Der Esslinger IG-Metall-Bevollmächtigte Alessandro Lieb: „Da wird bei der Finanzierung immens Druck gemacht.“ Foto: IG Metall
Die IG Metall wirft Banken und Sparkassen vor, bei Kreditvergaben an heimische Unternehmen immer strikter vorzugehen. Auch bei Kleinbetrieben regt sich Unmut.
Das Verhältnis zwischen Banken und Wirtschaft ist angespannt wie selten zuvor. Die Abhängigkeit der Unternehmen von Fremdkapital wächst gerade dort, wo das eigene Geld in harten Jahren zur Neige gegangen ist. Allerdings zeigen sich die Banken unter dem Druck der Krise sowie streng reguliert von der Aufsicht immer restriktiver im Finanzierungsgeschäft, was Unternehmen und Belegschaften in Nöte stürzen kann.
„Das Thema Finanzierung und Liquidität treibt uns im Bereich der kleineren und mittleren Unternehmen, der KMU’s, extrem um“, sagt der Esslinger IG-Metall-Bevollmächtigte Alessandro Lieb mit Blick auf rückläufige Auftragseingänge und „sehr geringe bis negative Ergebnisse“ gerade im Maschinenbau. Diese KMU’s stehen vor der Herausforderung, sich weiter finanzieren zu müssen, um das laufende Geschäft zu bezahlen. Zuweilen macht die Hausbank oder Sparkasse nur noch unter strikten Bedingungen mit – oder aber einzelne Institute steigen aus einem Konsortialkredit aus, weil ihnen das Geschäft nicht mehr lukrativ erscheint.
Kredite für Firmen: Die Banken fordern mitunter harte Einschnitte
„Oft hängt es an den Kennzahlen zu Umsatz und Gewinn“, sagt Lieb. „Da wird mit Vorgaben, was erbracht werden muss, immens Druck gemacht, sonst gibt es keine Anschlussfinanzierung.“ Gemeint ist der „harte Verzicht von Belegschaften auf Millionenbeträge“ – die Verschiebung der nächsten Tariferhöhung etwa. „Da wird den KMU’s die Pistole auf die Brust gesetzt, und sie müssen sich fragen: Wer gibt mir sonst noch Geld?“
Der IG-Metall-Geschäftsführer beklagt auch ein Unwissen bei Kreditgebern: „Die haben mitunter nicht auf dem Schirm, was es für Konsequenzen haben kann, wenn so ein Unternehmen keine Anschlussfinanzierung bekommt.“ Wenn es an liquiden Mitteln mangelt und der Dispokredit nicht weiter überzogen werden darf für laufende Ausgaben, sei der Betrieb „schnell in der Zahlungsunfähigkeit“. Er könne ja verstehen, dass einer Bank das Risiko zu hoch erscheint, weil sie die internationalen Regulierungsvorschriften wie Basel III speziell hinsichtlich des Eigenkapitals beachten muss, sagt Lieb. Dennoch appelliert er an die „gesamtgesellschaftliche Verantwortung“ der Institute. Die Kaufkraft in einer Region hänge auch von der Beschäftigung in relevanten Betrieben ab. Er habe manchmal das Gefühl, „dass die Entscheider diesen Fragestellungen nicht so nahestehen“.
Die Maschinenbaubranche sei mitten im Umbau, doch gebe es immer noch ein rückläufiges „Tagesgeschäft, das den klassischen Verbrennungsmotor bedient“. Diesem Geschäft dürften Banken nicht kurzerhand den Rücken kehren, nur weil es ihnen nicht mehr zeitgemäß erscheint. Sonst sei der Weg in die Zukunft bei rückläufigen Umsätzen und Gewinneinbrüchen nicht mehr zu finanzieren. Noch immer gebe es viele solide aufgestellte Unternehmen, die es ohne externe Finanzierung schaffen. „Aber wir haben halt auch viele Fälle, wo das Eigenkapital im Jahr fünf nach dem Corona-Ausbruch einfach abgeschmolzen ist.“ Die IG Metall werde nicht müde, diese Nöte in der Politik vorrangig zu platzieren. „Ich glaube, die Wirtschaftsministerin im Land hat jetzt verstanden, wie wichtig die Finanzierung ist.“
Der Maschinenbauverband VDMA teilt diese Kritik eher nicht. Zwar hätten viele kleinere und mittlere Unternehmen gelernt, dass es immer schwieriger werde, an Kredite zu kommen. „Doch sehen wir schon, dass die deutschen Geschäftsbanken weiterhin großes Interesse haben, mit dem Maschinenbau Geschäfte zu machen“, sagt der Landesgeschäftsführer Dietrich Birk. Als Mitglied im Bürgschaftsausschuss der Bürgschaftsbank stelle er immer wieder fest, dass die Banken bei Unternehmensnachfolgen und Modernisierungen „immer noch bereit sind, diese Geschäftsfelder zu bedienen und die Risiken mitzugehen“. Mathias Kammüller, der VDMA-Vorstandsvorsitzende, meint: „Die Unternehmen haben noch genügend Geld und wissen, wie man sparen muss, um in Zeiten schlechterer Auslastung durchzukommen.“ Daher weise der Insolvenztrend im Maschinenbau nur leicht nach oben.
