Wieder kommt es zu schweren Unfällen mit Feuerwerk. In Leipzig stirbt dabei ein Jugendlicher. Auch gezielte Angriffe auf Einsatzkräfte werden gemeldet. Als Reaktion werden Forderungen nach einem weitgehenden Böllerverbot laut.

Schwere Unfälle und Straftaten mit Feuerwerkskörpern sowie Angriffe auf Einsatzkräfte haben die Rückkehr des großen Silvesterböllerns in Deutschland überschattet. Ein 17-Jähriger in verletzte sich beim Einsatz von Pyrotechnik so schwer, dass er im Krankenhaus starb, wie die Polizei mitteilte. Als Reaktion auf Angriffe gegen Einsatzkräfte rund um den Jahreswechsel und auf mehrere schwere Böller-Unfälle wird wieder über ein generelles Verbot von Feuerwerk in den Händen von Privatleuten diskutiert.

 

In Thüringen zogen sich zwei Männer während der Silvesternacht durch Feuerwerkskörper schwere Verletzungen zu. Ein 42-Jähriger wurde bei Gotha beim Hantieren mit online bestellten Böllern so schwer verletzt, dass ihm beide Unterarme amputiert werden mussten, wie die Polizei sagte. In Schleiz verlor ein 21-Jähriger bei einem Unfall mit einem Sprengkörper eine Hand. Die illegale Kugelbombe sei direkt beim Entzünden explodiert.

Fußgänger von Auto tödlich verletzt

Bei Hannover musste ein 46 Jahre alter Mann in der Nacht notoperiert werden. Er hatte einen Böller in eine Metallhülse gelegt, aus dieser wurden bei der Explosion Teile herausgesprengt. Ein Mann aus Weißenfels in Sachsen-Anhalt zog sich schwere Verletzungen zu. Er habe sich „die linke Hand komplett weggesprengt, da war nichts mehr zu retten“, sagte Cord Corterier von der Spezialklinik für Handchirurgie in Halle. Bei einem Unfall mit Feuerwerk verlor ein Mann in Jülich an Silvester zwei Finger. Laut Polizei hatte der 27-Jährige mehrere zugelassene Knallkörper miteinander verklebt.

Beim Anzünden von Feuerwerkskörpern auf der Straße wurde ein Fußgänger in Sachsen-Anhalt von einem Auto erfasst und tödlich verletzt. Der 42-Jährige wurde durch die Wucht des Aufpralls am frühen Sonntagmorgen mehrere Meter weit über die Fahrbahn geschleudert. Er starb noch am Unfallort in Schönebeck (Elbe).

Feuerwehr mit Böllern angegriffen

In Berlin wurden Polizisten und Feuerwehrleute beim Löschen eines brennenden Autos „massiv mit Böllern angegriffen“, wie die Polizei twitterte. Im Stadtteil Lichtenrade versuchten laut Polizei 60 bis 80 Menschen, ein Fahrzeug mit Feuerwerk anzuzünden. Ebenfalls in Berlin wurden die Scheiben eines Ladens „weggeböllert“. Kollegen seien „sprichwörtlich unter Beschuss genommen“ worden, twitterte die Polizei

Am Vorabend von Silvester warfen junge Leute in Schöneberg Böller auf die Straße und auf Polizisten. Es wurden fünf Beteiligte vorübergehend festgenommen. Schon am Donnerstagabend hatten etwa 150 Menschen in dem Viertel illegal Knaller und Raketen gezündet und einen Polizeieinsatz ausgelöst.

Enorme Aggressivität

Die Feuerwehr in der Hauptstadt meldete insgesamt mehr als 1700 Einsätze, fast 700 mehr als vor einem Jahr während der Corona-Beschränkungen. Von Knallern und Raketen wurden demnach 22 Menschen verletzt. In 38 Fällen seien Einsatzkräfte angegriffen worden, einer der verletzten Retter musste ins Krankenhaus. „Dieses Verhalten ist durch nichts zu rechtfertigen, und ich kann es nur auf das Schärfste verurteilen“, sagte Landesbranddirektor Karsten Homrighausen. „Selbst erfahrene Einsatzkräfte waren über die Aggressivität und Gewaltbereitschaft durch zum Teil vermummte Gruppen geschockt“, twitterte die Feuerwehr.

„Unsere Befürchtungen wurden von der Realität noch übertroffen“, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, am Sonntag laut Mitteilung. Er sei fassungslos, dass selbst der Tod eines 17-Jährigen nicht zu sofortigen Reaktionen verantwortlicher Bundespolitiker führe. „Bundesinnenministerin Faeser hat trotz unserer Warnungen und trotz einer klaren Mehrheit der Menschen für ein absolutes Böllerverbot die schrecklichen Folgen dieser Nacht zu verantworten“, sagte Resch. Deutschland habe „eine Aggressivität in einer noch nie dagewesenen Form“ erlebt. „Es ist eine Minderheit, die die Silvesternacht ausnutzt und mit Pyrotechnik die große Mehrheit terrorisiert.“

103 Festnahmen in Berlin

Die Berliner Polizei meldete massive Angriffe auf Einsatz- und Rettungskräfte in der Neujahrsnacht und 18 verletzte Beamte. Insgesamt 103 Menschen wurden festgenommen, darunter 98 Männer und fünf Frauen. Ermittelt wird nicht nur wegen Angriffen auf Vollstreckungsbeamte, sondern auch wegen Brandstiftung, Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz oder Landfriedensbruch.

Als Reaktion auf die Angriffe mit Böllern und Raketen auf Polizisten und Feuerwehrleute verlangt auch die Gewerkschaft der Polizei Berlin, mit einem weitgehenden Böllerverbot Ernst zu machen. „Wir haben deutschlandweit gesehen, dass Pyrotechnik ganz gezielt als Waffe gegen Menschen eingesetzt wird“, kritisierte GdP-Landeschef Stephan Weh. Das müsse ein Ende haben.

Argumente für das Böllern

Politiker von Union und FDP wandten sich gegen ein allgemeines Böllerverbot. „Die Angriffe auf Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte in der Silvesternacht sind geradezu absurd und verachtenswert“, sagte der Erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), der „Rheinischen Post“. Das Verhalten von Kriminellen dürfe aber nicht bedeuten, „dass auch die vielen friedlich Feiernden einem generellen Feuerwerksverbot unterliegen sollten“. Die Kommunen hätten bereits die Möglichkeit, an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten ein Feuerwerksverbot zu verhängen: „Das ist vernünftig.“

Ähnlich argumentierte die parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Bundestagsfraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, in derselben Zeitung: „Ein allgemeines Böllerverbot wäre nicht zielführend, zumal Städte die Möglichkeit haben, partielle Feuerwerksverbote auszusprechen.“