Der Vorschlag, den Standard im Höhenpark zu senken, ist vom Tisch. Das Stadtoberhaupt kündigt stattdessen an, die „grüne Infrastruktur“ kräftig ausbauen zu wollen. Das Gartenbauamt soll mehr Geld für die Pflege und zusätzliche Stellen erhalten.

Stuttgart - Am Haupteingang der städtischen Attraktion Höhenpark Killesberg an der Maybachstraße sticht eine bunte Blumenwiese ins Auge. „Die erste Wahrnehmung beim Besuch unseres Parks sollte eine gärtnerische sein“, betonen Volker Schirner, Leiter des Garten-, Friedhof- und Forstamts, und sein Betriebsleiter Bernd Deigner-Grünberg voller Stolz. Selbstverständlich sind solch abwechslungsreich gestalteten bunte Beete in dieser Stadt offenbar nicht mehr, auch wenn das Personal gerne mehr für die Optik tun würde.

 

Rasenflächen müssen beileibe nicht so intensiv gepflegt werden wie das markante Beet, das regelmäßig von Unkraut befreit und gewässert wird. Da sind die Gärtner stundenlang beschäftigt. Der bunte Kreis wirkt an den Seiten allerdings leicht kupiert, die Ränder bestehen aus Gras. Tatsächlich ist am Material gespart worden, und nicht nur am Eingang, sondern auch im Park wird seit Jahren immer weniger Wechselflor gepflanzt – die Zahl sank von einer Million Pflanzen auf heute 600 000. Nur die Sommerblumenwiese bleibt unangetastet. Mir ihr wirbt die Stadt schließlich besonders gern. Die Stadtgärtnerei hat ihre Produktion um zehn Prozent gesenkt.

Schönes Bild vor den Rathäusern

Am Bezirksrathaus in Zuffenhausen wächst die dickblättrige Fetthenne, vor dem Gebäude blühen Petunien und Begonien. „Die Bezirksvorsteher legen großen Wert darauf, dass es schön aussieht“, sagt der stellvertretende der Leiter der Abteilung Stadtgrün, Günther Hertfelder.

Das Umfeld des Rathauses hat die Anmutung einer Versuchsanstalt. Am Straßenrand wachsen unterschiedliche Hecken, hinter denen die parkenden Autos zumindest optisch verschwinden sollen. In den Rabatten zwischen den Stellplätzen zeigt sich der bodendeckende Storchschnabel deutlich robuster als das Fünffingerkraut. „Ein Versuch war es wert“, sagt Hertfelder mit Blick auf das vertrocknete Rosengewächs. „Das Stück kostete nur drei Euro.“

Viele Blumen, wenig Müll

Die Fachleute haben aber generell die Erkenntnis gewonnen, dass die Bürger die Bemühungen des Amts schätzten. Bepflanzte Bereiche würden weniger vermüllt und seltener als Hundetoilette missbraucht, außerdem würden sie Feinstaub binden. Wegen des hohen Pflegeaufwands kann sich das Amt aber nicht überall einen solchen Aufwand leisten, wie es auch im Sommer nicht alle Brunnen laufen lassen kann. Beispiel Stadtgarten: „Der ist schon so lange defekt, dass ich ihn gar nicht mehr auf dem Schirm habe“, räumt Schirner ein.

Das Gartenbauamt hat im vergangenen Monat mehrfach Aufmerksamkeit erregt, zuletzt mit dem Vorschlag, keine Konzerte mehr auf der Freilichtbühne zuzulassen, unter anderem, weil die Lastwagen der Bands Schäden an Wegen und Wiesen anrichteten, deren Beseitigung das Amt nicht länger bezahlen könne. Auf rund zwei Millionen Euro wird die Sanierung veranschlagt, die vor allem den Zuschauerbereich und die Technikausstattung betrifft. Bereits vor vier Jahren hatte der Amtsleiter zum ersten Mal Alarm geschlagen. Passiert ist seitdem allerdings nichts, wie auch die desolate Lage der Behörde selbst bisher vom Gemeinderat nicht beachtet wurde.

Mehr Geld fürs Amt gefordert

Nun hat Schirner in einer Vorlage für den Gemeinderat deutlich gemacht, dass ohne zusätzliche vier Millionen Euro jährlich für Pflege, Sanierung und Maschinenpark und 20 neue Stellen der Niedergang der grünen Infrastruktur nicht aufzuhalten sei und der Nachholbedarf größer und damit teurer würde. Nach Jahren der Mittelkürzungen und Stellenreduzierungen habe sich eine Sanierungsbugwelle ähnlich wie bei den Schulen aufgebaut. Drei Millionen Euro zusätzlich pro Jahr seien allein für die laufende Pflege der Grünflächen nötig. Bei der regelmäßigen Pflege der rund 200 000 Bäume in Stuttgart kämen die Mitarbeiter nicht mehr hinterher.

Umso größer war die Aufregung, als die Rathausspitze mit der Bekanntgabe eines Jahresüberschusses von 231 Millionen Euro eine Giftliste mit Einsparungen präsentierte. Das Gartenbauamt sollte pro Jahr 118 000 Euro weniger ausgeben, indem es die Friedhofsgebühren anhebt – und noch weniger Blumen im Höhenpark Killesberg pflanzt. Dabei ist die Tulpenzahl schon von 40 000 auf 20 000 gesunken.

Kuhn fördert grüne Infrastruktur

Die Streichung ist aber vom Tisch. OB Fritz Kuhn (Grüne) sagte gegenüber der StZ: „Es ist zwar unter Fachleuten strittig, was ökologischer ist, bepflanzte Beete oder Wildblumenwiesen. Aber der Kürzungsvorschlag war ein politischer Fehler. Das war mir leider durchgegangen.“ Kuhn ärgert sich, weil doch einer seiner Vorschläge für die Etatberatungen die Stärkung der „grünen Infrastruktur“ sein werde. Er bezieht damit auch Gebäude und ganze Straßenzüge mit ein. Künftig sollten Käfer von einem Grünstreifen auf den nächsten hüpfen können. „In Zeiten des Klimawandels sind Parks, Friedhöfe, Bäume und Grünanlagen so wichtig wie der Öffentliche Nahverkehr“, so Kuhn gegenüber der StZ. Der OB hält die Forderungen des Amts nach besserer personeller Ausstattung und mehr Geld, prinzipiell für nachvollziehbar. Die Pflege müsse verbessert werden. Eigene Kräfte könnten das in der Regel besser als Mitarbeiter externer Firmen.

Kuhn beklagt, in den vergangenen 15 Jahren sei „kein neuer Baum gepflanzt worden, nachdem ein alter gefällt wurde“. Das habe sich durch das 1000-Bäume-Programm geändert. Man werde das fortsetzen. Mit der Pflanzung ist es nach Aussage der Fachleute aber nicht getan. Die Kronen müssten geschnitten und der Baum regelmäßig gewässert werden. Dafür fehle bisher aber das Personal.