Barbara Löffler hat mit Immprove ein kleines Ein-Frau-Unternehmen gegründet. Wie bei vielen Selbstständigen kommt für sie die Work-Life-Balance vor der steilen Karriere – auch wenn sich die Politik Gründungen anderer Dimension wünscht.

Reportage: Akiko Lachenmann (alm)

Filderstadt - Ihr Blick schweift durch den Raum. Das Wohnzimmer ist ziemlich verwinkelt, in der Küche haben die Handwerker alte Filzteppiche liegen gelassen, das Bad hat die Atmosphäre eines Klinikraums, die Fenster gehen zur Straße. Bei ihrem Gang durch die Seniorenwohnung in Filderstadt-Bonlanden kommt Barbara Löffler rasch zu einer Diagnose, die Aufschluss gibt, woran die Immobilie krankt. Seit Monaten kriegt der Makler sie nicht los. Deshalb wandte er sich an ihre Firma Immprove. „Ich rücke Immobilien ins rechte Licht“, erklärt die Einrichtungsexpertin ihr Konzept. Immprove ist eine Art Schönheitssalon für schwer vermittelbare Immobilen.

 

Barbara Löffler, Jahrgang 1964, gehört zu den vielen Frauen in Deutschland, die sich nach der Familienpause dachten: „Das kann doch nicht alles im Leben gewesen sein.“ Nachdem die gelernte Hotelfachfrau drei Kinder großgezogen und viele Jahre als Angestellte gearbeitet hatte, wollte sie endlich einmal etwas für sich tun. Um herauszufinden, was sie erfüllen könnte, nahm sie ein Sabbatical, eine berufliche Auszeit von einem ganzen Jahr. Als sie in dieser Zeit im Fernsehen einen Bericht über „Home Staging“ sah, eine in den USA verbreitete Verkaufstechnik, bei der mit professioneller Raum- und Lichtgestaltung Immobilien rascher und zu einem höheren Preis verkauft werden, hatte sie das neue Ziel vor Augen „Zimmer aufzuhübschen ist eine alte Leidenschaft von mir“, sagt sie. „Ich habe schon als Kind zu Hause dauernd die Möbel verrückt.“

Das finanzielle Risiko ist überschaubar

Wenn die Gründerin über ihre Firma spricht, schwingt immer Bescheidenheit mit. Das Risiko sei ja nicht groß, sie sei schließlich finanziell über ihren Mann abgesichert. Ihr Umsatz sei noch gering – zu gering, um jemanden einzustellen. Sie arbeite auch nicht unentwegt, denn sie habe ja noch den Haushalt zu führen und die Familie zu versorgen. Dabei hat sich Barbara Löffler in Kursen der „Deutschen Gesellschaft für Home Staging und Redesign“ einiges an Fachwissen angeeignet und ihre Firmengründung generalstabsmäßig geplant, mit Beratungsgesprächen und dem Besuch diverser Existenzgründerseminare.

Dass sie kein Aufhebens um ihre Gründung macht, dürfte auch daher rühren, dass Unternehmen dieser Art und Größe in der öffentlichen Meinung eher wenig Anerkennung genießen, vielleicht weil sie aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht dem Ideal entsprechen. „Ich spüre manchmal, wie andere belächeln, was ich tue“, sagt Barbara Löffler. „So nach dem Motto: ,Ist ja nur so ein Frauending‘.“

Die meisten Frauen in Deutschland gründen immer noch klein

Wenngleich die Medien gerne Chefinnen größerer Betriebe prominent ins Licht rücken, entspricht eine Gründerin wie Barbara Löffler eher der Realität. Laut Statistischem Bundesamt gründen die meisten Frauen in Deutschland immer noch klein. In Baden-Württemberg haben im Jahr 2012 mehr als 58 Prozent der Frauen im Nebenerwerb gegründet – bei den Männern waren es nur 37 Prozent. Frauen gründen außerdem häufiger im Bereich der persönlichen Dienstleistungen, der weniger kapitalintensiv ist und flexible Arbeitszeiten erlaubt. Dazu gehören der Gesundheits- und Bildungsbereich ebenso wie Reparatur- und Reinigungsdienste.

