Yisrael Kristal aus Haifa ist ein Auschwitz-Überlebender und mit seinen 112 Jahren wahrscheinlich der älteste lebende Mann der Welt, nachdem der nur wenige Monate ältere Japaner Yasutaro Koide diese Woche verstorben ist.

Israel - Zukunftsforscher prognostizieren, dank moderner Medizin werde es bald normal sein, weit über hundert Jahre alt zu werden. Im Falle von Yisrael Kristal aus Haifa muss man sagen, dass er, ein Auschwitz-Überlebender, es allen Schicksalsschlägen zum Trotz geschafft hat, ein biblisches Alter zu erreichen. Mit seinen 112 Jahren ist er der wahrscheinlich älteste lebende Mann der Welt, nachdem der nur wenige Monate ältere Japaner Yasutaro Koide diese Woche verstorben ist.

 

Damit hat Kristal gute Chancen, ins Guinnessbuch der Rekorde einzuziehen. Ältere Männer sind zumindest nicht bekannt, nur ältere Frauen, die generell eine höhere Lebenserwartung besitzen. Der derzeit älteste lebende Mensch heißt Susannah Mushatt Jones, ist 116 Jahre alt und in New York zuhause. Jedenfalls hat die Gerontologische Forschungsgruppe, die über solche Rekorde befindet, bereits Kristals Enkel Oren kontaktiert. Noch allerdings gibt es nach ihren strengen Regularien eine Hürde. Das Alter muss mit einer Urkunde aus den ersten zwanzig Lebensjahren nachgewiesen werden.

Ein Namenseintrag im Guinnessbuch würde Kristal gefallen

Eine Geburtsurkunde oder Schulzeugnisse besitzt Yisrael Kristal indes nicht. Das einzige Dokument aus frühen Jahren, das er über die im Getto von Lodz und im Vernichtungslager von Auschwitz verbrachten Zeiten retten konnte, ist sein polnischer Trauschein aus dem Jahr 1929. Doch da war er bereits 25 Jahre alt. Noch wird geprüft, ob man in seinem Fall die Regeln großzügiger auslegen kann. Ein Namenseintrag im Guinnessbuch würde Kristal gefallen. Eine solche Ehre sei „die Freude meines hohen Alters“, sagte er israelischen Journalisten im schönsten Jiddisch. Ältester Holocaust-Überlebender ist Kristal, der am 15. September 1903 in Zarnow in Polen geboren wurde, in jedem Fall. Aus seiner Kindheit hat sich ihm das Bild von Kaiser Franz Josef eingeprägt, wie der „in seinem Wagen durch unsere Stadt fuhr und wir Bonbons warfen“. Es war der Erste Weltkrieg, die Mutter lebte schon nicht mehr, der Vater geriet bald in russische Gefangenschaft.

Als 17-jähriger Waisenjunge ging Kristal nach Lodz, wo er in einer Süßwarenfabrik anheuerte. 1940 sperrten ihn dort die Nazis mit den anderen Juden ins Getto. 1944 wurden er und seine Frau nach Auschwitz deportiert. Sie wurde ermordet, er schaffte es bis zur Befreiung durch die Russen. 1950 wanderte er mit seiner zweiten Frau und dem Sohn nach Israel aus, ließ sich in Haifa nieder und baute sich mit selbst gemachtem Konfekt eine neue Existenz auf.

„Alles, was zu viel ist, tut nicht gut“

Nein, besondere Gesundheitstipps für ein langes Leben habe er nicht, winkte er bereits vor zwei Jahren bei seinem 110. Geburtstag ab. „Das liegt in Gottes Händen.“ Aber er habe immer genügsam gelebt.

„Alles, was zu viel ist, tut nicht gut“, lautet seine Devise. Dem modernen Leben mag Kristal wenig abzugewinnen. „Die Welt ist schlimmer als früher.“