Homeoffice hat Vorteile: Besprechungen laufen effizienter ab, Arbeit und Familie lassen sich oft leichter vereinbaren. Die Elektronik ersetzt aber nicht den persönlichen Austausch im klassischen Büro.

Vaihingen - Wie andere Firmen auch, trägt der Vaihinger Firma Drees & Sommer der Corona-Pandemie Rechnung. Die Mitarbeiter des Unternehmens, das Bauwerke plant und betreibt, aber auch in allen Bauangelegenheiten berät, sind noch immer verstärkt im Homeoffice. Sie sitzen nicht mehr im Büro, sondern daheim am Laptop und sie sehen sich in Video-Konferenzen. Nun hat das Unternehmen eine Umfrage unter 1500 der rund 4000 Mitarbeiter gemacht, wie sich Homeoffice bei ihnen bewährt hat. Einig sind sich die Befragten darüber, dass die Arbeit von daheim oder unterwegs aus möglich ist, dass aber der persönliche Kontakt unter Kollegen, mit Geschäftspartnern und Kunden nicht vernachlässigt werden kann. Das Büro ist also nicht überflüssig.

 

Der Papa ist daheim, aber er redet mit anderen Leuten

„Wir im Event-Bereich waren nie die klassischen Nine-to-Five-Zeitabsitzer, aber so viel zuhause gearbeitet haben wir noch nie“, sagt Julian Teuffel, der Leiter der Event-Abteilung. Seine Tochter sei gerade ein Jahr alt geworden: „Die sieht jetzt, dass der Papa zwar da ist, man ihn aber nicht ansprechen kann, weil fremde Menschen mit ihm in diesem Laptop kommunizieren. Das ist eine neue Herausforderung.“ Der Arbeitsablauf im Homeoffice sei „wahnsinnig durchgetaktet“, ein Termin folge auf den anderen: „Ich habe das Gefühl, dass in der Arbeitswelt das Tempo zugenommen hat. Das ganze Drumherum, das ich als kommunikativer Mensch brauche, Small Talk und nonverbale Kommunikation, ist weggebrochen.“ Man sehe nicht mehr, wie beim anderen ankomme, was man präsentiere. Außerdem vermische sich Privates mit dem Geschäftlichen: „Ich merke, dass ich keine Mittagspause mehr habe, weil ich esse, während ich am Computer sitze. Im Büro bin ich mit Kollegen Essen gegangen und habe mich mit ihnen ausgetauscht.“

Egal, ob der Projektpartner in Vaihingen oder Schanghai ist

André Friedel erstellt am Computer digitale Zwillinge von Gebäuden, noch bevor auf der Baustelle ein einziger Stein verarbeitet wird. Man sieht dabei sofort, ob und wo es Widersprüche, auch in den Abläufen, gibt. „Virtuelles Arbeiten von daheim war bei uns schon vor Corona Standard“, sagt der Experte für digitale Planung bei Drees & Sommer. „Wenn ich mir aussuchen kann, von wo aus ich arbeite, wenn ich mein Privatleben mit meinem Berufsleben besser kombinieren kann, dann bin ich flexibler, aber auch mein Arbeitgeber, weil der etwas anderes mit seinen Räumen machen kann“, sagt er. Durch die Digitalisierung und die Visualisierung könne man Teams ausschließlich nach den Projekterfordernissen zusammenstellen, egal, ob die Mitarbeiter gerade in Stuttgart, Hamburg, Berlin oder Schanghai seien. Dabei spiele der persönliche Kontakt keine Rolle. Wichtig sei dieser aber mit Kunden: „Architektur ist Ästhetik. Ich will sehen, wie sie bei ihnen ankommt und ihre Augen leuchten sehen.“

Gesa Rohwedder, die Leiterin der Abteilung Hospitality Europe, sagt: „Vor Corona haben mein Team und ich Homeoffice kritisch bewertet. Ich habe so ungern gearbeitet, weil ich mich leicht ablenken ließ und nicht den richtigen Rhythmus fand.“ Auch manche der Mitarbeiter können nicht gut mit dem freien Arbeiten umgehen: „Corona hat uns aber gezwungen, uns zu disziplinieren.“ Mittlerweile habe sich Homeoffice als „gutes Modell, hybrid zu arbeiten“, erwiesen. Dennoch sei es wünschenswert, immer wieder zusammenzukommen, „damit man sich spürt und in die Augen schaut“.

Die Arbeit daheim ermöglicht die Pflege der Schwiegermutter

„Homeoffice ist für mich geschäftlich und privat sehr angenehm“, sagt Janine Zimmermann, die Leiterin der Firmenlogistik. Bei der Arbeit habe sie viel umsetzen können und Besprechungen seien effizienter abgelaufen. „Ich bin aber oft bei Kunden und demonstriere ihnen am Whiteboard, wo das Projekt hingeht, das war lange nicht möglich, und mit virtuellen Treffen ist dies nicht ersetzbar“, sagt sie. Auf privater Ebene sei das Arbeiten von zu Hause aus ein Gewinn. Ihre Schwiegermutter sei dement. Deshalb seien ihr Mann und sie vor dem Lockdown zu den Schwiegereltern gefahren und arbeiteten seither dort im Homeoffice. So könnten sie den Schwiegervater entlasten. „Ich bin meinem Arbeitgeber dankbar, dass er mir das ermöglicht hat“, sagt sie.