Im Sommer geht es zum FC Bayern, am Dienstag geht es gegen den FC Bayern: Für Niklas Süle und Sebastian Rudy von 1899 Hoffenheim steht eine brisante Partie an.

Sport: Marco Seliger (sem)

Stuttgart - Es schadet ja nie, wenn ein Fußballtrainer mal über den Tellerrand hinausblickt. Julian Nagelsmanns Horizont jedenfalls endet nicht an der Seitenlinie, und so kam es, dass der Trainer von 1899 Hoffenheim einen recht anschaulichen Vergleich wählte, als es um den bevorstehenden Abgang seiner Schützlinge Sebastian Rudy (27) und Niklas Süle (21) ging. „Ein Bauer muss sich auch mal von seinen Kühen und Schweinen trennen – auch wenn er eine gute Beziehung zu ihnen hat“, sagte Nagelsmann, der damit so etwas wie Realitätssinn beweisen wollte.

 

Die besten Schweine und Kühe sind eben auch bei anderen Bauern begehrt. Und manchmal kann man sie mit der Aussicht auf einen schöneren Stall mit größeren Futtertrögen halt nicht immer halten. Ob Nagelsmann dabei das eher ländliche und idyllische Ambiente rund um das 1899-Trainingszentrum in Zuzenhausen inspirierte, ist nicht überliefert. Klar war stattdessen, dass der Coach neben flotten Sprüchen auch noch eine ernste Botschaft für Rudy und Süle bereit hatte.

Die beiden wechseln ja, um in Nagelsmanns Duktus zu bleiben, im Sommer ihr Revier und siedeln zum FC Bayern über. Erst einmal aber steht für Rudy und Süle an diesem Dienstag (20 Uhr/Sky) das Duell mit dem künftigen Club an – und für ihren Trainer ist der Fall klar: „Ich schätze, dass sie ihrem neuen Arbeitgeber zeigen wollen, was sie draufhaben“, sagte Nagelsmann und ergänzte: „Ich jedenfalls wäre so gestrickt.“

Wenn man Süles und Rudys Aussagen Glauben schenken darf, dann muss sich Nagelsmann keine Sorgen machen. Voll reinhängen wollen sich die beiden, hieß es, an den FC Bayern denken sie erst ab Sommer, und so weiter. Das was Fußballer immer so sagen, wenn ein Duell mit dem künftigen Club ansteht, das gehört zur Folklore. Alles andere käme auch ein bisschen überraschend und wäre ziemlich lustig. Etwa, wenn sich Rudy hinstellte und sagte, dass er am Dienstag nach dem Anstoß gleich mal nach hinten losrennen wird und versucht ein Eigentor zu schießen. Oder wenn Süle betonte, dass er den Bayern-Stürmer Robert Lewandowski, wenn es sein muss, schon mal laufen lassen wird, um bei seinem künftigen Club gleich mal besser da zustehen.

Für Süle und Rudy ging es zuletzt steil nach oben

Das wollen die beiden Hoffenheimer bei den Bayern tatsächlich erst ab diesem Sommer. Und das wird schwer genug. Die Münchner haben ja zuletzt so etwas wie die innerdeutsche Transferoffensive ausgerufen. Dem alten und neuen Präsidenten Uli Hoeneß ist es ein Grundbedürfnis, möglichst viele deutsche Nationalspieler in den eigenen Reihen zu haben. Weshalb nach Süle (Vertrag bis 2022, Ablöse samt Prämien rund 20 Millionen Euro) und Rudy (Vertrag bis 2020, ablösefrei) bald auch noch das Offensivtalent Julian Brandt von Bayer Leverkusen geholt werden soll.

Ob und wie weit die Noch-Hoffenheimer Süle und Rudy beim Rekordmeister randürfen, ist aber völlig offen. Xabi Alonso hört im defensiven Mittelfeld auf, Philipp Lahm als Rechtsverteidiger – auf beiden Positionen könnte Rudy zum Zug kommen. Sein Hauptkonkurrent auf beiden Positionen ist Nationalspieler Joshua Kimmich. Der Innenverteidiger Niklas Süle wird sich erst einmal hinter den Weltmeistern Mats Hummels und Jérôme Boateng einreihen. Auch der Spanier Javi Martinez hat auf dieser Position noch Aktien – ebenso wie im defensiven Mittelfeld, wo er dann wiederum auch mit Rudy und einem gewissen Arturo Vidal konkurriert. Leicht wird es also nicht für die beiden 1899-Nationalspieler.

Für die zwei Noch-Hoffenheimer aber spricht ihre jüngste Entwicklung. Steil ging es aufwärts für den Club, der als Tabellendritter ein echter Kandidat für die Königsklasse geworden ist. Und steil bergauf ging es für Sebastian Rudy und Niklas Süle. Der Innenverteidiger gehört mittlerweile zu den besten seiner Zunft in der Liga. Er ist nicht nur ein zweikampfstarker Abwehrmann. Süle, der von 2010 an in der hoch geschätzten 1899-Jugendakademie den Feinschliff erhalten hat, ist dazu extrem beweglich, sein Passspiel ist klar und präzise.

Und Rudy? Der früher eher schüchterne Kapitän ist zu einem Führungsspieler in Hoffenheim gereift. Technisch und taktisch war Rudy ja schon immer hoch veranlagt, jetzt übernimmt er auch Verantwortung. Seit seinem Wechsel vom VfB Stuttgart im Jahr 2010 ist er bei den Kraichgauern – und ebenso lang brauchte er, um zum Chef zu werden. Warum das jetzt so ist? Julian Nagelsmann hat eine simple Antwort: „Er weiß, dass ich ihm vertraue.“ Ob das der Kollege Carlo Ancelotti beim FC Bayern auch tut, wird sich bald zeigen.