Die musikalische Darbietung ist hervorragend, das visuelle Beiprogramm weniger. Foto: Stefanie Schlecht
Eine Konzert-Hommage in der Stadthalle Sindelfingen würdigt den Filmkomponisten Hans Zimmer. Die Musik ist großes Kino, die teils billige Bilduntermalung dazu eher weniger.
Eddie Langner
08.05.2025 - 12:24 Uhr
Der römische Feldherr Maximus wird gleich in eine blutige Schlacht gegen die Germanen ziehen. In seiner Fantasie streicht er jedoch zärtlich mit der Hand über die Ähren auf einem Weizenfeld und wähnt sich ganz nahe bei seiner Frau und seinem kleinen Sohn. Wer den Film „Gladiator“ kennt, hat sofort die Bilder und die dazugehörige heroische Musik im Kopf. Eben diese Bilder und diese Musik sehen und hören jetzt auch die rund 600 Gäste in der gut gefüllten Stadthalle Sindelfingen, die an diesem Mittwochabend ein Konzert mit dem Titel „The Music of Hans Zimmer & Others“ besuchen.
Der Abend ist eine Hommage an den vielfach ausgezeichneten Hollywood-Komponisten aus Deutschland, der die Soundtracks zu „Der König der Löwen“, „Dune“, „Interstellar“, „Pearl Harbor“, „Fluch der Karibik“ und vielen weiteren Kino- und TV-Produktionen geschrieben hat. Zum Teil hatte Hans Zimmer auch Musik für Filme beigesteuert, die man eigentlich mit anderen Komponisten verbindet – zum Beispiel für den Bond-Film „No Time to die“, „Top Gun: Maverick“ oder „The Amazing Spider-Man 2“.
Dabei kann der 67-Jährige wohl nicht einmal Noten lesen und habe nur für eine Woche Klavierunterricht gehabt. So berichtet es der britische Schauspieler Jonathan Linsley, der an diesem Abend humorvoll und anekdotenreich auf Englisch durchs Programm führt. Kurioserweise trägt er dabei die ganze Zeit über ein Piratenkostüm. Der Grund dafür ist ein gemeinsames Filmprojekt, das ihn mit Hans Zimmer verbindet: Beide haben in der „Fluch der Karibik“-Filmreihe mitgewirkt. Linsley spielte im zweiten und dritten der fünf Filme den Oberkanonier an Bord der Flying Dutchman. Dabei, so der Brite, habe er sich mit „Haans Simmer“ angefreundet.
Jonathan Linsley (rechts) führt im Piratenkostüm durch das Programm. Foto: Stefanie Schlecht
Das Konzert beginnt dann auch mit dem monumentalen Hauptthema aus der Piratensaga. Dabei wird eines schnell deutlich: Während das ukrainische Chernivtsi Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Josyp Sozansky wahrhaft großes Kino für die Ohren auf die Bühne bringt, sorgt die dazugehörige Bilduntermalung eher für leichte Augenirritationen. Wie bei solchen Konzertformaten üblich, laufen nämlich auch hier Ausschnitte aus dem Film auf einer Leinwand hinter dem Orchester. Allerdings ist der Clip zu der Suite aus „Fluch der Karibik“ so kurz, dass vier Mal hintereinander die selben Szenen durchlaufen – so als hätte jemand ein Youtube-Video auf Wiederholungsschleife gestellt.
Das stört leider den Gesamteindruck, weil es unnötig und auch eher unangenehm von der gelungenen Darbietung von Orchester, Chor und den Solisten (Linda Rheretyane, Sylwia Ziolkowska und Phindile Dube) ablenkt. Letztere werden als Opern- und Broadway-Stars vorgestellt. Mit ihren starken Stimmen erzeugen sie Gänsehautmomente, und bei dem etwas aus dem Rahmen fallenden Popsong „Video killed the Radio Star“ (Zimmer spielte im Musikvideo dazu Synthesizer) animieren sie zum Mitsingen.
Das optische Störfeuer auf der Leinwand zieht sich nahezu durch das gesamte Konzert. Offenbar fehlt das Geld für viele Lizenzen, weswegen statt der Originalfilmbilder teilweise billig anmutende Computeranimationen über die Leinwand flimmern. Zwar kosten die Tickets hier deutlich weniger als beim Original (die „The Next Level“-Konzerttournee von und mit Hans Zimmer beginnt im Oktober) – mit 80 Euro für einen Sitzplatz der besten Kategorie ist der Abend aber auch nicht gerade ein Schnäppchen.
Im Hintergrund flimmern Filmsequenzen über die Leinwand. Foto: Stefanie Schlecht
Im Kontrast dazu stehen die Musikstücke, bei denen die Produktion sich die Bildrechte offenbar vollumfänglich leisten konnte, darunter die eingangs beschriebenen Szenen aus „Gladiator“, „James Bond“ oder aus „Top Gun“. In diesen Fällen ergibt das Zusammenspiel aus Musik und Filmszenen ein immersives Gesamterlebnis, das beim Publikum offenbar für maximale Glückshormonausschüttung sorgt: Am Ende des Konzerts erhebt sich der ganze Saal, um den Bühnenakteuren kräftig Beifall zu spenden.
Hans Zimmer
Herkunft Hans Zimmer ist 1957 in Frankfurt/Main geboren und im Taunus aufgewachsen. Er brachte sich das Klavierspielen selbst bei, flog in seiner Jugendzeit wegen Disziplinverstößen von acht Schulen und durchlief keine akademische musikalische Ausbildung.
Karriere Ende der 1970er-Jahre machte Hans Zimmer Werbemusik, schaffte es in den 1980er-Jahren aber, sich mit Filmmusik einen Namen zu machen. Zahl und Qualität der Aufträge wuchsen, inzwischen hat er die Musik für über 150 Filme komponiert.