Zur Traumhochzeit gehört für viele Paare der perfekte, möglichst individuelle Ring. Was liegt im Trend? Was lag früher im Trend? Und gab es eine Zeit vor selbst geschmiedeten Trauringen?

Stuttgart - In der Komödie „Sweet Home Alabama“ (2002) führt der Senatorensohn Andrew Hennings (Patrick Dempsey) seine Angebetete Melanie Carmichael (Reese Witherspoon) in einen dunklen Raum. Als die Lichter angehen, glitzern und blinken ihnen Hunderte Brillantringe entgegen. Dann geht Andrew hochzeitsantraglächelnd auf die Knie: „Pick one“, such dir einen aus.

 

Nicht nur im Film ist ein (diamantbesetzer) Ring selbstverständlicher Teil der Verlobung. Dabei ist er eine recht junge Modeerscheinung. So beschreibt ein Artikel des BBC News Magazine, wie erst von den 1930er-Jahren an eine Werbeiniative des Diamantenproduktions- und -handelsunternehmens De Beers den Brillantring in den USA strategisch mit der Verlobung verknüpfte. Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts sei der Anteil diamantbesetzter Antragsringe dort von 10 auf 80 Prozent gestiegen, schreibt der Autor Laurence Cawley, und sei als Trend nach Europa und Asien geschwappt.

Verliebt, verlobt – und dann? Hier geht es zu unserer Serie rund ums Thema Heiraten

Mittlerweile sind allerdings selbst gestaltete Ringe mehr in Mode. Warum? Nachfrage beim Stuttgarter Goldschmied Laszlo Lepeda: „Man hat einen anderen Bezug zu den Schmuckstücken“, sagt er. Das merke man bei den Trauringkursen, die Lepeda wie viele andere Goldschmiede in seiner Werkstatt anbietet. Brautpaare schmieden dort unter seiner Anleitung ihre Eheringe selbst. Das Vorgespräch, die Arbeit an den Stücken: „Das wird einfach sehr persönlich“, sagt er. Gerade zu einem so gefühlsbeladenen Anlass wie der eigenen Hochzeit.

Trauringkurse für Brautpaare liegen im Trend

Das Interesse an Ringschmiedekursen sei vor etwa 15 Jahren aufgekommen, schätzt Lepeda, und erstrecke sich auf alle Altersklassen. „Der Trend ist da und nimmt zu, habe ich den Eindruck.“ Manche Goldschmiede haben sich voll und ganz auf Kurse für Laien spezialisiert, andere bieten sie zusätzlich zum Verkauf eigener Schmuckstücke und zu Dienstleistungen wie Reparaturen, Anfertigungen und Umarbeitungen an. Aber längst nicht alle, betont Lepeda: „Manche wollen das auch gar nicht.“

In Lepedas Werkstatt fertigen die Partner den Ring des jeweils anderen an. Sie können sich an fast allen Schritten versuchen: das abgewickelte Edelmetall absägen, es feilen, biegen und hämmern, die Enden verlöten und den Ring polieren und mattieren. „Trauringe sind eigentlich das leichteste, was man machen kann“, sagt der 52-Jährige. „Die einzige Voraussetzung ist, dass man es machen möchte.“ Lediglich die Gravur und das Einfassen von Edelsteinen bleibe kategorisch den Graveurmeistern und Goldschmieden vorbehalten. Das Ergebnis der Mühen ist ein individueller, persönlicher Ring, den in dieser Form nur das jeweilige Paar haben kann. Gebastelt darf er dabei aber nicht aussehen – es sei denn, das Paar wünscht sich genau das. „Es wird so lang gefeilt und geschmirgelt, bis er wirklich perfekt ist“, betont Lepeda.

Mit mindestens 500 Euro pro Ring müssen Paare rechnen

Preislich mache es kaum einen Unterschied, ob Paare ihren Ring selbst schmieden oder kaufen, sagt der Schmuckwerker. Bei Goldringen geht er als grobe Richtlinie von einem Durchschnittspreis von 500 Euro pro Stück aus. Je nach Material kann es auch günstiger oder teurer werden, nach oben hin ist es offen. Wenn Lepeda selbst Ringe entwirft und anfertigt, seien diese ein bisschen teurer als Selbstgemachte, aber nur „einen Tick“. Insgesamt mache das Geschäft mit Eheringen etwa 50 Prozent seines Umsatzes aus, sagt er. Gekauft werden neben Trauringen vor allem Antragsringe, die Männer für ihre Zukünftige besorgen.

Auch der Bundesverband der Juweliere, Schmuck- und Uhrenfachgeschäfte (BVJ) nennt Eheringe als eine „solide Basis“ der Schmuckverkäufer, die nach Angaben des Handelsverbands mit den Schmuckstücken im vergangenen Jahr zwischen 220 und 225 Millionen Euro Umsatz gemacht haben – fünf bis zehn Millionen Euro mehr als im Vorjahr.

