Die bundes- und landesweit größten Bäume ihrer Art werden als Champion Trees gelistet. 180 davon wachsen in den Hohenheimer Gärten.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Stuttgart-Hohenheim - Steht man neben ihnen, fühlt man sich selbst wie eine Ameise: Die Rekordbäume in den Hohenheimer Gärten sind wahre Riesen. Eine Goldkiefer zum Beispiel reckt sich ganze 37 Meter in den Himmel. Eine Platane misst 35 Meter und ist mit 7,50 Metern Umfang der dickste Baum im ganzen Park. Von beiden Bäumen gibt es in Baden-Württemberg keinen größeren ihrer Art. Aber auch deutschlandweite Rekorde sind in Hohenheim verwurzelt, wie zum Beispiel mit der Baumhasel, die mit 23 Metern die größte ihrer Art in der ganzen Republik ist.

 

Mehr als 180 Bäume wachsen in den Hohenheimer Gärten – verteilt auf den Exotischen Garten und den Hohenheimer Schlosspark –, die den Titel Rekordbaum verliehen bekommen haben. Vergeben wird er von der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft (DDG) und der Gesellschaft Deutsches Arboretum (GDA). Sie erfassen die stärksten und ältesten Bäume ihrer Art für Deutschland und für das jeweilige Bundesland. Eine Spielerei? „Ja auch, aber es steckt auch ein Nutzen dahinter“, sagt Robert Gliniars von der Universität Hohenheim. „Über die Aufmerksamkeit, die den Bäumen zuteil wird, soll auch zu deren Schutz und langfristigem Erhalt beigetragen werden.“

Lesen Sie aus unserem Angebot: Wie geht es Wald- und Obstbäumen in 20 Jahren?

Dass so viele Rekordbäume ausgerechnet in Hohenheim stehen, ist durch Zufall entdeckt worden: Bei einer Tagung auf den Fildern im Jahr 2013 fielen den Dendrologen die vielen Baumriesen auf. Ihre Messungen bestätigten, dass es sich bei vielen um Rekordbäume handelt. „Wir waren selbst überrascht. Seither wird das Thema bei uns groß geschrieben“, sagt Robert Gliniars.

Auf einem Rundweg durch die Hohenheimer Parkanlagen können Besucher seither einige der schönsten Exemplare der sogenannten Champion Trees begutachten. Das Interesse daran ist groß, sagt Gliniars: „Die Leute reisen zum Teil aus ganz Deutschland oder sogar aus Europa an, um sich das anzuschauen.“ Ihn wundere das nicht, schließlich sei eine so große, altehrwürdige Baumsammlung etwas ganz Besonderes. „Die riesigen Baumlebewesen geben dem Park eine ganz besondere Atmosphäre und Ruhe. Ihre Mächtigkeit ist beeindruckend. Zu wissen, dass sie die größten ihrer Art sind, macht sie so besonders“, sagt der Botaniker. Die Besucher bewunderten, was diese Naturdenkmäler über die Jahrhunderte erlebt und ausgehalten haben müssen.

Das Alter vieler Bäume in den Hohenheimer Gärten ist beachtlich: Einige haben bereits 250 Jahre auf dem Buckel, mehr als 200 Bäume sind 100 oder sogar 150 Jahre alt. Dass die Baumsenioren so geballt in Hohenheim wachsen, hat einen Grund. Zum einen, erklärt Gliniars, seien Herzog Carl Eugen von Württemberg und seine Gemahlin Franziska von Hohenheim sehr interessiert an Bäumen gewesen. Das Paar habe Ende des 18. Jahrhunderts eine bedeutende Sammlung von Bäumen und Sträuchern anlegen lassen.

1783 habe ein Gartenkunsttheoretiker bereits mehr als 1200 Stauden- und Gehölzarten gezählt. Anfang des 19. Jahrhunderts sei die Englische Anlage unter König Wilhelm I. von Württemberg zur Exotischen Baumschule umgewandelt worden. „Er hat sich viele Bäume zuschicken und pflanzen lassen, zum Beispiel aus China oder Nordamerika“, sagt Gliniars. „Daher gibt es hier so viele exotische Bäume aus dieser Zeit.“

Ihr Alter macht den Bäumen zu schaffen

Das hohe Alter der Bäume ziehe aber nach sich, dass sie immer mehr Altersbeschwerden bekommen. Zudem hätten die Trockenheit und Hitze der vergangenen Jahre den Rekordbäumen zu schaffen gemacht. „Ein paar sind uns abgestorben“, bedauert der Biologe Gliniars. „Deshalb sind wir heilfroh über den verregneten Sommer dieses Jahr.“ Mit Maßnahmen wie beregnen, düngen, impfen mit dem Mykorrhiza-Pilz oder dem Einbringen von Gegenspielern zu Schadpilzen versuchen die Botaniker der Hohenheimer Gärten, den Baumveteranen die Beschwerden des Alters zu lindern und sie so lange wie möglich zu erhalten.