Es hat sich gelohnt: Seirocrinus subangularis, die Riesen-Seelilie, ist am Freitag von der Paläontologischen Gesellschaft zum Fossil des Jahres 2014 gekürt worden. Die größte je gefundene Kolonie ist im Besitz des Museums Hauff.

Holzmaden - Seit dem Freitag ist Seirocrinus subangularis das Fossil des Jahres 2014. Mit der Auszeichnung, die von der Paläontologischen Gesellschaft jedes Jahr vergeben wird, ist der Riesen-Seelilie eine späte Ehre zuteil geworden. Genaugenommen hat sie nicht weniger als 180 Millionen Jahre auf die Entscheidung gewartet, die am Freitag im Geowissenschaftlichen Museum der Universität Göttingen bekannt gegeben wurde.

 

Rund 180 Millionen Jahre ist es her, da die in ihrem Aussehen an Blumen erinnernde Tiergesellschaft auf einem Holzstamm durch das Urmeer gedriftet ist. Irgendwann einmal ist das zwölf Meter lange Holzstück samt seiner Fracht auf den Meeresgrund abgesunken, um dort ziemlich genau 179  999 894 Jahre lang im ewigen Dunkel des schwarzen Juraschlammes begraben zu bleiben. Vor jetzt 106 Jahren ist die zum Fossil gewordene Kolonie im Holzmadener Schiefersteinbruch stolz wieder ans Tageslicht befördert worden.

Größte Seelilienkolonie weltweit

Noch einmal 18 Jahre sollte es dauern, bis das Fundstück fachmännisch präpariert war. Seither ist die 18 Meter lange und sechs Meter hohe Schieferplatte das Aushängeschild des Urweltmuseums Hauff. Den Ichthyosauriern, den Plesiosauriern, den Urweltkrokodilen, den Quastenflossern und den Flugsauriern zum Trotz ist es die Seelilienkolonie mit ihrer filigranen Anmutung, die auf die Besucher des in Familientradition geführten Museums nach wie vor eine ganz eigene Faszination ausübt.

Mit der Auszeichnung einer ganzen Art rückt die Paläontologische Gesellschaft zwar erstmals von der langjährigen Übung ab, jeweils ein herausragendes Einzelstück zum Fossil des Jahres zu erklären. Doch dürfen sich die Holzmadener Seelilien mit der für die gesamte Art geltenden Auszeichnung besonders geschmeichelt fühlen. „Wir hier in Holzmaden sind im Besitz der größten Seelilienkolonie, die weltweit je gefunden und präpariert wurde“, sagt Rolf Bernhard Hauff, der das Museum in der dritten Generation leitet.

Schwefelsäure setzt den Fossilien zu

Allein schon der Baumstamm, auf dem die Tiere mit ihrem schlanken Stilen angedockt haben, misst rund zwölf Meter. Die Tiere selbst, die mit ihren bis zu einem Meter Durchmesser großen Kronen zu Lebzeiten das Plankton aus dem nährreichen Wasser des Urmeers gefiltert haben, sind bis zu 15 Meter lang. Die erwachsenen Individuen haben sich an dem einen Ende des Stammes angesiedelt. „Auf der gegenüberliegenden Seite ist die Kinderstube der Kolonie“, erklärt Rolf Bernhard Hauff anschaulich.

So schön die Kolonie in ihrer Gesamtheit wirkt, so angegriffen ist das Präparat im Detail. „Als wir vor zwei Jahren eine neue Beleuchtung installiert haben, sind wir über das Ausmaß der Schäden erschrocken“, erinnert sich Hauff. Weil sich das im Gestein enthaltene Mineral Markasit zersetzt, wird Schwefelsäure frei, die wiederum die Fossilien angreift. Seit rund 18 Monaten ist das Gerüst vor der Seelilien-Wand deshalb der Arbeitsplatz von Klaus Nilkes und Jörg Epple. Die beiden Restauratoren haben den Wettlauf mit der Zeit aufgenommen. Mit Polyesterharz schließen sie die Risse und Abplatzungen.

Bis zu 100 000 Euro kostet die Rettungsaktion

„Ich gehe davon aus, dass uns die Rettungsaktion bis zu 100 000 Euro kostet“, sagt Hauff. Das ist viel Geld für einen Familienbetrieb. Seit Beginn des Jahres wird das Museum deshalb von einem Förderverein finanziell und ideell unterstützt. Der Verein der Freunde und Förderer des Urweltmuseums hat es sich zum Ziel gesetzt, die Arbeit des in Fachkreisen hoch angesehenen Museums bei der Präparation, Erforschung, Ausstellung und Bekanntmachung der Fossilien zu unterstützen.

In den kommenden Jahren steht den Worten Hauffs zufolge die Restaurierung des Museumsbestandes im Mittelpunkt der Bemühungen. „Das Markasit-Problem wird uns noch eine ganze Zeit lang beschäftigen“, sagt der Museumschef. Immerhin lagern in Holzmaden mehr als 400 Fossilien. Wissenschaftler aus der ganzen Welt blicken durch das Holzmadener Schaufenster in die Urwelt, auf der Suche nach den Geheimnissen des Lebens. Mit seinen jährlich 40 000 Besuchern, darunter viele Schulklassen, ist das Museum zudem das größte private Naturkundemuseum Deutschlands.