Hohenloher Bauern leisten sich Patzer Aufregung um kurze Schweineschwänze

Seinen Sauen soll es gut gehen: Rudolf Bühler. Foto: Helge Bendl

Schweinen die Schwänze zu stutzen gilt für Bio-Bauern als Todsünde. Doch bei einem Empfang der Öko-Branche bei der Grünen Woche in Berlin präsentierten Haller Landwirte Stummel- statt Ringelschwänze. Wie kam es dazu?

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Grüne Woche 2019 dürfte Rudolf Bühler so schnell nicht vergessen. Beim „Bio-Empfang“ des Bundes ökologischer Lebensmittelwirtschaft durfte seine Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH) die Verpflegung liefern. „Vom Rüssel bis zum Schwänzle“ lautete das Motto, unter dem die Hohenloher den Gästen aus Politik, Wirtschaft, Behörden und Verbänden in Berlin Leckereien vom heimischen Landschwein anboten – natürlich alles aus Bioproduktion.

 

Zwei am Grillstand aufgestellte Töpfe passten indes schlecht zum hehren Anspruch. Gefüllt waren sie unter anderem mit Schweineschwänzen, die nicht – wie von Natur aus – geringelt, sondern erkennbar gekürzt waren. Dabei gilt das Kupieren als untrügliches Kennzeichen für eine nicht artgerechte Haltung. Damit sich die Ferkel in engen Ställen nicht gegenseitig anknabbern, werden ihnen schon früh die Schwänze gestutzt. Für Biobauern ist das ein striktes Tabu, auch andere Halter will das ums Tierwohl besorgte Bundeslandwirtschaftsministerium davon abbringen. Durch bessere Bedingungen soll das eigentlich bereits verbotene, aber ausnahmsweise noch geduldete Kupieren nach und nach überflüssig werden.

Prominenz aus der Biobranche versammelt

Just Bühlers Vorzeigebauern kredenzen der versammelten Ökobranche abgeschnittene Schweineschwänze? Bei Besuchern vor Ort und Betrachtern der Pressefotos stieß das auf erhebliches Befremden. Es sei schon ziemlich dreist, die Gäste für so unkundig zu halten, dass sie das nicht bemerkten. Immerhin tummelten sich jede Menge Experten bei dem Branchenevent: neben dem Verbandschef Felix Prinz zu Löwenstein eine grüne und eine schwarze Landesministerin, der Hohenloher Abgeordnete Harald Ebner (Grüne) sowie nationale und internationale Ökoprominenz. Ob der Fauxpas wohl Rückschlüsse auf die Schweinehaltung bei den Hohenlohern erlaube, wurde giftig gefragt. Deren Chef Bühler sei doch eigentlich bekannt dafür, alles unter Kontrolle zu haben.

Bei der Erzeugergemeinschaft zeigte man sich zerknirscht. Die Stummelschwänze hätten alleine der Dekoration gedient, erklärte ein Sprecher auf Anfrage unserer Zeitung; sie seien weder zum Verzehr vorgesehen noch dafür geeignet gewesen. Künftig werde man darauf achten, dass auch bei der optischen Gestaltung Bioprodukte verwendet würden, gelobte er. Allein solche seien in Berlin am Büfett gereicht worden – neben Bauernbratwürsten auch Spezialitäten wie frittierte Schweineohren oder Pralinen vom Hällischen Schweineschwanz, die laut Pressetext erst „nach anfänglichem Zögern“ goutiert wurden.

„Irreführendes Foto“ gelöscht

Bei den eigenen Biosauen achte man strikt auf die Ökovorgaben, beteuerte der BESH-Sprecher; davon könne man sich jederzeit per Augenschein vor Ort oder im Schlachthof überzeugen. Bei Tieren, die von anderswo zur Schlachtung angeliefert würden, gebe es eine Prämie für jeden vollständigen Schwanz. Zusätzlich zum Deckungsbeitrag von 24 Euro pro Schwein in der konventionellen Mast zahle man einen Zuschlag von 17,71 Euro. Seit Jahren setze die BESH so Anreize für eine artgerechte Haltung, das finde man besser als Verbote.

Den in Berlin erweckten falschen Eindruck „bedauern wir sehr“, versicherte der Sprecher. Das „irreführende Foto“ auf der Homepage sei inzwischen gelöscht, die Pressemitteilung nach weiteren irritierten Rückmeldungen um einen Nachtrag ergänzt worden.

Für den gastgebenden Verband der Öko-Lebensmittelbranche (BÖLW), der auf Anfrage nur auf die Erzeugergemeinschaft verwies, sei die korrekte Zertifizierung „elementar wichtig“. Alleine Biolebensmittel seien für das Catering bei der Grünen Woche zugelassen, so der BESH-Sprecher, überprüft werde das mittels „Bio-Eventzertifizierung“ und von einem Kontrolleur vor Ort. Die Töpfe mit den „falschen“ Schwänzen, die eigentlich schwer zu übersehen waren, waren ihm offenbar nicht aufgefallen.

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