Viele Paare wollen den Bund fürs Leben an einem ganz besonderen Ort besiegeln. Das Geschäft mit den Heirats-Locations boomt. Nicht immer ist Romantik gefragt. Auch Autofreaks und Fußballfans können standesgemäß heiraten.

Stuttgart - Così fan tutte“ hat Michael Flachenecker in guter Erinnerung. Nur zweimal in seinem Leben ist der 36-jährige Stuttgarter in der Oper gewesen. Aber das Ambiente im Opernhaus hat ihn so beeindruckt, dass er nun sogar dort heiratete. Am vergangenen Donnerstag gab er im kleinen, aber feinen ehemaligen königlichen Salon seiner Liebsten, Jasmin Eheim, das Ja-Wort. „Wir wussten gar nicht, dass man hier heiraten kann, aber wir wollten etwas Besonderes“, sagt Flachenecker. Rundum zufrieden sind er und seine Frau mit ihrer Trauung. „Es war traumhaft schön. Wir hatten eine super Betreuung vor Ort“, schwärmt Jasmin Flachenecker.

 

14 Gäste nahmen an der kleinen, intimen Feier teil. Nur maximal 20 Personen haben im königlichen Salon Platz. Für die Flacheneckers kein Problem. „Wir heiraten im September noch kirchlich mit einem großen Fest“, sagt die Braut. Auch dafür ist die Location bereits gebucht: im Kloster Schöntal im Hohenlohischen.

Von der Scheune bis zum Fünf-Sterne-Restaurant

Der Trend beim Heiraten geht zu ausgefallenen Orten, sagen Hochzeitsplaner, die immer häufiger die gesamte Organisation des Events übernehmen. Die Stuttgarter Eventmanagerin Miriam Kaltenbach organisiert Feiern in „ausgebauten Scheunen, Fünf-Sterne-Restaurants, auf dem Theaterschiff oder in der Mercedes-Benz-Arena.“ Jedes Paar habe andere Wünsche. Vielen reicht es nicht mehr, nur für die Feier ein schönes Ambiente zu haben. Auch die Trauung selbst soll ein spezielles Flair entfalten. Darauf haben sich die Standesämter längst eingestellt. Die Standesbeamten verlassen immer häufiger die Rathäuser, um das Ja-Wort in Museen oder unter freiem Himmel abzunehmen.

Die Top-Location in der Region Stuttgart ist der Kursaal in Bad Cannstatt. 90 Paare begannen dort im vergangenen Jahr ihre Ehe oder Lebenspartnerschaft. Auf Platz zwei folgt das Neue Schloss in Stuttgart mit 67 Paaren, 58 mal wurden die Ringe im Schloss Solitude getauscht. Sehr beliebt ist auch die Damaszenerhalle in der Wilhelma. 54 Paare gaben sich dort das Ja-Wort. Genauso viele waren es im Ludwigsburger Schloss. Dort kann man zwischen zwei Varianten wählen: dem im Schloss selbst oder der Trauung unter freiem Himmel im Mathildengarten. Allerdings sind die Termine – wie bei fast allen Locations – begrenzt. „Wir bieten an sechs Tagen Trauungen im Schloss an, pro Tag für sechs Paare“, sagt Petra Ott vom Ludwigsburger Standesamt. An fünf Tagen können jeweils vier Paare im Mathildengarten heiraten.

Trauung im Märchenschloss

Wer statt auf Barock eher auf Disney steht, findet auch dafür eine Lokalität: Im Märchenschloss des Indoor-Freizeitparks Sensapolis auf dem Flugfeld zwischen Böblingen und Sindelfingen. Dort wird der Traum aller kleinen Mädchen wahr: einmal im Leben wollen sie Prinzessin sein. Bisher wird diese Möglichkeit eher selten genutzt. Der Sensapolis-Eventmanager Sven Brechelmacher spricht von fünf bis sechs Hochzeiten pro Jahr. Ein bis zwei Trauungen meldet das Sindelfinger Standesamt, in dessen Bezirk das Märchenschloss liegt.

