rock oder Oberteil auch noch zu anderen Gelegenheiten getragen werden. Auch für den Hochzeitsanzug des Bräutigams ist das ein Aspekt.

4. Eheringe und anderer Schmuck

Zertifizierungen– beispielsweise das Fairtrade-Siegel – geben auch bei Schmuck einen Hinweis auf die Herstellung. Deutschlandweit sind 15 Fairtrade-Goldschmiede gelistet: Sie verwenden Rohstoffe, die weder aus Konfliktgebieten stammen noch unter menschenunwürdigen oder gesundheitsschädigenden Arbeitsbedingungen geschürft wurden. Auch altes, neu aufbereitetes Gold kann eine gute und preisgünstige Alternative sein.

5. Dekoration und Geschenke

„Seit ein paar Jahren sind Naturmaterialien und Holz bei der Dekoration beliebt“, sagt Jacqueline Deininger. Zu diesem Stil gehören zum Beispiel Wiesenblumen, Dekoartikel aus Holz, Lampions aus Papier oder Wimpelketten aus Stoff und Jute. „Man kann gut auf ökologisch setzen, ohne den Stil zu verlieren“, findet die Hochzeitsplanerin. Gebrauchte Dekoartikel wie Stoffschleifen, Kerzengläser oder Vasen finden sich auf Plattformen wie eBay-Kleinanzeigen im Internet.

Lesen Sie hier: So klappt es mit dem Plastikverzicht im Alltag

Insgesamt geht es bei der Dekoration vor allem um Plastik und Wegwerfprodukte. Auf Luftballons verzichtet Jacqueline Deininger für die Feste, die sie plant, wegen des Mülls komplett. Für Gastgeschenke empfiehlt Deininger, statt auf in Plastik verpackte Pralinen lieber auf Blumentöpfe mit kleinen Pflanzen zu setzen, die vorher Teil der Deko sind. Auch die Gäste kann man darauf hinweisen, ihre Geschenke nicht in Plastik zu verpacken.

Verzicht als eigener Stil

Ganz leicht war es nicht, für alle Punkte eine nachhaltige Lösung zu finden, sagt Nora Müssig. Auf ihrem Blog „die Traumfänger“ berichten sie und ihr Mann von den Erfahrungen, die sie bei der Hochzeitsplanung gemacht haben – und von einem nachhaltigen Leben mit drei kleinen Kindern. Manchmal bedeute Nachhaltigkeit auch einen gewissen Verzicht: „Man sieht auf Bildern im Internet vieles, was man dann am Ende für die eigene Feier nicht hat“, sagt Nora Müssig. Den Trend zum Überfluss sieht sie aber sowieso kritisch – und am Ende sei gerade die minimalistische Dekoration bei der ihrer Hochzeitsfeier besonders schön gewesen: Nur mit Kerzen und Schnittblumen auf den Tischen und den Gewächshaus-Pflanzen im Hintergrund.

Hochzeiten in Zeiten der Corona-Krise – was gilt?

Aktuelle Planung: „Aktuell können Hochzeiten natürlich nicht stattfinden“, sagt Jacqueline Deininger, Hochzeitsplanerin aus der Nähe von Reutlingen. „Wir verschieben derzeit alle Hochzeiten bis zum 15.06.2020“. Das entspricht den Auflagen der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg, nach der Ansammlungen von mehr als zwei Personen in der Öffentlichkeit und von mehr als fünf Personen außerhalb des öffentlichen Raums verboten sind. „Lediglich unsere Hochzeiten ab Juli planen wir im Moment weiter“, sagt Jacqueline Deininger.

Feste im Sommer: Ob der Juli wirklich noch betroffen sei oder vielleicht sogar das gesamte Jahr 2020, könne man derzeit noch nicht voraussagen, sagt auch Svenja Schirk vom Bund deutscher Hochzeitsplaner. „Wir sehen aber, dass insbesondere die Ungewissheit für Brautpaare sehr kräftezehrend ist und ihnen all die Freude auf ihren Hochzeitstag raubt. Deshalb ist eine Verschiebung und somit Klarheit oftmals eine große Erleichterung für sie.“ In der Regel würde die Feier dann einfach um ein Jahr verschoben.

Auskünfte des Standesamts: Im Standesamt Stuttgart etwa ist für die Trauung nur noch das Brautpaar selbst zugelassen. „Das gilt bis auf Weiteres“, sagt Verena Rathgeb-Stein, Leiterin des Stuttgarter Standesamtes. Wie es in den Sommermonaten weitergehe, hänge von den Regelungen der Landesregierung ab. Betroffene Paare werden derzeit angerufen und informiert, neue Termine werden aktuell nicht vergeben. „Ungefähr ein Drittel der Hochzeitspaare verschiebt den geplanten Termin, weil sie nicht ohne Gäste feiern wollen“, sagt Rathgeb-Stein.