Nächster Paukenschlag im Steuerprozess gegen Uli Hoeneß. Der Präsident des FC Bayern soll nach Angaben einer Steuerfahnderin sogar 27,2 Millionen Euro hinterzogen haben. Eine Bewährungsstrafe wird somit immer unwahrscheinlicher.

Nächster Paukenschlag im Steuerprozess gegen Uli Hoeneß. Der Präsident des FC Bayern soll nach Angaben einer Steuerfahnderin sogar 27,2 Millionen Euro hinterzogen haben. Eine Bewährungsstrafe wird somit immer unwahrscheinlicher.

 

München - Es wird immer enger für Uli Hoeneß - jetzt soll der Präsident des FC Bayern sogar mindestens 27,2 Millionen Euro an Steuern hinterzogen haben. Diese enorme Summe schockte den angeschlagenen Präsidenten des FC Bayern München am zweiten Tag seines spektakulären Prozesses vor dem Landgericht München II.

Die als Zeugin geladene Rosenheimer Steuerfahnderin kam nach einer Berechnung auf Grundlage weiterer Unterlagen auf einen Betrag von 23,7 Millionen Euro. Diese Steuerschuld addiert sich zu den 3,5 Millionen Euro, von denen die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage ausgegangen war.

Die Finanzbeamtin sichtet eine Unmenge an Daten, die Hoeneß erst kurz vor dem Beginn seines spektakulären Verfahrens eingereicht hatte. Der Bayern-Boss und seine Verteidiger hatten zum Auftakt am Montag von 18,5 Millionen Euro gesprochen, fast zehn Millionen unter der neuen Summe - aber schon 15 Millionen mehr als in der Anklageschrift.

"Best-Case"-Rechnung zugunsten des Angeklagten

Die von der Finanzbeamtin nun genannten 23,7 Millionen Euro sind sogar noch eine "Best-Case"-Rechnung zugunsten des Angeklagten. Hoeneß verfolgte die Entwicklung mit hochrotem Kopf. Der Bayern-Patron muss nach der weiteren Verschärfung seiner Lage mehr denn je eine Freiheitsstrafe befürchten.

Die neue Millionensumme der Finanzbeamtin wurde leise am Richtertisch verkündet. Sie basiert auf einer ersten Durchsicht des neuen Materials. Auch die von der Verteidigung nachgereichten Angaben sollen noch Lücken aufweisen. "Hier fehlen 1,7 Millionen, von denen keiner weiß, wo sie sind", sagte Richter Rupert Heindl einmal.

Nach Angaben der Steuerfahnderin hat Hoeneß die vor über einem Jahr erstellte Datei zu seinem geheimen Konto in der Schweiz erst kurz vor dem Prozess vorgelegt. Der an der Börse zockende Präsident hatte mit seinen Spekulationen demnach zeitweise hohe Gewinne erzielt. Deutlich über 100 Millionen Euro lagerten zwischenzeitlich auf dem Depot. Nach 2006 ging es abwärts. "Ende 2010 ist nicht mehr sehr viel von den Gewinnen da, was leider an der Steuer nichts ändert", schilderte die Beamtin.

Die neuen Zahlen seien von der Verteidigung nicht hinterfragt worden, sagte Gerichtssprecherin Andrea Titz. Damit sei nicht zu rechnen gewesen.

Der Zeitplan mit einer raschen Urteilsverkündung am Donnerstag ist daher trotz der neuen Entwicklungen weiterhin möglich - allerdings keineswegs sicher. Das Gericht will erst noch den Mittwoch abwarten. Am dritten Prozesstag sollen als weitere Zeugen ein Betriebsprüfer sowie ein EDV-Mann des Finanzamtes Rosenheim gehört werden.

Mit einem roten Wäschekorb voller Akten hatte die Steuerfahnderin am Morgen den Saal 134 im Münchner Justizpalast betreten. Vor rund einer Woche habe Hoeneß' Verteidigung den Behörden einen USB-Stick mit Informationen über sein Schweizer Konto zukommen lassen, berichtete sie. Die "Grunddateien" der pdf-Dokumente seien aber schon am 18. Januar 2013, einen Tag nach der Selbstanzeige des Bayern-Präsidenten, erstellt worden, bemerkte die Beamtin. Das habe die EDV-Abteilung der Finanzbehörde festgestellt. Dazu will das Gericht den weiteren Zeugen aus Rosenheim am Mittwoch befragen.

Hoeneß hatte Gelegenheit Selbstanzeige zu korrigieren

Die Verteidigung betonte, die Datei sei nach und nach vervollständigt und erst kurz vor Prozessbeginn fertiggestellt worden. Nach Angaben der Steuerfahnderin gaben die Behörden Hoeneß und seinen Beratern die Gelegenheit, die Selbstanzeige nachzubessern. Erst danach leiteten sie ein Ermittlungsverfahren ein und durchsuchten im März 2013 das private Anwesen von Hoeneß am Tegernsee. Der Bayern-Boss habe danach beim Finanzamt angerufen und sich für die "diskrete Durchführung der Durchsuchung" bedankt, berichtete die Beamtin. Einen Monat später wurde die Selbstanzeige durch einen Medienbericht doch öffentlich.

Hoeneß erschien am zweiten Verhandlungstag wieder in einem schwarzen Anzug und in Begleitung seiner Frau Susi im Gericht. Er wirkte schon zu Beginn ernster als am Vortag. An einer Verurteilung von Hoeneß geht nach Ansicht von Steuergewerkschafts-Chef Thomas Eigenthaler kein Weg mehr vorbei. "Eine Freiheitsstrafe ist für mich absolut zwingend", sagte er dem Bayerischen Rundfunk noch bevor die noch höhere Steuerschuld bekannt wurde. "Ob sie jetzt noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann, daran habe ich ganz, ganz starke Zweifel."

Der mit deutschen Wirtschaftsführern besetzte Aufsichtsrat der FC Bayern München AG hält sich mit Äußerungen zur Zukunft des Vorsitzenden Hoeneß zurück. Das Verfahren laufe noch, sagte Audi-Chef Rupert Stadler auf der Bilanzpressekonferenz des Autobauers in Ingolstadt. Es bedürfe einer "letztinstanzlichen Entscheidung", erklärte Stadler.

Audi ist neben dem Sportartikelhersteller Adidas und dem Versicherungskonzern Allianz am FC Bayern als Investor beteiligt. Neben Stadler sitzt unter anderem auch VW-Chef Martin Winterkorn im Aufsichtsrat.