Beliebt sind zarte und ausgefallene Modelle, Roségold und Brillanten

Der Trend bei der Gestaltung von Trauringen geht hin zu feinen, dünnen Ringen und zu Rosétönen, beobachtet Lepeda in seinem Arbeitsalltag. Gefragt seien außerdem Kombinationen mit Weiß- und Gelbgold, ausgefallene Gravuren und Formen sowie Brillanten, schreibt der BVJ. „Es geht sehr zurück zum Traditionellen“, sagt Lepeda. „Von der Farbe her, nicht unbedingt vom Design.“

Als Antragsringe werden bei Lepeda zum Teil klassische Silberringe mit einem kleinen Brillanten gekauft, doch auch Modelle aus einem anderen hellen Edelmetall wie Weißgold oder Platin seien gefragt. Diesen Ring könne die Braut dann nach der Hochzeit zusätzlich zum Trauring tragen, als Vorsteckring, am zweiten Ringfinger oder an einer Kette. Verlobungsringe für beide Partner wiederum verkauft der Werkstattinhaber kaum: Diese Tradition kennen viele seiner jüngeren Kunden gar nicht mehr, beobachtet er.

Dabei war es in Europa lange Zeit nicht die unumstößliche Norm, einen Antragsring für die Braut zu kaufen. Nicht weniger üblich war es, für beide Verlobte Ringe zu kaufen und sie zur Hochzeit lediglich von der einen Hand auf die andere umzustecken: In Deutschland, Österreich und Osteuropa von links nach rechts, in Süd- und Westeuropa von rechts nach links. Oder zwei Verlobungsringe und zwei Eheringe zu kaufen, je einen für Braut und Bräutigam. Manche Paare kommen bis heute gänzlich ohne Ring aus.

Eine kleine Geschichte der Trauringe

Wem wann ein Ring an einen Finger gesteckt wurde und wozu, hängt nicht zuletzt von Zeit, Kultur, Gesellschaft sowie technischen und künstlerischen Möglichkeiten ab. Der Handschmuck sei eine der ersten Zierformen überhaupt gewesen, schreibt die Archäologin Anne Ward im Buch „Der Ring im Wandel der Zeit“, das sie 1981 gemeinsam mit John Cherry und Charlotte Gere vom Britischen Museum London sowie der Goldschmiedin Barbara Cartlidge herausgegeben hat. Er war für die Träger selbst sichtbar, noch bevor es Spiegel gab, und aus Materialien wie Knochen, Stein, Holz oder Gräsern problemlos herzustellen. Ringe waren auch nie nur eine Sache der Reichen, schreibt Cherry. In der Römerzeit trugen selbst Sklaven Eisenringe, Schmuck aus anderen Edelmetallen war ihnen jedoch verboten. Im Mittelalter waren Ringe quer durch alle Bevölkerungsschichten beliebt, teils auch mehrere an einem Finger und einer Hand. Im 14. und 15. Jahrhundert sollten Sittengesetze in mehreren süd- und mitteleuropäischen Länden das Tragen von Schmuck aus Gold, Silber und Edelsteinen einschränken. Da wichen die weniger gut betuchten Menschen eben auf andere Materialien aus, beispielsweise auf Bronze.

Als Verlobungsgeschenk für die Braut gab es schon bei den Römern im elften Jahrhundert vor Christus Ringe. In den ersten Jahrhunderten nach Christus wurden sie aus Eisen, Bronze und Gold hergestellt. Gestaltet wurden sie beispielsweise mit kleinen Schlüsseln, Inschriften oder in Form zweier vereinter Hände. Dieser Ringtyp kann als Symbol der Vorrangstellung der neuen Hausherrin betrachtet werden, aber auch als Zeichen einer vertraglichen Bindung der Brautleute. Der Ring wurde nämlich als Pfand übergeben – dafür, dass der Mann die Mitgift seiner Zukünftigen erhalten und sie im Gegenzug heiraten wird. Nicht unbedingt romantisch, aber doch: ein Ehering.

