Seit Kurzem gelten in den Hohenheimer Gärten verschärfte Vorsichtsmaßnahmen. Besucher müssen Mund und Nase bedecken, auch aufs bestehende Picknick- und Spielverbot wird explizit hingewiesen. Das interessiert aber die Wenigsten.

Hohenheim - Margarete Dietrich hat ihre liebe Not. Als ihr eine Gruppe entgegenkommt, schlägt sie einen Haken durch die Wiese. Die 79-Jährige tut sich schwer, zu dem Pulk Abstand zu halten. „Das ist kein soziales Verhalten“, sagt ihr 80-jähriger Mann Siegfried Dietrich. Die Senioren aus Degerloch tragen beim Spaziergang Mundschutz. Um sich und andere vor einer Infektion mit Corona zu schützen. Und weil sie es im Park der Uni Hohenheim schlichtweg müssen.

 

Es gab immer mehr Verstöße gegen die Abstandsregel

Vergangene Woche hat die Hochschule neue Regeln für ihren botanischen Garten bekannt gegeben. Auf dem 30-Hektar-Gelände gilt neben dem Gebot, zu anderen einen Abstand von mindestens anderthalb Metern zu halten, nun eine Mundschutzpflicht. Zudem wurden weiße Einbahn-Pfeile auf den Boden gemalt, nach denen sich die Spaziergänger richten sollen, um Begegnungen mit anderen zu vermeiden. „In der letzten Zeit gab es leider immer mehr Verstöße gegen die Abstandsregeln“, heißt es seitens der Uni bei Facebook. Durch die neuen Bestimmungen wolle man vermeiden, dass der Park geschlossen werden müsse. „Das ist ja eindeutig“, sagt Margarete Dietrich.

Tatsächlich hält sich aber kaum einer dran. Ein Rundgang am späten Samstagnachmittag zeigt: Von den 150, vielleicht 200 Personen, die sich auf dem Gelände tummeln, tragen keine zehn eine Maske. „Mir ist das, ehrlich gesagt, egal“, sagt ein Sillenbucher, der mit Frau und Kind auf einer Decke das Wetter genießt. „Was soll man mit den Kindern noch machen?“, fragt er. Auch ein Duo aus Leonberg und Stuttgart-West, das sich wenige Meter weiter auf der Wiese ausgebreitet hat, hat wenig Verständnis für den Maskenzwang – und ignoriert ihn. „Wenn es überfüllt wäre, würde ich es machen. Aber im Umkreis von 100 Metern ist hier niemand“, sagt die Frau.

Die Ertappten antworten grinsend

„Rücksichtnahme ist das Gebot der Stunde“, entgegnet indes Dorothea Elsner, eine Uni-Sprecherin. Höfliche Appelle, Abstand zu halten, hätten nicht gefruchtet, daher gebe es nun die Maskenpflicht. Allerdings muss auch sie gestehen: Bislang funktioniert sie noch nicht. An einer Unkenntnis liegt es zumeist nicht. Die meisten Ertappten gestehen an diesem Samstag grinsend, dass sie um die Regeln wissen, aber darauf pfeifen.

Nicht jeder reagiert gelassen. „Das ist mir zu blöd! Frische Luft möchte ich schon noch haben“, poltert eine ältere Frau auf einer Bank. Ein Trio, dass vor der Kulisse des Schlosses Frisbee spielt und dabei der Musik lauscht, die ein anderes Trio auf einer Decke aufgedreht hat, ist deutlich gereizt. Obwohl vielerorts Hinweistafeln aufgestellt sind, wollen sie nichts von den Regeln wissen. Stattdessen lässt sich eine junge Frau lieber lautstark über Sinn und Unsinn von Gesichtsbedeckungen aus.

Muss erst die Polizei kommen?

Dabei sind viele Verbote, die die Uni Hohenheim angeschlagen hat, gar nicht neu. „Rasenflächen (...) sind nicht zum Spielen, Feiern oder Ballspielen freigegeben, ebenso nicht als Liegewiese“, heißt es in der Gartenordnung, die schon vor Corona galt. Weder Spiel- und Sportgeräte noch Fahrzeuge sind gestattet, ebenso wenig das Trinken von alkoholischen Getränken. Laut Dorothea Elsner kontrollieren Sicherheitsleute dies „relativ engmaschig“. Angesprochene Leute zeigten sich einsichtig, „wenn es Probleme gibt, kann auch die Polizei hinzugezogen werden“.

Bei der Tour am Samstag sind keine Security-Leute zu sehen. Dafür zwei Plieninger, die einen Hund ausführen – beide Spaziergänger mit Mundschutz. Auch sie sind nicht erfreut über die Maskenpflicht, doch halten sie ein. „Das ist Hausrecht“, sagt der Mann. „Die Konsequenz ist, dass der Park geschlossen wird.“ Die Hochschul-Sprecherin Dorothea Elsner bestätigt dies und betont: „Diese Option gibt es natürlich weiterhin.“