Der Maler und Autor Max Mannheimer wurde in Nový Jicín geboren und hat im Dritten Reich drei Konzentrationslager überlebt. Davon hat der Ehrenbürger aus Ludwigsburgs Partnerstadt den Schülern am Goethe-Gymnasium erzählt.

Ludwigsburg - Angst hat Max Mannheimer heute nur noch vor Treppen, die seine künstlichen Kniegelenke und die Metallhüfte überlasten könnten. Sonst würden ihn nicht einmal die schlimmsten Verbrecher erschrecken, sagt der 94-Jährige. Er habe zwischen Januar 1938 und April 1945 als Jude die Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Warschau und Dachau überlebt und dort sein Angstpotenzial aufgebraucht. Seit 30 Jahren schreibt und erzählt er den Menschen nun von dieser Zeit, wie am Mittwoch im Goethe-Gymnasium vor Ludwigsburger Schülern.

 

In der ersten Nacht in Auschwitz stirbt die halbe Familie

Den in München lebenden Max Mannheimer hat es nicht grundlos nach Ludwigsburg geführt. Geboren wurde er 1920 in Nový Jicín, Ludwigsburgs tschechischer Partnerstadt. Von dort floh er 1938 nach der Besetzung des Sudetenlands durch die Wehrmacht mit seinen Eltern, Geschwistern und seiner Frau nach Uherský Brod in Mähren, wo die Nationalsozialisten wenig später ebenfalls einmarschierten. Am 1. Februar 1943 kamen sie ins Vernichtungslager Auschwitz. Die Eltern, eine Schwester und seine Frau verlor er in der ersten Nacht, einen Bruder wenig später. Sein jüngster Bruder und er wurden im Herbst 1943 ins KZ Warschau und 1944 ins KZ Dachau verlegt, ehe sie am 30. April 1945 aus einem Transportzug befreit wurden.

Es waren schlimme Erlebnisse, die einen Ludwigsburger Schüler zu der Frage veranlassten: „Wie haben Sie es geschafft, das zu verarbeiten?“ Er habe lange verdrängt, sagte Mannheimer. Nach dem Tod seiner zweiten Frau schrieb er 1964 die Erinnerungen für seine Tochter auf. Sie wurden 1985 in den „Dachauer Heften“ zur Geschichte des dortigen KZs veröffentlicht. Seither ist er als Autor einer der wichtigsten Berichterstatter zum Holocaust.

Mannheimer will nur aufklären und keinen Hass verbreiten

„Ich will als Zeuge der Zeit und nicht als Richter sprechen“, sagte er. Gehasst habe er die Deutschen trotz der Untaten nie. Er klagte bei seinem Vortrag nicht pauschal an und wies darauf hin, dass in den ersten KZs auch deutsche Widerständler inhaftiert wurden. So entlockte er den Schülern auch mutige Fragen. Einer wollte wissen, warum die vielen Tausend Inhaftierten in Auschwitz keinen Widerstand geleistet hätten. „Ein Häftling hatte einen Löffel und eine Schüssel, ein SS-Wachmann ein Gewehr und einen Revolver“, sagte Mannheimer.

Er selbst sei nie ein Held gewesen. Mit seinem Aufklärungsdrang ist er es aber geworden, auch für die Schüler am Goethe-Gymnasium. „Das ist eine Veranstaltung, die das Zeug hat, zur Legende in der Geschichte der Schule zu werden“, kommentierte der Schulleiter Wolfgang Medinger den Auftritt Mannheimers.