Gefragter ist die benachbarte Motorworld – eine Mischung aus Automuseum, Oldtimerclub und Autohaus für Luxuswagen. Bis zu 100 Leute fasst die Arthur-Dünkel-Lounge, mit weniger Gästen kann auch im ehemaligen Flughafen-Tower geheiratet werden. „Die Hochzeiten finden während des normalen Betriebs statt. Da fährt dann auch mal ein Oldtimer raus. Aber das ist ja das, was die Leute bei uns wollen“, sagt die Eventmanagerin Sarah Krauss. Ganz unterschiedliche Feste würden dabei zelebriert: „Man kann ganz romantisch heiraten und zwischen Oldtimern flanieren. Wir hatten aber auch schon ein Harley-Paar, das auf Motorrädern kam und in der Lederkluft geheiratet hat.“ Der Vorteil in der Motorworld: „Sie können gleich bei uns weiterfeiern in einem der vier Restaurants, der Legendenhalle, der Eventhalle Terminal Eins oder der Kochschule.“

Besondere Locations haben ihren Preis

Billig ist das Ganze nicht. Die Preisliste für die Anmietung eines Raums für die Trauung in der Motorworld beginne mit 200 Euro, sagt Krauss. Dabei sind die Arrangements mit dem Böblinger Standesamt günstiger als eine Trauung mit einem freien Redner. Hinzu kommen die Gebühren für das Standesamt: zum normalen Satz von 40 Euro (80 Euro, wenn ausländische Papiere geprüft werden müssen) gibt es einen Aufschlag von 60 Euro für die Auswärtstrauung, weitere 60 Euro, wenn die Hochzeit am Samstag ist. 86 Euro kostet die Eheschließung in der Stuttgarter Oper. Hinzu kommt die Raummiete von 226 Euro, bei einem Sektempfang 247 Euro – allerdings ohne Sekt und Häppchen. Für diese ist ein Caterer zuständig, den man extra bezahlen muss. Richtig teuer wird es im Ludwigsburger Barockschloss: 700 Euro Miete plus knapp 100 Euro Traugebühren.

Bei 20 000 Euro beginnt für die Hochzeitsplanerin Kaltenbach das Budget für eine Feier, die sie organisiert: für die Miete der Lokalität, Essen und Getränke, die Dekoration und das Rahmenprogramm. Nach oben gibt es fast keine Grenzen. „Ich habe auch schon Feiern für 100 000 Euro arrangiert“. Wenn Geld keine Rolle spiele, sei auch eine kurzfristige Organisation kein Problem, sagt Kaltenbach. Allen Paaren mit begrenztem Budget empfiehlt sich aber eine frühzeitige Buchung der Location. Denn viele sind sehr schnell vergeben. „Die Termine für die Trauungen im Garten sind in diesem Jahr ausgebucht“, sagt die Ludwigsburger Standesbeamtin Ott. Wer im Schloss ehelichen möchte, könnte am 9. September noch zum Zuge kommen. Und für den letzten Termin im Oktober kann man sich erst Mitte April anmelden.

Auf zwei Jahre ausgebucht

Viel länger gedulden müssen sich Paare, die gerne im Sindelfinger Park Aibachgrund den Bund für Leben schließen möchten. Etwa ein Dutzend Hochzeiten gibt es dort pro Jahr. „Die kommenden zwei Jahre sind alle Termine ausgebucht“, sagt die Stadtsprecherin Nadine Izquierdo.

Das wahre Hochzeitsparadies in der Region aber liegt in der 5000-Einwohnerkommune Rechberghausen im Kreis Göppingen. „Hochzeitsgemeinde“ nennt sich der Ort und wirbt mit „ Trauungen an 365 Tagen rund um die Uhr“. Sogar an Silvester und am Neujahrstag trauen die Standesbeamten im Akkord. Und wer es besonders romantisch mag, heiratet, im Advent in einem Kerzenmeer im Schloss oder an einem lauen Sommerabend auf einem Hügel im Landschaftspark.