Die Rettung des schwerverletzten Höhlenforschers aus der Riesending-Schachthöhle gestaltet sich schwierig: Rettungskräfte haben den Mann aus Bad Cannstatt zwar erreicht, aber er ist momentan nicht transportfähig. Hoffnung ruht nun auf Experten aus der Schweiz.

Die Rettung des schwerverletzten Höhlenforschers aus der Riesending-Schachthöhle gestaltet sich schwierig: Rettungskräfte haben den Mann aus Bad Cannstatt zwar erreicht, aber er ist momentan nicht transportfähig. Hoffnung ruht nun auf Experten aus der Schweiz.

 

Marktschellenberg - In Kälte und Dunkelheit wartet in rund 1000 Meter Tiefe ein schwerverletzter Höhlenforscher in den bayerischen Alpen auf seine Rettung. Am Montag gelang es Helfern zwar erstmals, den seit Sonntag ausharrenden Mann und seine beiden Begleiter in der Riesending-Schachthöhle bei Berchtesgaden zu erreichen. Doch ist der Verletzte nach Auskunft von Polizei und Bergwacht nicht transportfähig.

Am Montagabend stiegen Experten aus der Schweiz in die Höhle ein, die auf die Rettung aus Schächten spezialisiert sind. Bei ihnen handele es sich um „vier absolute Profis“, sagte Stefan Schneider von der Bergwacht Bayern bei einer Pressekonferenz in Marktschellenberg.

Der erfahrene Höhlenforscher aus Bad Cannstatt war am frühen Sonntag mit zwei Begleitern in rund 1000 Metern Tiefe in der tiefsten und längsten Höhle Deutschlands unterwegs, als es gegen 1.30 Uhr plötzlich zu einem Steinschlag kam. Dabei wurde er laut Bergwacht an Kopf und Oberkörper schwer verletzt, er konnte die Höhle nicht mehr aus eigener Kraft verlassen. Einer der Begleiter kletterte daraufhin zwölf Stunden nach oben und schlug Alarm, der andere blieb zunächst bei dem Verletzten. Die Männer waren am Samstag eingestiegen.

Die Bergung aus dem dunklen und teilweise extrem engen Schacht gestaltete sich äußerst schwierig. Noch am Montagnachmittag war vollkommen unabsehbar, wann der gefangene Schwerverletzte wieder Tageslicht sehen kann. Als Hauptproblem zeichnete sich ab, dass der Verletzte eigentlich nur liegend transportiert werden kann. Dies scheint in der Enge des Schachts aber kaum möglich.

Riesending-Schachthöhle ist tiefste und längste Höhle bundesweit

Überhaupt handelt es sich um eine äußerst komplizierte Rettungsaktion. „Vergessen Sie alles, was Sie bei Rettungseinsätzen je erlebt haben“, sagte Höhlenretter Norbert Rosenberger. „Wir haben in Deutschland nur eine Handvoll Leute, die in diese Tiefe steigen können“, betonte Nils Bräunig von der Höhlenrettung.

Der Rettungstrupp, der die beiden Männer am Montag erreichte, überbrachte neben medizinischer Ausrüstung auch Wasser und Essen. Es handelte sich um ein vierköpfiges Team, das den Lagerort des 52-Jährigen auf etwa 950 Metern Tiefe erreichte. Weitere Helfer richteten auf verschiedenen Ebenen Lager- und Biwakstationen ein. In der Höhle herrschten Temperaturen von 1,5 bis 5 Grad, wie Bärbel Vogel sagte, die Vorsitzende des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher.

Der Einsatz stellt auch die Helfer vor enorme physische Anforderungen. Die Rettungskräfte seien „teilweise bis an die absolute Leistungsgrenze“ gegangen“, sagte Bergwacht-Vertreter Schneider. In der Höhle wurde auch eine Telefonverbindung eingerichtet - allerdings nur bis zu einer Tiefe von 350 Metern.

Kollegen sind besorgt

Der Verunglückte ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Höhlenforschung Bad Cannstatt bei Stuttgart. „Für diese Höhle gibt es keinen erfahreneren Forscher als ihn“, sagte der Einsatzleiter der Höhlenrettung Baden-Württemberg, Matthias Leyk. Der 52-Jährige ist demnach ein Mitentdecker der Riesending-Schachthöhle.

Dennoch ist Leyk besorgt: „Das ist sicherlich ein ganz schwierige Situation“, sagte er in Tübingen. Die Gruppe erforsche die Höhle seit 2002. Sie habe dort mehrere Gangsysteme entdeckt und dokumentiert. Die jetzige Exkursion habe einen noch unerforschten Höhlenabschnitt zum Ziel gehabt.

Die Bad Cannstatter Gruppe erforsche den Untersberg in den Berchtesgadener Alpen schon seit Jahrzehnten. Die Riesending-Schachthöhle sei ihre größte Entdeckung gewesen. Was treibt einen Höhlenforscher an? "Das ist vor allem die Neugier, Unerforschtes zu entdecken und dann sind da natürlich auch die fachwissenschaftlichen Fragen", antwortete Leyk.

Die Riesending-Schachthöhle ist die tiefste und längste Höhle Deutschlands. Das gigantische Gangsystem umfasst eine Länge von 19,2 Kilometern und ist 1148 Meter tief. Der Eingangsschacht war im Rahmen einer Plateau-Vermessung bereits im Jahr 1995 entdeckt worden, blieb jedoch im Schatten anderer Projekte bis 2002 nahezu unbeachtet.