Der VDMA-Vorstandsvorsitzende im Südwesten, Mathias Kammüller Foto: Marijan Murat/dpa
Gleichwohl verteilen diverse Verbandsvertreter immer wieder Seitenhiebe gegen die Kreditinstitute. Nur wenige reden Klartext. Martin Joos zum Beispiel, der Vorsitzende des Verbandes Garten- und Landschaftsbau Baden-Württemberg, berichtet von massiven Problemen bei Betriebsübernahmen: Die scheitern nach seinen Kenntnissen mitunter daran, dass die Bank die Finanzierung nicht übernehmen wolle – selbst wenn sich die Bürgschaftsbank einbringe. „Die Hausbanken scheuen das Risiko.“
Kredite für Betriebsübergaben
Gerade Inhaber kleinerer Betriebe hätten somit Schwierigkeiten, an jüngere Nachfolger mit naturgemäß weniger Eigenkapital zu verkaufen, „wenn auf der anderen Seite die Banken nicht bereit sind, ein bisschen ins Risiko zu gehen“ – obwohl solche Übergaben oftmals propagiert würden. Die Banken hätten am liebsten Sicherheiten im Umfang des Kredits, was unrealistisch sei. Die BW-Bank sei gegenüber Kleinunternehmen „ganz restriktiv geworden“ und konzentriere sich nach eigener Aussage auf größere Betriebe.
UBW-Präsident Thomas Bürkle übt auch Kritik. Foto: UBW
Besonders eigentümergeführte Handwerksbetriebe sehen sich eingeengt. Betroffene reden ungern darüber, um die langjährigen Beziehungen zur Hausbank nicht zu ruinieren. Doch Thomas Bürkle, Präsident der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW) und gestandene Größe im Handwerk, merkt an: „Versuchen Sie mal, als junger Mann oder junge Frau ein Unternehmen zu übernehmen und gleichzeitig ein Haus zu bauen – das würde Ihnen keine Bank finanzieren“, moniert er. Dieses Problem des Unternehmertums werde viel zu wenig beachtet.
Handwerk BW sieht problematische Einzelfälle
„Das Problem existiert nicht flächendeckend, aber es gibt Fallkonstellationen, in denen es schwieriger wird, an einen Bankkredit zu kommen“, sagt Peter Haas, Hauptgeschäftsführer von Handwerk BW. Laut der jüngsten Konjunkturumfrage würden relativ wenige Betriebe eine Fremdfinanzierung für Investitionen nutzen. Das könne bedeuten: Entweder kleinere Investitionen würden aus Eigenmitteln bezahlen oder aber es werde schwerer, an einen Bankkredit zu gelangen.
IHK Region Stuttgart stellt weniger Kreditnachfrage fest
Die aktuelle Konjunkturumfrage der IHK Region Stuttgart zeigt, dass die Unternehmen weniger investieren und daher weniger Kredite nachfragen. Ihre Finanzlage sei angespannt, heißt es. Nur noch rund 55 Prozent bewerten in der Umfrage ihre Wirtschaftslage als positiv; 16 Prozent bekennen Liquiditätsengpässe. Vor allem der Rückgang beim Eigenkapital wird öfter genannt als vor einem Jahr. Gut acht Prozent geben einen erschwerten Fremdkapitalzugang an; ein Trend sei aber nicht ablesbar, so die IHK.