Das 20. Jahrhundert: mal auffällig, mal verspielt

Das heute bekannte Bild der mit einer Inschrift verzierten Goldringe steht in einer langen und wechselhaften Tradition, die mindestens bis ins Frühmittelalter zurückreicht. Allein in den vergangenen hundert Jahren wechselten sich dabei verschiedenste Design-Moden ab. Dem aktuellen Trend zu zarten, brillantbesetzten Ringen in warmen Farben gingen fünfundzwanzig Jahre mit eher breiten Modellen voraus, manche davon schlicht, andere auffällig. In den 1970er-Jahren wiederum lagen verspielte, mehrfarbige Ringe im Trend, die zum Beispiel mit Wabenmustern oder geometrischen Formen verziert waren. Gestaltet habe man sie unter anderem mit verschiedenen Farbtönen von Rot- bis Gelbgold sowie glänzenden Einfräsungen, sagt Lepeda. Nicht alle dieser Ringe trugen Schmucksteine, und wenn, dann musste es nicht unbedingt ein echter Edelstein sein. Das synthetisch hergestellte Diamantimitat Zirkonia kam damals neu auf den Markt und bot eine günstige Alternative.

Mit dieser Experimentierfreude bei Ringen hoben sich Ehepaare von der Mode der 50er- und 60er-Jahre ab. In der Nachkriegszeit hatten jüngere Paare vornehmlich zu schlanken Trauringen aus Weißgold oder Platin gegriffen, später auch wieder zu breiteren Ringen in Gelbgold, das zwischenzeitlich als spießig abqualifiziert worden war. Für die Bräute wurden gerne brillantbesetzte Stücke gekauft, die Preise erlaubten es auch den Geringverdienern.

Diese eher schlichten Modelle stehen im Gegensatz zur Mode der 1920er- und 30er-Jahre. Damals waren auffällig verzierte Ringe aus weißen Edelmetallen oder Gelbgold en vogue. Bis in die 20er-Jahre war auch Roségold verwendet worden. Der Trauschmuck trug Edelsteine und Perlen, je nach Budget echt oder imitiert. Auch geschwungene Formen und Blumenmuster waren bei Art-Déco-Ringen ein beliebtes Motiv.

Im Mittelalter waren Liebesringe aufwendig gestaltet

Im Vergleich zu den Ringdesigns der vorangehenden Jahrhunderte waren selbst diese Modelle schlicht. Vom Ende des 18. Jahrhunderts an wurden Eheringe zwar nicht weniger kunstvoll, doch unkomplizierter als zuvor. Liebesringe waren zum Teil aufwendig gestaltet worden: Noch im 19. Jahrhundert trugen manche von ihnen kleine Döschen, in die eine Haarlocke, ein Briefchen oder eine getrocknete Blüte gelegt werden konnte. Sogenannte Harlekinringe trugen aus Edelsteinen geformte Namen oder Koseworte.Vom 17. Jahrhundert an hatten beispielsweise Miniaturporträts, die kunstvoll gemalt, emailliert oder aus Stein geschnitten wurden, die Ringe geziert. Das machte so manches Modell sehr persönlich.

Die Liebesringe des Hochmittelalters waren verschiedenartig gestaltet, viele trugen Denksprüche oder zärtliche Inschriften. Vereinte Hände, aber auch Tauben oder Herzen waren als Symbole beliebt. Geheiratet wurde jedoch oft mit glatten Silber- oder Goldringen. Vom 16. Jahrhundert an kamen zudem Gimmel-Ringe in Mode, also Zwillingsringe aus zwei oder drei einzelnen Metallschienen, die oft einen Schriftzug trugen. Martin Luther beispielsweise besaß einen Gimmel als Ehering, auf dem die Worte „Was Gott zusammenfügt, das soll der Mensch nicht scheiden“ eingraviert waren. Schmuckkundler wie Charlotte Gere vermuten, dass solche Zwillingsringe bei der Verlobung getrennt überreicht und bei der Hochzeit zusammengefügt wurden.

Auf das Frühmittelalter geht schließlich der Ringtausch in der christlichen Trauzeremonie zurück. Der Brauch hatte als ein weltliches Versprechen begonnen: Einen Ring zu schenken und anzunehmen galt als Zeichen der Bindung zweier Menschen, Liebes-, Verlobungs- und Trauringe wurden ausgetauscht. Die Funktion wurde nicht genau unterschieden, zum Teil diente ein Ring für alle drei Zwecke. Spätestens von den 850er-Jahren an wurde dieser Brauch unter Papst Nikolaus I. mit religiöser Bedeutung aufgeladen: der Ring als Symbol der Ewigkeit. So wurde der Fingerschmuck schließlich zum festen Bestandteil der kirchlichen Hochzeit. Er sollte den Bund fürs Leben im Angesicht von Gemeinde und christlichem Gott besiegeln.

Heutzutage sind Trauringe nicht mehr an eine kirchliche Zeremonie gebunden. Ihre symbolische Bedeutung als Bindeglied der Ehepartner ist jedoch erhalten geblieben – und ihre individuelle Gestaltung, die Auswahl nach dem eigenen Geschmack, macht sie zu einem ganz persönlichen Stück Geschichte für das Brautpaar.