Auch Barbara Löffler hat keinen großen Kredit aufgenommen. „25 000 Euro genügten“, sagt sie. Trotzdem hatte sie einige unruhige Nächte, nachdem sie, für ihr Empfinden, viel Geld in neue Möbel, Prospekte und ihren Webauftritt gesteckt hatte. „Home Staging ist in Deutschland noch eine Nische und im Vergleich zu anderen Branchen noch kein Feld für Marktanalysen“, sagt sie. „Ich hatte keine Ahnung, ob die Makler in Süddeutschland auf mein Angebot eingehen würden.“

Wieso Gründungen von Frauen länger leben

In den ersten Monaten erlebte Löffler Durststrecken, in denen sie viel Zeit damit verbrachte, sich bei Maklern und Wohnungseigentümern telefonisch vorzustellen. Mittlerweile ist sie mit durchschnittlich zwei Großaufträgen pro Monat ausgelastet. Sie besitzt ein eigenes Möbellager und arbeitet sowohl mit einem Spediteur als auch mit einem Möbelverleih zusammen, der ihr Sortiment ergänzt.

Zwar wird in Studien immer wieder betont, dass von Frauen gegründete Firmen aufgrund ihrer größeren Vorsicht länger überleben und stabiler seien als die der männlichen Kollegen. Auf der anderen Seite wünscht sich die Politik aber für den Standort Deutschland „mehr innovative und kapitalintensive Gründungen mit Wachstums- und Beschäftigungspotenzial“, wie es in den Strategiepapieren der Bundesregierung immer wieder heißt.

Forscher untersuchen, warum Frauen gründen wie sie gründen

Weil in der weiblichen Bevölkerung noch einiges an brachliegendem Potenzial vermutet wird, fördert die Politik Einrichtungen wie die Gründerinnenzentrale in Berlin oder die im Jahr 2009 ins Leben gerufene Bundesweite Gründerinnen Agentur mit Sitz in Stuttgart. Ihr Auftrag lautet, „das volkswirtschaftliche Potenzial der Frauen für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu erschließen“. Darüber hinaus befassen sich Wirtschaftsforscher intensiv mit der Frage, warum Frauen so gründen, wie sie gründen. Das Institut für Mittelstandsforschung versucht beispielsweise derzeit herauszufinden, welchen Einfluss die Erwerbsbiografie auf das Gründungsverhalten von Frauen hat. Das Bundeswirtschaftsministerium ließ jüngst untersuchen, warum gerade in den „frauenuntypischen Branchen“ individuelle Unterstützung, Vorbilder und Erfahrungsaustausch so wichtig für den Erfolg seien. „Man kann den Eindruck gewinnen, als wollte die Politik den Frauen einen anderen Weg vorschreiben“, sagt Rosemarie Kay, die stellvertretende Geschäftsführerin vom Institut für Mittelstandsforschung.

Barbara Löffler will nicht ins Bild der Karrierefrau passen

Barbara Löffler lässt sich vom Wunschdenken der Politik nicht verunsichern. „Das Gute an der Familienpause ist, dass ich jetzt, nach all den Jahren, genau weiß, was ich will“, sagt sie und nennt das Zauberwort der modernen Arbeitswelt: Work-Life-Balance. Das heißt für sie, jederzeit mit der Tochter in die Stadt fahren zu können, um Schuhe zu kaufen und anschließend noch einen Sekt zu trinken oder sich die Zeit zu nehmen, auch mal aufwendiger für die Familie zu kochen. „Das sind Dinge, die mir einfach wichtig sind, auch wenn sie nicht ins Bild der Karrierefrau passen“, sagt Barbara Löffler.

Vier Wochen später erstrahlt die Seniorenwohnung in Filderstadt-Bonlanden in neuem Glanz. Barbara Löffler hat sich entsprechend der Zielgruppe und der Jahreszeit für helle, zeitlose Möbel entschieden, nicht zu designerhaft, aber auch nicht Eiche rustikal. Im Wohnzimmer lädt ein weißes Sofa mit üppigen Kissen zum Verweilen ein. In der Küche steht ein Holztisch mit einem weißen Krug und Spargelimitaten. Jedes Detail ist durchdacht, nichts dem Zufall überlassen. „Manchmal wollen die Kunden die Wohnung mitsamt der Einrichtung kaufen“, erzählt Barbara Löffler. Das lehne sie jedoch in der Regel ab, schließlich sei das Firmen-Knowhow, sagt sie. Da ist sie knallharte Geschäftsfrau.