Penélope Cruz macht sogar schwanger im vierten Teil von "Fluch der Karibik" eine gute Figur - zierlich, aber durchsetzungsfähig.

Stuttgart - Zerbrechlichkeit ist als weibliches Ideal schon lange nicht mehr angesagt. Zierlichkeit aber ist eine ganz andere Gabe, und die aus Spanien stammende Hollywooddiva Penélope Cruz führt die seltsamste Art der Zierlichkeit vor, eine, die mit Energie, Forschheit, Durchsetzungsfähigkeit einhergeht. Aber egal, wie robust Cruz' Figuren auftreten, wie leidensfähig oder wutanfallsvirtuos, die am 28. April 1974 in Madrid geborene Tochter einer Friseuse und eines Kaufmanns gibt ihnen nicht nur etwas Feingliedriges, sondern etwas Feines, eine Sensibilität, die in schönem Widerspruch zum Wahrnehmungsmuster der feurigen Südländerin als pausenlos klackernder Temperamentskastagnette steht.

 

Es ist wohl diese besondere Leichtigkeit, die den Produzenten der "Fluch der Karibik"-Serie den Mut verlieh, Cruz für den am Donnerstag in deutschen Kinos startenden vierten Teil "Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten" an Bord zu nehmen. Denn Cruz war schon schwanger, als die Dreharbeiten starteten, und befand sich im siebten Monat, als die letzte Klappe fiel. Für eine Megaproduktion, in der viel mit Säbeln gefochten und in den Wanten großer Segelschiffe herumgeturnt wird und für deren aufwendige Augentäuschereien die Darsteller stundenlang in der Maske sitzen müssen, sind das denkbar ungünstige Bedingungen. Cruz aber hat man offenbar zugetraut, ihre Unbeschwertheit zu wahren. Wobei man für einige Szenen dann doch ein Double einsetzte - Penélopes Schwester Mónica Cruz.

Klug, geschmackssicher und eigenwillig

Vermutlich hat die streithafte Zierlichkeit von Penélope Cruz nicht nur mit einer Geisteshaltung zu tun, sondern auch mit der harten Tanzschule, die sie durchlaufen hat. Ihre Eltern wollten sie unbedingt zum Ballett bringen und ließen sie von klein auf trainieren - bis Cruz mit 15 Jahren aufbegehrte. Sie wolle, verkündete sie, nichts anderes als Schauspielerin werden.

Auch das ist ihr dann mit einer Leichtigkeit gelungen, die auf den ersten Blick alles selbstverständlich, folgerichtig und unausweichlich erscheinen lässt. Erst der zweite Blick offenbart, wie klug, geschmackssicher und eigenwillig Cruz ihre Karriere angegangen ist. Sie hat fast vom Fleck weg bei Projekten angeheuert, deren Massenwirksamkeit nicht sicher war, die als Filmkunst gehandelt und dann doch populär wurden. Penélope Cruz hat in einigen der wichtigsten Produktionen ihres Landes mitgespielt, in Bigas Lunas' "Jamon, jamon" (1992), in dem sie erstmals auf ihren heutigen Ehemann Javier Bardem traf, und in Fernando Truebas "Belle Époque" (1992), der den Ausland-Oscar gewann.

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffen tiefe Gräben

Es sei für eine gut aussehende Frau nicht leicht, als Schauspielerin für voll genommen zu werden, hat Cruz wie so viele ihrer Kolleginnen beklagt. Aber sie hat es dann vor allem durch ihre Zusammenarbeit mit dem Regisseur Pedro Almodívar geschafft, auch in Hollywood wahrgenommen zu werden und klarzumachen, dass eine Frau, die in "Live Flesh" oder "Alles über meine Mutter" gespielt hat, mehr von ihrem Beruf erwartet als Blitzlichtgewitter und Kellnerservilität beim Essengehen.

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit aber klafft in Hollywood jener tiefe Grabem aus dem heraus die hellsten Scheinwerfer strahlen. Cruz hat mit Beginn des neuen Jahrtausends in USA in vielen Filmen mitgespielt, die, freundlich formuliert, nicht ganz das wurden, was die Drehbücher einmal versprachen. Dazu gehört auch Cameron Crowes "Vanilla Sky" (2001), das Remake eines spanischen Originals von 1997, in dem Penélope Cruz ebenfalls mitgewirkt hatte.

Bescheidene Gagen gewohnt

Beim Dreh des Remakes traf sie Tom Cruise, worauf sich eine der großen Klatschaffären entsponn: Cruise verließ Nicole Kidman und lebte drei Jahre lang mit Cruz zusammen. Das war jene Art Yellow-Press-Event, dessen Beteiligte oft zu spät merken, dass ihnen hier kein Feuerwerk dargebracht wird, sondern dass sie das Feuerwerk sind, das am Ende ausgebrannt in den Kehricht gefegt wird.

Die Geschichten aber wurden alt, und die Welt hat mit einigem Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass Penélope Cruz kaum je vorsätzlich Schlagzeilen produziert. Sie spielt, weil die ganze Serie sich nicht sonderlich ernst nimmt, offenbar durchaus vergnügt in "Pirates of the Caribbean" mit, und sie hat auch schon zu solchen Schrecklichkeiten wie "Sex and the City 2" Ja gesagt. Aber sie scheint sehr viel lieber mit Almodívar Filme wie "Volver" (2006) zu drehen oder mit Woody Allen "Vicky Cristina Barcelona" (2008) - auch wenn das in Hollywood nicht unbedingt zur Erhöhung des Marktwertes beiträgt. Denn wer für die vergleichsweise bescheidenen Gagen bei Filmkunstprojekten antritt, bekommt auch bei Blockbustern keinen der fabulösen 20-Millionen-Dollar-Verträge angeboten.