Auf dem Holzplatz am Heimberg in Stuttgart Feuerbach lernen junge Leute die nachhaltige Forstwirtschaft kennen und erhalten eine kalte Dusche für ihren Idealismus

Feuerbach - Ulrich Hübsch ist gerne im Wald. Und er schwört auf Holz als Heizmaterial. Fürs Büro und fürs denkmalgeschützte Zuhause: „Das ist ein nachwachsender Rohstoff. So zu heizen, mit dem technisch besten Ofen aus Österreich, das ist für mich ein Stück Nachhaltigkeit.“ Mit seinen Mitstreitern Andreas Köhler, Joachim Mayer und Rotraud Schardin holt er die „heimische Biomasse“ selbst aus dem Wald. Und wenn sie die von der Stadt erworbenen Lose herausziehen, stellt er auch gerne mal den Rückeschlepper ab und legt Motorsäge und Axt auf die Seite: „Es gibt immer ein paar Leute, die wissen wollen, was wir da machen“, erzählt Hübsch. „Das freut mich, und man kommt leicht ins Gespräch.“

 

Gerne würde Hübsch dafür aber auch mehr als nur die zufälligen „paar Leute“ erreichen. Also hat er am Wochenende ein „Ausprobiererle“ gestartet – und war schon bei der Begrüßung begeistert über die Resonanz der Aktion auf dem Holzplatz am Heimberg: „Ich freue mich, dass so viele junge Leute gekommen sind; damit hatte ich nicht gerechnet. Mir ist es ja auch ein Anliegen, der Entfremdung von der Natur entgegen zu steuern.“

Hübsch hatte dafür die perfekten Partner gefunden: den Jugendbeirat der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes. Deshalb musste im Vorfeld die Teilnahme auf 20 junge Leute begrenzt werden. Und mehr als nur eine Zugabe war die Teilnahme von Christian Knecht, dem neuen Förster des Reviers Fasanengarten.

Teilnehmer hatten viele Fragen

Denn Knecht führte die Gruppe direkt hinein in den Wald. Und das war so spannend und informativ, das sich die „20 Minuten Einführung“ schnell auf ein Stündchen auswuchsen – auch der vielen Fragen wegen. Wobei er dem Idealismus der jungen Leute gleich eine kurze kalte Dusche bescherte: „Der Wald ist wie ein Acker, auf dem man was ernten kann. Das ist für mich kein Fehler, das gehört dazu.“ Städter würden im Wald fast ausschließlich die Erholungsfunktion sehen: „Die Bäume aber binden CO2. Sie dann als Bau- und Heizmaterial zu nutzen, das ist ein Beitrag zum Klimaschutz.“

Wie von alleine ergaben sich all die anderen Aspekte. Etwa die Schutzfunktion des Waldes, „für Boden, Natur, Luft und Emissionen“. Der Waldring um den Stuttgarter Talkessel sei entscheidend, „dass über Nacht einmal die Luft ausgetauscht wird“. Nebst der Filterfunktion für Abgase und Feinstaub. Das sei die Grundlage für eine „naturnahe, nachhaltige Bewirtschaftung“. Erst wenn Bäume – Eichen wie Buchen – an die 150 Jahre im Stamm haben, werden sie als Stammholz gefällt. Die Kronen ergeben Brennholz. Wie zuvor jene Bäume, die der Auslichtung wegen fallen müssen.

Nachhaltiges Jagen ist notwendig

Ganz entscheidend ist nach den Worten des Försters: „Wir betreiben Naturverjüngung mit von allein nachwachsenden Bäumchen.“ Wobei Knecht an einem weiteren waldromantischen Tabu rührte: „Dafür ist es nötig, dem Verbiss durch Schalenwild mit Hilfe von nachhaltigem Jagen entgegenzuwirken.“

Der Theorie folgte die Praxis auf dem Holzplatz: sägen, spalten, stapeln. Handarbeit, die für die Generation Smartphone eine spezielle Erfahrung war: Man kommt ins Schwitzen und sieht, dass eben nichts von allein geht“, stellte Vivienne aus Tuttlingen fest. Die Aktion fand die junge Frau „sehr informativ“. Der Förster habe sie zunächst „ein bisschen geschockt mit dem wirtschaftlichen Draufgucken“: „Er kennt aber alle Faktoren des Waldes. Da habe ich begriffen, wie komplex das ist. Man muss eben alle Aspekte im Blick haben. Wichtig ist wohl, die richtige Balance zu finden.“

Und wie fand Ulrich Hübsch die Aktion? „Das hat sich rentiert. Die jungen Leute waren so interessiert und haben gute Fragen gestellt. Und auf dem Holzplatz haben auch die Mädle mit angepackt. Ich glaube, wir können das noch öfter machen.“