Der eine brauchte Geld, der andere Förderung: Das legendäre Treffen zwischen den schwäbischen Dichtern Hölderlin und Schiller ist ein Desaster.

Ludwigsburg - Friedrich Hölderlin liebte es, feierliche Oden auf für ihn bedeutende Orte zu verfassen. Auf der Liste der so nobilitierten Städte finden sich unter anderen Heidelberg, Tübingen und Stuttgart – nicht aber Ludwigsburg. Dabei wurden hier die Weichen für sein weiteres Leben gestellt – allerdings in eine unglückliche Richtung. 1793 traf Hölderlin den von ihm bewunderten Friedrich Schiller in Ludwigsburg. Doch der Meister verkannte das Talent des damals 23-Jährigen.

 

Das Gipfeltreffen der großen Geister dauerte wohl nur eine knappe halbe Stunde – und es war für Hölderlin ein Desaster. Schiller, der damals im zweiten Geschoss des Gebäudes Wilhelmstraße 17 wohnte, lobte zwar die schöne Gestalt und die guten Manieren des jungen Magisters. Aber er hielt die Gedichte Hölderlins bestenfalls für Imitationen seiner eigenen Frühwerke. Und Schiller hat dieses Urteil nie wirklich korrigiert, die beiden schwäbischen Dichter blieben sich fremd.

Schiller zeigt Hölderlin die kalte Schulter

Der am 20. März vor 250 Jahren geborene Friedrich Hölderlin war als Bewunderer, aber eben auch als Bittsteller zu dem elf Jahre älteren, bereits etablierten Autor Schiller gekommen. Der junge Mann hatte eben seine Studien am Tübinger Stift abgeschlossen und sollte nun auf Wunsch seiner Mutter Pfarrer werden. Doch Hölderlin hatte andere Pläne, der Pfarrberuf war ihm verhasst. Er wollte Dichter werden, und darum hatte er gehofft, der Verfasser des „Don Carlos“ werde ihn und seine Kunst protegieren.

Aber Schiller dachte gar nicht daran. Er verfasste zwar ein Schreiben, worin er seiner Freundin Charlotte von Kalb den jungen Magister der Philosophie als Hauslehrer für deren Sohn empfahl, aber den Dichter Hölderlin förderte Schiller nicht. Er erkannte weder die überragende dichterische noch die intellektuelle Begabung Hölderlins. Und auch als dieser nach sehr wechselvollen Jahren der Wanderschaft 1801 einen Hilferuf an Schiller sandte, wirkte der unglückliche Besuch in Ludwigsburg nach: Schiller ließ Hölderlins Brief unbeantwortet.

Preiswertes Wohnen in Ludwigsburg

Schiller war 1793 nach Ludwigsburg gezogen, weil er zwar ein hoch angesehener, aber kein wohlhabender Autor war. Es war Schillers erste Begegnung mit der Stadt nach 20 Jahren Abwesenheit, und er erkannte sie nicht wieder. Sie sei nur noch ein Schatten dessen gewesen, was er in seiner Kindheit kennengelernt hatte, meinte er. Nachdem seit 1775 der Hofstaat wieder in Stuttgart residierte, lebten hier nur noch Beamte und Soldaten, und neben der Porzellanmanufaktur gab es nur ein paar unwichtige Unternehmen.

Ludwigsburg war bedeutungslos und das Wohnen billig geworden. „Die Stadt ist überaus schön und lachend. Und ob sie gleich eine Residenz ist, so lebt man darinn auf dem Lande“, schrieb er. Doch dieser Überschwang verließ ihn bald. Schiller vermisste Kultur und eine anregende Gesellschaft, wie er sie von Jena und Weimar her kannte. Schon nach einem halben Jahr reiste er wieder ab und kehrte nie mehr nach Ludwigsburg zurück.

Hölderlin scheitert als Pädagoge

Die von Schiller vermittelte Hofmeisterstelle bewahrte den jungen Hölderlin zwar vorerst vor dem Pfarrberuf, doch der Empfang auf dem Gut der von Kalbs im thüringischen Waltershausen hätte für ihn kaum peinlicher sein können. Schillers Gönnerin hatte es nicht nur versäumt, ihren Gatten davon in Kenntnis zu setzen, dass sie einen neuen Hauslehrer verpflichtet hatte, sie hatte noch nicht einmal Hölderlins Vorgänger gekündigt. Und auf den missglückten Anfang folgte bald eine pädagogische Misere: Fritz, der Sohn der Frau von Kalb, brachte den von Jean-Jacques Rousseaus’ Gedanken zur Erziehung begeisterten, aber letztlich unerfahrenen Hauslehrer bald an seine Grenzen.

Eine Erfahrung, die Hölderlin noch häufiger machen musste. Bis er 1807 als unheilbar krank aus der Autenrieth’schen Klinik entlassen wurde, führt er ein Leben als Hauslehrer an wechselnden Stellen.