Die Separatisten haben in Katalonien erneut die absolute Mehrheit geholt. Das Ergebnis bringt keine Lösung der Krise. Aber einigen von ihnen drohen Strafverfahren.

Barcelona - Nach der Parlaments-Neuwahl in der spanischen Krisenregion Katalonien ist kein Ende der seit Monaten andauernden Krise in Sicht. Die Separatisten kamen bei der Abstimmung erneut auf eine absolute Mehrheit der Sitze, wodurch eine weitere Konfrontation mit der Zentralregierung in Madrid vorprogrammiert zu sein scheint. Die drei für eine Unabhängigkeit eintretenden Parteien erreichten nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen 70 der insgesamt 135 Sitze des Parlaments in Barcelona, wie die Wahlbehörde am späten Abend nach der Auszählung fast aller Stimmen mitteilte. Für die absolute Mehrheit reichen schon 68 Sitze.

 

Die Gegner der Unabhängigkeit verpassten die absolute Mehrheit überraschend deutlich - Umfragen hatten zuletzt hingegen immer ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Separatisten prognostiziert.

Wer Regionalpräsident wird, war noch unklar

Stattdessen schnitt die Allianz JuntsxCat (Gemeinsam für Katalonien) von Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont entgegen aller Umfrageergebnisse der vergangenen Wochen extrem gut ab und kam alleine auf 34 Sitze. Die linksnationalistische Partei ERC des inhaftierten Spitzenkandidaten Oriol Junqueras holte 32 Sitze, während die linksalternative und antikapitalistische CUP zwar Einbrüche erlitt, aber mit ihren vier Sitzen die Mehrheit erst möglich macht.

Der eigentliche Gewinner der Wahl ist dennoch die liberale Partei Ciudadanos der 36-jährigen Spitzenkandidatin Inés Arrimadas, die strikt gegen eine Abspaltung der Region von Spanien ist. Ciudadanos kommt sogar auf 36 Sitze - jedoch gab es wegen des schlechten Abschneidens der möglichen Koalitionspartner keine Chance auf eine Regierungsbildung.

Wer Regionalpräsident wird, war noch unklar. Sowohl Puigdemont, der sich nach Brüssel abgesetzt hat, als auch der in U-Haft sitzende Junqueras hatten vor der Abstimmung erklärt, sie wollten das Amt für sich beanspruchen. Mit Spannung wird erwartet, wie Puigdemont auf das Wahlergebnis reagieren wird. Kehrt er nach Katalonien zurück, droht ihm die sofortige Festnahme. Ihm und seinen Mitstreitern werden Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Darauf stehen lange Haftstrafen.

Die Neuwahl fand knapp zwei Monate nach der Absetzung der Separatisten-Regierung durch die Zentralregierung von Mariano Rajoy statt. Seither kontrolliert diese die Region. Die Zwangsverwaltung soll in Kraft bleiben, bis die neue Regionalregierung ihr Amt antritt. Dies könnte aber im Falle von schwierigen Koalitionsverhandlungen noch einige Zeit dauern.

82 Prozent Wahlbeteiligung

Schon vor Öffnung der 2680 Wahllokale hatten sich am Morgen vielerorts lange Schlangen gebildet - die Katalanen wussten um die Bedeutung der Wahl. Am späten Abend war klar: Fast 82 Prozent der 5,5 Millionen wahlberechtigten Bürger waren zu den Urnen gegangen - ein neuer Rekord. Bei der vorangegangenen Regionalwahl 2015 in der nordostspanischen Region, die von den Separatisten zum „Plebiszit über die Unabhängigkeit“ erklärt worden war, waren 77 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen gegangen.

Für Katalonien war die Wahl extrem wichtig und richtungsweisend. Seit Wochen gab es ganz Spanien kaum ein anderes Thema in den Medien. Durch die absolute Mehrheit der separatistischen Parteien geht der Ärger mit Madrid nun vermutlich weiter, auch wenn mehrere Spitzenpolitiker vor der Wahl betont hatten, sie wollten künftig mehr auf einen Dialog setzen. „Aber die Beziehung zu Spanien wird nie wieder dieselbe sein“, sagte der separatistische Wähler Xavi in Barcelona nach der Stimmabgabe