Eine Ausstellung im Heimatmuseum, die an diesem Sonntag eröffnet wird, beschäftigt sich mit der Zeitmessung von der Antike bis zum Atomzeitalter. Der Kurator Heinz Lüdemann zeigt einige Raritäten.

Holzgerlingen - Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heit’ren Stunden nur“, steht am Eingang zur Sonderschau über die Zeitmessung der Menschheit, die an diesem Sonntag um 14 Uhr im Holzgerlinger Heimatmuseum eröffnet wird. Heinz Lüdemann, der Kurator des Heimatgeschichtsvereins, hat eine Idee aus dem Jahr 2011 umgesetzt, nämlich die Geschichte der Uhr aufzuzeigen.

 

Die Macher im Holzgerlinger Heimatmuseum haben damals schon davon gesprochen, das Wirken der Firma Bohmeyer zu würdigen, die in ihrem heutigen Domizil fast 25 Jahre lang Uhren produzierte, bevor die Räume für historische Ausstellungen genutzt wurden. So augenzwinkernd wie Lüdemann die Besucher in der Ausstellung empfängt, so spitzbübisch erklärt er: „Zeit ist eben vergänglich.“

Über die Redezeit bestimmte die Wasseruhr

Das erfuhren schon die Vorfahren, die sich der Sonnenuhr bedienten. Gleich zu Beginn der beachtlichen Präsentation steht ein nachgebautes Exemplar einstiger Zeitmessung, hergestellt von Frank Zipperle, dem Sohn des Holzgerlinger Schreinermeisters. Links und rechts hat Lüdemann kleine Lampen installieren lassen, welche die Lichteinstrahlung nachahmen, je nach Tageszeit, morgens oder abends. Auch eine Wasseruhr baute Zipperle nach.

An den weiteren Stationen der Uhrengeschichte werden echte Raritäten präsentiert. Sie sind den Recherchen und guten Kontakten Lüdemanns zu verdanken. Etwa 300 Arbeitsstunden habe er geleistet und fast 600 E-Mails geschrieben, bis er alles zusammen hatte, was er wollte. Er stieß auf einige Überlieferungen, etwa dass die Griechen und Römer eine Wasseruhr hatten, um die Redezeit vor Gericht zu begrenzen. Und natürlich darf eine Sanduhr nicht fehlen: Ein Modell veranschaulicht, wie sie funktionierte.

Sonnenuhr der Mauritiuskirche

in anderer Höhepunkt der Zeitmessung aus früheren Tagen ist die ehemalige Turmuhr der Mauritiuskirche. Der verstorbene Hermann Dieterle, das einstige Mitglied des Heimatgeschichtsvereins, hat sie wieder hergerichtet. Und dann gibt es eine weitere Sonnenuhr zu bestaunen: das mechanische Uhrwerk, das heute noch die Mauritiuskirche schmückt.

Pendeluhren wiederum wurden erstmals im Jahr 1657 hergestellt: Einschlägige Exponate wie etwa eine Kuckucksuhr haben das Deutsche Uhrenmuseum in Furtwangen und das Schlossmuseum in Schramberg zur Verfügung gestellt. Ein Comtoise-Exemplar aus der Zeit um 1900 lieferte ein Breitensteiner Sammler. Die Pendeluhr aus der französischen Region Franche-Comté war bis etwa 1950 hierzulande kaum bekannt und ist bei Antiquitätenliebhabern sehr begehrt.

Uhrenfirma aus Halle siedelt nach Holzgerlingen um

Selbstverständlich gibt es auch Taschenuhren mit Sprungdeckel zu bewundern. Eine davon ist aus Gelbgold und Palladium, ein besonders teures Stück. Das älteste Original datiert um 1700: eine einzeigrige Taschenuhr mit Weckfunktion. Lüdemann erklärt auch anschaulich, wie alte Schiffsuhren funktionierten. Der studierte Physiker ist besonders vorbelastet: Sein Onkel war Schiffskapitän und hat ihn als Achtjährigen einst an Bord gelassen.

Lange ist es auch her, als die Firma Bohmeyer aus dem sächsischen Halle in das einstige Schulhaus und heutige Heimatmuseum einzog, um der Enteignung durch den SED-Staat zu entgehen und weiterhin Uhren herzustellen. Sie lieferte die Stücke von 1951 bis 1976, unter anderem an das Unternehmen IBM.

Die Bandbreite der gezeigten Zeitmessung reicht ferner von Weckern, Quarz- und Funkuhren über iPhones und Tablets bis hin zur Atomuhr. Ein industriell gefertigtes Exemplar hat Lüdemann bei der Physikalisch Technischen Bundesanstalt in Braunschweig aufgetrieben. Produziert worden ist es bei der Firma Hewlett-Packard in Böblingen. Diese Spezies zählt zu den genauesten neuzeitlichen Chronometern der Welt.